Rz. 12

Will der Gerichtsvollzieher eine Sache pfänden, an der ein Dritter Gewahrsam hat, genügt es nicht, dass der Dritte den Pfändungsakt als solchen duldet. Der Dritte muss vielmehr zur Herausgabe bereit sein. Sie ist für jede Pfändung (auch Anschlusspfändung; § 826 ZPO) neu zu erklären. Sie stellt eine Prozesshandlung dar und setzt voraus, dass der Dritte über den Pfändungsakt hinaus mit der Wegnahme der Sache zum Zwecke der Verwertung einverstanden ist. Die Erklärungen des Dritten, dass er zur Herausgabe bereit sei oder der Pfändung zustimme, müssen unbedingt sein, sofern nicht die gestellten Bedingungen von allen Beteiligten angenommen werden; sie müssen auch ergeben, dass er mit der Verwertung der Sache einverstanden ist (vgl. auch Rz. 13 f.). Das hat der Gerichtsvollzieher im Einzelfall festzustellen (BGH, NJW-RR 2004, 352= WM 2003, 2484 = Rpfleger 2004, 170 = DGVZ 2004, 23 = InVo 2004, 199 = DB 2004, 597 = MDR 2004, 414; a. A. LG Saarbrücken DGVZ 1975, 170; AG Flensburg DGVZ 1995, 60).

 

Rz. 12a

Praxistipp: Gläubiger sollten die Problematik unbedingt vor Beauftragung des Gerichtsvollziehers klären, indem sie entweder persönlich oder telefonisch beim Dritten nachfragen, oder dies den Gerichtsvollzieher im Rahmen eines Vollstreckungsauftrags erledigen lassen. Letzteres löst allerdings Kosten nach dem GVKostG aus. Für die anschließende Herausgabevollstreckung muss nicht das amtliche Gerichtsvollzieherformular verwendet werden. Dies ist nur bei einer Vollstreckung wegen Geldforderungen erforderlich (vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 GVFV)

 

Rz. 12b

Nach Durchführung der Pfändung können die Erklärungen nicht mehr widerrufen werden. Auf die Bereitschaft des Dritten zur Herausgabe oder seine Zustimmung kommt es nicht an, wenn er zur Duldung der Zwangsvollstreckung verurteilt ist oder wenn die Zwangsvollstreckung aufgrund des Urteils gegen den Schuldner auch gegen ihn zulässig ist. Insofern ist z. B. bei der Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut bei der Gütergemeinschaft, das von einem Ehegatten allein verwaltet wird, ein Schuldtitel gegen diesen Ehegatten, bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft ein Schuldtitel gegen den überlebenden Ehegatten erforderlich und genügend (§§ 740 Abs. 1, § 745 Abs. 1 ZPO). Verwalten die Ehegatten das Gesamtgut gemeinschaftlich, so ist die Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut nur zulässig, wenn beide Ehegatten zur Leistung verurteilt sind (§ 740 Abs. 2 ZPO). Ist die Gütergemeinschaft erst eingetreten, nachdem ein gegen einen Ehegatten geführter Rechtsstreit rechtshängig geworden ist, und verwaltet dieser Ehegatte das Gesamtgut nicht oder nicht allein, so muss der Schuldtitel gegen diesen Ehegatten auch mit der Vollstreckungsklausel gegen den anderen Ehegatten versehen sein (§ 742 ZPO).

 

Rz. 13

Eine ausdrückliche Herausgabebereitschaft liegt vor, wenn eine freiwillige, vorbehaltlose und uneingeschränkte Erklärung des Einverständnisses mit der Pfändung und Verwertung der Sache zum Zwecke der Befriedigung der Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner besteht (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 998). Insofern bedarf die Pfändung von beweglichen Sachen (Spielautomaten), die sich in den Räumen eines Dritten (Gaststätte) befinden, nach § 809 ZPO der ausdrücklichen Zustimmung des Dritten (AG Wiesloch, DGVZ 2002, 61). Verweigert dieser den Zugang, so kann auch eine Durchsuchungsanordnung nach § 758 ZPO gegen ihn zwecks Pfändung des im Alleingewahrsam des Schuldners stehenden Geldinhalts der Automaten nicht ergehen. Einem Gläubiger bleibt in einem derartigen Fall lediglich die Möglichkeit, das Zugangsrecht des Schuldners zu seinen Automaten aus den Automatenaufstellverträgen zu pfänden und durch den Gerichtsvollzieher ausüben zu lassen. Wenn der Gastwirt auch dann noch den Zugang verweigert, so bleibt dem Gläubiger die Möglichkeit, aus dem gepfändeten Recht auf Zugang zu klagen (OLG Oldenburg, DGVZ 1990, 136; LG Aurich, NJW-RR 1991, 192).

 

Rz. 14

Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass der Gewahrsamsinhaber sein Einverständnis mit der Zwangsvollstreckung auch stillschweigend durch schlüssiges Verhalten zum Ausdruck bringt, etwa dann, wenn er keinerlei eigenes Interesse an der Sache hat bzw. bekundet. Eine widerspruchslose Unterzeichnung des Pfändungsprotokolls kann ohne weiteren Anhaltspunkt jedoch nicht stets als stillschweigende Zustimmung angesehen werden (KG, DGVZ 1964, 7). Auch eine spätere Genehmigung ist möglich.

 

Rz. 15

Die Herausgabebereitschaft kann auf einzelne Gläubiger beschränkt werden, da sonst wegen der Möglichkeit der Pfändung des Herausgabeanspruchs und einer Anschlusspfändung nach § 826 ZPO das Rangverhältnis unklar werden könnte.

 

Rz. 15a

Ist der Dritte zur Herausgabe nicht bereit, bleibt dem Gläubiger nur, den Herausgabeanspruch des Schuldners gegen den Dritten zu pfänden (§ 847 ZPO). Der Anspruch kann nur zur Einziehung, nicht an Zahlung statt überwiesen (§§ 835, 846, 849 ZPO) oder anderweitig verwertet werden (§ 844 ZPO). Durch die Pfändung verwandelt sich mit der Herausgabe an den Gerichtsvollzie...

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