Rz. 3

Die Schätzung ist grds. vom Gerichtsvollzieher bei der Pfändung vorzunehmen und in das Protokoll einzutragen (§§ 762 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, §§ 86, 100 Abs. 3, 102 Abs. 4 GVGA). Hat der Gerichtsvollzieher bei der Pfändung das Pfandstück bereits auf seinen gewöhnlichen Verkaufswert geschätzt, so liegt es allerdings in seinem pflichtgemäßen Ermessen, ein nachträglich vorgelegtes Gutachten eines Sachverständigen für eine Neufestsetzung des Wertes zugrunde zu legen (AG Charlottenburg, DGVZ 1994, 156).

Zur Schätzung darf der Gerichtsvollzieher einen Sachverständigen grds. nur in den Fällen des Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, 4 ZPO hinzuziehen (LG Konstanz DGVZ 1994, 140; AG Augsburg, DGVZ 2013, 21; a. A. Pawlowski ZZP 1990 [1977], 345, 367; siehe auch Paschold DGVZ 1995, 52; vgl. §§ 100, 102 GVGA). Vorzugswürdig ist jedoch die Gegenmeinung, die dem Gerichtsvollzieher stets ein pflichtgemäßes Ermessen einräumt, ob er einen Sachverständigen hinzuzieht oder nicht (Mümmler, DGVZ 1973, 81; Pawlowski, ZZP 1977, 345).

 

Rz. 4

Ausnahmsweise ist es in entsprechender Anwendung nach Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 190 Abs. 3 GVGA geboten, eine Unterstützung des Gerichtsvollziehers durch einen von ihm auf Kosten des Schuldners beauftragten Sachverständigen auch bei einer Herausgabevollstreckung gem. § 883 ZPO zuzulassen, wenn anderenfalls die Vollstreckung unmöglich ist oder unzumutbar erschwert wird. Das gebietet das durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gewährleistete Recht des Gläubigers auf effektiven Rechtsschutz (vgl. BVerfG, NJOZ 2011, 1423, 1425) und sein durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistetes Recht auf Schutz des Eigentums (BGH, Vollstreckung effektiv 2018, 39 = DGVZ 2018, 141).

 

Rz. 5

Ist der Wert des zu pfändenden Gegenstandes (hier Pkw) allerdings aufgrund seiner individuellen Beschaffenheit nicht durch Zuhilfenahme von Listen (z. B. "Schwacke-Liste") zu schätzen, so darf der Gerichtsvollzieher von einer Schätzung Abstand nehmen und die Wertermittlung von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abhängig machen. Der Gerichtsvollzieher darf zur Einholung eines solchen Gutachtens ohne einen entsprechenden Antrag des Gläubigers und einen entsprechenden Beschluss des Gerichts jedoch keinen Vorschuss vom Gläubiger anfordern (AG Sinzig, DGVZ 1995, 62). Ist eine Schätzung bei Pfändung nicht möglich, ist diese unverzüglich (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) nachzuholen und das Ergebnis den Parteien mitzuteilen.

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