Rz. 5

Die Pfändung im Rahmen der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen darf nach Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht weiter ausgedehnt werden, als es zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung erforderlich ist. Die Regelung stellt lediglich eine Ordnungsvorschrift dar, die keinen vermögensschützenden Inhalt besitzt (OLG Stuttgart, Urteil v. 18.4.2017, 10 U 120/16 – Juris m. w. N.). Eine Verletzung hindert somit nicht das Entstehen eines Pfandrechts.

Die Regelung bezweckt vielmehr den Schutz des Schuldners vor dem Verlust eines Vermögensgegenstandes (BGH, BGHZ 151, 384, 387 = WM 2002, 1809 = NJW 2002, 3178) und bewahrt ihn somit vor unnötigen Einschränkungen seiner wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit. Dies gilt für jede Pfändungsart (einschränkend BFH, BFH/NV 2007, 2060: für unbewegliches Vermögen in der nachgebildeten Vorschrift § 281 Abs. 2 AO). Als Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB haftet der Staat dem Schuldner für den Schaden, der durch eine Überpfändung entsteht (RGZ 143, 123). Die Nutzungsfunktion des Eigentums (BGH, Rpfleger 2004, 302) genießt somit Vorrang, wenn die Verwertung des gepfändeten Gegenstands zur Befriedigung der Gläubigerforderung nicht erforderlich ist (BGH, Rpfleger 2004, 302 u. BGH, BGHZ 151, 384 = MDR 2004, 711 = NJW-Spezial 2004, 100; BGH, NJW 2002, 3178; OLG München, ZfIR 2016, 546)

 

Rz. 6

Der Gerichtsvollzieher darf nicht mehr pfänden, als nach seiner Überzeugung zur Deckung der Forderung des Gläubigers notwendig ist. Abzustellen ist auf den voraussichtlichen Versteigerungserlös, nicht auf den Wert (OVG Bremen, BJW 1986, 2131). Ergibt sich nach der Pfändung, dass der schätzungsweise angenommene Versteigerungserlös voraussichtlich nicht ausreicht, hat der Gerichtsvollzieher, ohne eine neue Weisung des Gläubigers abzuwarten, anderweitig zu pfänden (sog. Nachpfändung; Zöller/Herget, § 803 Rn. 8). Verletzt der Gerichtsvollzieher schuldhaft diese Pflicht, hat er hierfür einzustehen. Eine Einschränkung besteht, wenn bei Pfändung des einzigen pfändbaren Gegenstands dessen Wert die zu vollstreckende Forderung nebst Kosten weit übersteigt (AG Neubrandenburg, DGVZ 2005, 14).

 

Rz. 7

Das Verbot wird bei der Vollstreckung in Forderungen und Rechte nur in Ausnahmefällen praktische Bedeutung erlangen. Denn das Vollstreckungsgericht kann den Pfandwert bei Pfändung einer Forderung nicht schätzen. Auch dem Gläubiger wird es nur selten möglich sein, sichere Kenntnis über die Höhe und die Einbringlichkeit einer Forderung zu erlangen. Aufgrund dessen wird die Vollpfändung einer Forderung, auch wenn sie höher ist als die Vollstreckungsforderung des Gläubigers, grds. für zulässig erachtet. Aus den gleichen Gründen ist auch die Pfändung mehrerer Forderungen ohne weiteres möglich und zulässig.

 

Rz. 8

Die Beantwortung der Frage, ob eine Überpfändung vorliegt oder nicht, richtet sich nicht nach der materiellen Forderung aus dem Vollstreckungstitel. Vielmehr ist die Forderung maßgeblich, die in dem Vollstreckungstitel ausgewiesenen ist (AG Erfurt, Urteil v. 28.2.2007 – 5 C 1758 / 06 – Juris; BGH, WM 1956, S. 456). Insofern dient die Norm nicht dazu Ansprüche abzuwehren.

 

Rz. 9

Vollstreckt der Gläubiger gegen mehrere (Gesamt-) Schuldner, werden die bei den einzelnen Schuldnern gepfändeten Gegenstände daher nicht zusammengerechnet. Vielmehr ist jeder einzelne Schuldner isoliert zu betrachten. Erst wenn der Gläubiger von einem der Schuldner befriedigt wird, können die anderen nach § 767 ZPO Vollstreckungsabwehrklage erheben.

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