Rz. 4

Abs. 2 bezeichnet die Regelbefugnisse des Gerichtsvollziehers. Diese gestalten sich wie folgt:

  1. eine gütliche Erledigung der Sache (§ 802b ZPO) zu versuchen,
  2. eine Vermögensauskunft des Schuldners (§ 802c ZPO) einzuholen,
  3. Auskünfte Dritter über das Vermögen des Schuldners (§ 802l ZPO) einzuholen,
  4. die Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen zu betreiben,
  5. eine Vorpfändung (§ 845 ZPO) durchzuführen.
 

Rz. 5

Die Norm bezeichnet in Satz 1 Nr. 1 bis 5 bestimmte vollstreckungsrechtliche Standardbefugnisse bei der Geldvollstreckung, die dem Gerichtsvollzieher auf Grund des Vollstreckungsauftrags des Gläubigers zustehen. Die Aufzählung folgt dem regelmäßigen Vollstreckungsablauf. Der Gläubiger ist bei seinem Vollstreckungsauftrag nach § 753 ZPO nicht an eine bestimmte Reihenfolge der in § 802a ZPO aufgeführten Maßnahmen gebunden. Art und Umfang des Vollstreckungszugriffs bestimmt er selbst (AG Wiesloch, DGVZ 2014, 20; AG Leipzig, DGVZ 2013, 245). Er kann seinen Vollstreckungsauftrag auf mehrere oder einzelne Maßnahmen beschränken (AG Heidelberg, FoVo 2016, 72). Alle in § 802a Abs. 2 ZPO enumerativ aufgezählten Maßnahmen sind somit selbstständig und können unabhängig voneinander vom Gläubiger beantragt werden. Wenn er dies tut, kann er zu einem späteren Zeitpunkt zu anderen in § 802a Abs. 2 ZPO vorgesehenen Vollstreckungsmaßnahmen greifen, ohne damit ausgeschlossen zu sein (vgl. AG Schöneberg, Beschluss v. 20.8.2014, 32 M 8069/14, JurBüro 2014, 662; AG Gladbeck, Beschluss v. 12.5.2015, 13 M 51/15, JurBüro 2015, 326; AG Leipzig, Beschluss v. 1.11.2017, 431 M 14896/17, Rn. 79 – Juris). Insbesondere muss der Gläubiger nicht – wie nach der bis zum 31.12.2012 geltenden Rechtslage – zunächst einen Pfändungsversuch durchführen lassen. Vielmehr kann er sich zunächst Informationen über die aktuelle Vermögenssituation des Schuldners verschaffen und anschließend über die Einleitung gezielter Vollstreckungsmaßnahmen entscheiden. Ein sofortiger Pfändungsversuch im Sinne des § 807 Abs. 1 ZPO (= Abnahme der Vermögensauskunft nach Pfändungsversuch) wird dadurch ebenso wenig ausgeschlossen wie ein kombinierter Auftrag auf Sachaufklärung und ggf. eine anschließende Vollstreckung (BT-Drucks. 16/10069 S. 24).

 

Rz. 5a

Gemäß § 753 Abs. 3 Satz 1 ZPO wird das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates verbindliche Formulare für den Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher einzuführen. Seit dem 1.10.2015 ist die "Verordnung über das Formular für den Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher" (Gerichtsvollzieherformular-Verordnung; GVFV; BGBl. I S. 1586) in Kraft getreten. Nach § 1 Satz 1, § 5 GVFV ist für Vollstreckungsaufträge seit dem 1.4.2016 verbindlich das in der Anlage zur Gerichtsvollzieherformular-Verordnung vorgegebene Formular zu nutzen (BGH, Beschluss v. 26.9.2018, VII ZB 56/16, Rn. 10 – Juris), andernfalls ist der Auftrag unzulässig. Das Formular betrifft allein die Geldvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher und nicht dessen sonstige Tätigkeiten, insbesondere nicht die Herausgabe- und Räumungsvollstreckung. Nach § 1 Abs. 2 GVFV gilt der Formularzwang ausdrücklich (auch) nicht für einen Auftrag, der die Zustellung eines Schriftstücks zum Inhalt hat, und für Vollstreckungsaufträge zur Beitreibung von öffentlich-rechtlichen Forderungen (vgl. auch § 753 Rz. 14).

 

Rz. 6

Die Regelung in Nr. 5 HS 2 entspricht dem bisherigen § 845 Abs. 1 Satz 3 ZPO. Die Befugnisse der Nummern 2 und 3 machen – wie bereits die Befugnis zur Aufenthaltsermittlung gemäß § 755 ZPO deutlich, dass die für eine erfolgreiche Durchführung der Zwangsvollstreckung erforderlichen Sachaufklärungsmaßnahmen beim Gerichtsvollzieher gebündelt werden, um einen zügigen Vollstreckungsablauf zu gewährleisten (vgl. im Einzelnen die §§ 802c, 802l ZPO).

Die Vorschrift stellt zudem klar, dass der Gläubiger die begehrten Maßnahmen ausdrücklich im Vollstreckungsauftrag konkret bezeichnen muss. Für die gütliche Erledigung nach § 802b ZPO gilt dies aber nur, wenn sie isoliert beantragt wird. Für eine Aufenthaltsermittlung des Schuldners nach § 755 ZPO hat der BGH (NJW 2017, 2625 = FamRZ 2017, 1708 = Vollstreckung effektiv 2017, 16) klargestellt, dass stets ein Vollstreckungsauftrag, der den Anforderungen des § 802a Abs. 2 ZPO genügen muss, erforderlich ist. IsolierteAufenthaltsermittlungsaufträge sind daher unzulässig.

 

Rz. 7

Der Auftrag und die vollstreckbare Ausfertigung bilden gemeinsam die verfahrensrechtliche Legitimationsgrundlage für die Vollstreckungshandlungen des Gerichtsvollziehers. Eine Ausnahme bildet insoweit der Fall der Vorpfändung nach Nr. 5. Nicht erforderlich sind die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung und die Zustellung des Vollstreckungstitels (vgl. § 845)

 

Rz. 8

Schwierigkeiten für eine Vollstreckung könnten sich jedoch daraus ergeben, dass in § 802c ZPO ein unmittelbarer Antrag auf Einholung der Vermögensauskunft geregelt ist, daneben aber dem Gläubiger durch § 802a...

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