1 Normzweck

 

Rz. 1

§ 851b Abs. 2: IdF d. Art. 1 Nr. 15 Buchst. a G v. 29.7.2009 I 2258 mWv 1.1.2013

§ 851b Abs. 3 u. 4: Eingef. durch Art. 1 Nr. 15 Buchst. b G v. 29.7.2009 I 2258 mWv 1.1.2013

Die Norm sieht einen speziellen Pfändungsschutz für Miet- und Pachtzinsen vor, soweit diese Einkünfte für den Schuldner zur laufenden Unterhaltung des Grundstücks, zur Vornahme notwendiger Instandsetzungsarbeiten und zur Befriedigung bestimmter bevorrechtigter Ansprüche unentbehrlich sind (BGH, Vollstreckung effektiv 2005, 78 = NJW 2005, 681 = NZM 2005, 192 = DWW 2005, 77 = Rpfleger 2005, 206 = JurBüro 2005, 210 = Rbeistand 2005, 26). Zweck ist es, den Vollstreckungszugriff des Gläubigers auf den dem Schuldner selbst gebührenden wirtschaftlichen Ertrag aus der Vermietung des Grundstücks zu beschränken (OLG Köln, OLGZ 1992, 81). Geschützt wird damit die wirtschaftliche Grundlage, auf der der Schuldner als Vermieter oder Verpächter Einkünfte erzielt, indem die Unterhaltung und Instandhaltung des Grundstücks gesichert wird (Stöber, Rn. 247 m. w. N.; a. A. OLG München, MDR 1957, 10).

2 Anwendungsbereich

 

Rz. 2

Nach bisheriger Rechtsprechung des BGH (BGH, Vollstreckung effektiv 2005, 78 = NJW 2005, 681 = NZM 2005, 192 = DWW 2005, 77 = Rpfleger 2005, 206 4 = MDR 2005, 650) waren Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung außerhalb des von der Regelung umfassten Bereichs grds. uneingeschränkt pfändbar. Diese Rechtsprechung hat der BGH (BGH, DB 2014, 1737 = WM 2014, 1485 = ZIP 2014, 1542 = ZInsO 2014, 1609; Ahrens, ZInsO 2010, 2357, 2359) ausdrücklich aufgegeben. Grund dafür war, dass § 850i ZPO durch das Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 7.7.2009 mit Wirkung ab 1.7.2010 geändert worden ist (BGBl. I 2009, S. 1707). Danach hat der Gesetzgeber den Pfändungsschutz auf "sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind", erweitert. Daher fallen Miet- und Pachteinnahmen nunmehr unter den Pfändungsschutz nach § 850i Abs. 1 ZPO. § 851b ZPO bestimmt daneben einen ergänzenden, in eine andere Richtung zielenden Schutz (BGH NZI 2018, 326 = ZIP 2018, 737 = NJW-RR 2018, 625 = Rpfleger 2018, 482 = NZM 2018, 867 = NJW-Spezial 2018, 311 = FoVo 2018, 114 = Vollstreckung effektiv 2018, 112). Der Schuldner kann sich daher sowohl darauf berufen, dass die Einkünfte für das Grundstück unentbehrlich sind, als auch darauf, dass ihm nach § 850i ZPO so viel verbleiben muss, wie ihm bei der Pfändung fortlaufender Einkünfte aus Arbeitseinkommen verbliebe.

 

Rz. 2a

Den Schutz der Norm kann auch ein Schuldner in Anspruch nehmen, der – als Miteigentümer des vermieteten Grundstücks – selbst die Teilungsversteigerung des Grundbesitzes betreibt (OLG Köln, OLGZ 1992, 81). Nicht vom Schutzzweck der Norm erfasst werden Forderungen des Hauptmieters gg. den Untermieter sowie Barmittel und Guthaben aus solchen Forderungen (MünchKomm/ZPO-Smid, § 851b Rn. 15). Die Regelung gilt auch in der Verwaltungsvollstreckung (VG Frankfurt/Oder, 16.1.2009, 5 L 201/08 – Juris).

3 Voraussetzungen

3.1 Unentbehrlichkeit von Miet-, Pachteinnahmen (Absatz 1)

 

Rz. 3

Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Vorschrift ist, dass dem Schuldner als Eigentümer bzw. Miteigentümer (OLG Köln, OLGZ 1992, 81), Pächter bzw. Nießbraucher von Grundstücken oder Eigentumswohnungen (also nicht beweglichen Gegenständen und Rechten) neben den Miet- und Pachteinnahmen keine anderen Mittel zur Verfügung stehen, um die Unterhaltung, Instandsetzung oder Befriedigung nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 – 4 ZVG vorrangiger dinglicher Gläubiger zu bewirken (KG, NJW 1969, 1860). Der Schutz erstreckt sich auch auf Barmittel und Guthaben, die aus Miet- oder Pachtzahlungen herrühren und zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken unentbehrlich sind (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 7.6.12, L 5 AS 193/12 B ER – Juris). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Schuldner glaubhaft zu machen (Abs. 4 Satz 2), ansonsten ist nicht von einer Unentbehrlichkeit auszugehen. Zur laufenden Unterhaltung des Grundstücks gehören z. B. Kehrichtabfuhr- und Straßenreinigungsgebühren, Wassergeld, Feuerversicherung, Fahrstuhlunterhaltung, Gas- und Elektrizitätskosten, Pförtnerlöhne, Sammelheizung, Treppenbeleuchtung, Anliegerbeiträge (Zöller/Herget, § 851b Rn. 3), ebenso Kosten der Hausverwaltung (Zöller/Herget, § 851b Rn. 3; a. A. AG Schöneberg, JurBüro 2001, 326). Mietzinsen sind nur insoweit von der Pfändung freizustellen, als sie zur Befriedigung von Ansprüchen aus Rechten an dem Grundstück unentbehrlich sind, die bei einer Zwangsvollstreckung in das Grundstück den Ansprüchen des Gläubigers vorgehen würden. Diese Voraussetzungen liegen bei Zahlungen, die auf Grundpfandrechten beruhen, die erst nach der Pfändung der Mieteinnahmen eingetragen wurden, nicht vor (LG Berlin, Rpfleger 1990, 377).

 

Rz. 4

Nicht ausreichend ist es, wenn die vom Schuldner auszugleichende Belastung auf Mieter im Wege der Nebenkostenvorauszahlung umzulegen ist. Denn erhält der Schuldner diese Vorauszahlung tatsächlich, stehen ihm diese anderweitigen Mittel zum Ausgleich zur Verfügung. Dies wird insbesondere für die umlagefähigen Belastungen nach der II. BV wie etwa die Grundsteu...

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