1 Normzweck/Anwendungsbereich

 

Rz. 1

Die Vorschrift gilt für die Vollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen. Unter beweglichem Vermögen versteht man alle beweglichen Sachen, Geldforderungen (§§ 829 ff. ZPO) sowie Ansprüche auf Herausgabe oder Leistung körperlicher Sachen (§§ 846 bis 849 ZPO). Abs. 2 gilt nur für die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen; nicht bei der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (BGH, Rpfleger 2004, 302 u. BGH, BGHZ 151, 384 = MDR 2004, 711 = ZIP 2004, 1380 = NJW-Spezial 2004, 100; BGH, NJW 2002, 3178; vgl. Rn. 5). Geldforderung ist jede Forderung, die auf Leistung einer bestimmten Wertgröße in Geld gerichtet ist.

Geldforderungen im Sinne des Vollstreckungsrechts sind auch die Haftungsansprüche für Geldleistungen, z. B. die Ansprüche im Fall der Verurteilung zur Duldung der Zwangsvollstreckung (vgl. § 67 Abs. 1 GVGA).

2 Pfändungsvoraussetzungen

 

Rz. 2

Eine Pfändung darf nur folgen, wenn die allgemeinen und besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Pfändung wie z. B. Titel, Klausel, Zustellung, Sicherheitsleistung, Ablauf einer Wartefrist etc. gegeben sind.

3 Pfändungswirkungen

 

Rz. 3

Die Pfändung ist die staatliche Beschlagnahme eines Gegenstandes, die dem Zweck dient, den Gläubiger zu befriedigen. Die Pfändung als staatlicher Hoheitsakt des Vollstreckungsorgans führt zum einen zur Verstrickung des Vollstreckungsobjekts und zum anderen zum Entstehen eines Pfändungspfandrechts (§ 804 Abs. 1 ZPO). Die Folge der Verstrickung als staatliche Beschlagnahme ist, dass durch die Verfügungsmacht des privatrechtlich Berechtigten (z. B. Eigentümer) an einem Gegenstand erlischt und der Staat die Verfügungsmacht daran erhält. Bei Pfändung von Sachen beginnt die Verstrickung damit, dass diese vom Gerichtsvollzieher in Besitz genommen werden. Die Verstrickung führt zu einem relativen Verfügungsverbot i. S. d. §§ 136, 135 BGB. Die Verstrickung entsteht, wenn das Vollstreckungsorgan nach den gesetzlichen Vorschriften eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme durchführt. Da die Verstrickung eine Äußerung der staatlichen Hoheitsgewalt ist, sind aber auch fehlerhafte Vollstreckungsakte grds. wirksam, jedoch anfechtbar. Eine Unwirksamkeit der Verstrickung (Nichtigkeit) liegt nach allgemeiner Auffassung daher nur dann vor, wenn ein besonders schwerwiegender und offenkundiger Fehler gegeben ist. Nichtigkeit ist z. B. dann gegeben, wenn die deutsche Gerichtsbarkeit nicht zuständig ist, ein Titel als Grundlage der Zwangsvollstreckung fehlt (BGHZ 112, 356 = NJW 1991, 496 = AnwBl 1992, 42 = MDR 1991, 242), ein funktionell unzuständiges Vollstreckungsorgan tätig wurde, bei der Forderungspfändung die Forderung nicht existiert oder die Pfändung nicht nach außen kenntlich gemacht worden ist.

 

Rz. 4

Abzugrenzen ist die Verstrickung vom Pfändungspfandrecht, der zweiten Wirkung einer Pfändung. Mit der Pfändung tritt die Verstrickung der Sache ein und es entsteht ein Pfändungspfandrecht. Steht die gepfändete Sache nicht im Eigentum des Vollstreckungsschuldners, wird sie nach der herrschenden gemischt privatrechtlich-öffentlich-rechtlichen Theorie zwar wirksam verstrickt, ein Pfändungspfandrecht entsteht aber nicht (zum Theorienstreit zum Wesen des Pfandrechts vgl. Rn. 5. zu § 804). Allerdings reicht die Verstrickung der Sache für ihre Verwertung aus.

4 Verbot der Überpfändung (Abs. 1 Satz 2)

 

Rz. 5

Die Pfändung im Rahmen der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen darf nach Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht weiter ausgedehnt werden, als es zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung erforderlich ist. Die Regelung stellt lediglich eine Ordnungsvorschrift dar, die keinen vermögensschützenden Inhalt besitzt (OLG Stuttgart, Urteil v. 18.4.2017, 10 U 120/16 – Juris m. w. N.). Eine Verletzung hindert somit nicht das Entstehen eines Pfandrechts.

Die Regelung bezweckt vielmehr den Schutz des Schuldners vor dem Verlust eines Vermögensgegenstandes (BGH, BGHZ 151, 384, 387 = WM 2002, 1809 = NJW 2002, 3178) und bewahrt ihn somit vor unnötigen Einschränkungen seiner wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit. Dies gilt für jede Pfändungsart (einschränkend BFH, BFH/NV 2007, 2060: für unbewegliches Vermögen in der nachgebildeten Vorschrift § 281 Abs. 2 AO). Als Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB haftet der Staat dem Schuldner für den Schaden, der durch eine Überpfändung entsteht (RGZ 143, 123). Die Nutzungsfunktion des Eigentums (BGH, Rpfleger 2004, 302) genießt somit Vorrang, wenn die Verwertung des gepfändeten Gegenstands zur Befriedigung der Gläubigerforderung nicht erforderlich ist (BGH, Rpfleger 2004, 302 u. BGH, BGHZ 151, 384 = MDR 2004, 711 = NJW-Spezial 2004, 100; BGH, NJW 2002, 3178; OLG München, ZfIR 2016, 546)

 

Rz. 6

Der Gerichtsvollzieher darf nicht mehr pfänden, als nach seiner Überzeugung zur Deckung der Forderung des Gläubigers notwendig ist. Abzustellen ist auf den voraussichtlichen Versteigerungserlös, nicht auf den Wert (OVG Bremen, BJW 1986, 2131). Ergibt sich nach der Pfändung, dass der schätzungsweise angenommene Versteigerungserlös vora...

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