Rz. 20

Durch die Neufassung der Nr. 5 wird der zulässige Inhalt der vollstreckbaren notariellen Urkunde in Bezug auf die Art des Anspruchs erweitert. Die weiteren Erfordernisse werden durch die Neuregelung nicht berührt. Das gilt insbesondere für die Bestimmtheit und der Unterwerfung. Pauschale Unterwerfungserklärungen sollen dadurch verhindert werden, dass die Unterwerfungserklärung in der notariellen Urkunde den betroffenen Anspruch zu bezeichnen hat. Die Bestimmung ist in ihrer bisherigen Fassung anzuwenden, wenn die Urkunde vor dem In-Kraft-Treten errichtet wurde (Art. 3 Abs. 4 der 2. Zwangsvollstreckungsnovelle).

 

Rz. 21

Mit der Neuregelung betreffend vollstreckbarer notarieller Urkunden fällt die bisherige Beschränkung auf Geldforderungen und andere vertretbare Sachen oder Wertpapiere einschließlich der Ansprüche aus einer Hypothek oder Grundschuld weg. Nunmehr können alle Ansprüche in die vollstreckbare Urkunde aufgenommen werden, die einer vergleichsweisen Regelung zugänglichen sind. Das deckt sich mit der Schiedsfähigkeit nach § 1030 ZPO. Die Parteien, Gläubiger und Schuldner müssen persönlich und sachlich verfügungsbefugt sein. Der Anspruch muss der Verfügungs- und Dispositionsbefugnis der Parteien unterliegen. Dem können entgegenstehen die Bestimmungen der §§ 134, 138 BGB oder auch die Art des Anspruchs.

 

Rz. 22

Ausgenommen bleiben:

  • Ansprüche auf Abgabe einer Willenserklärung (§ 894 ZPO) und
  • Ansprüche, die den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betreffen, also z. B. Räumungs- und Herausgabeansprüche (LG Osnabrück, Beschluss v. 23.7.2021, 2 T 275/21, juris; OLG Oldenburg, Urteil v. 20.7.2014, 12 U 46/14, juris; vgl. ausführlich: Schultes, DGVZ 1998, 178; Zöller/Geimer, § 794 Rn. 26; Schuschke/Walker, § 794 Rn. 39), aber auch Ansprüche auf Fortsetzung des Mietverhältnisses (insoweit ist die Regelung § 1030 Abs. 2 ZPO nachgebildet).
 

Rz. 23

Zulässig sind – nach wie vor – Mietansprüche. Deshalb wird es möglich, dass sich Käufer einer Immobilie in vollstreckbaren notariellen Urkunden zur Zahlung des Kaufpreises und umgekehrt der Bauträger (Verkäufer) zur fristgerechten Räumung und Herausgabe von Grundstücken oder Wohnungen verpflichtet. Da nur Ansprüche über den Bestand des Mietverhältnisses über Wohnraum ausgenommen sind, kann eine notarielle Urkunde über Räumungsverpflichtungen von Geschäftsräumen erstellt werden. Ein Zwangsräumungsauftrag aus einer notariellen Unterwerfungsurkunde ist zulässig, wenn die Erklärung der Unterwerfung nach Beendigung des Mietverhältnisses erfolgt ist (LG Berlin, DGVZ 2020, 227), der Bestand des Mietverhältnisses nicht berührt ist. Vereinbaren die Parteien eines gescheiterten Grundstückskaufvertrags notariell die Vertragsaufhebung, ein befristetes Nutzungsrecht des Käufers gegen Zahlung eines Nutzungsentgelts und dessen Zwangsvollstreckungsunterwerfung bezüglich der Räumungspflicht, ist § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht anwendbar und die zwangsweise Räumung gegen den Käufer zulässig. Die Regelung der vorübergehenden Raumüberlassung ist nicht auf Begründung eines Mietverhältnisses gerichtet, sondern dient lediglich der Rückabwicklung des Kaufvertrags (AG Dillenburg, DGVZ 2020, 74).

 

Rz. 24

Der niedergelegte Anspruch muss bestimmt, nicht nur bestimmbar sein. Das ist dann der Fall, wenn er entweder im Titel betragsmäßig festgelegt ist oder wenn er sich aus dem Titel selbst ohne weiteres errechnen lässt (BGH, NJW 1983, 2262; zur Bestimmtheit siehe auch BGH, NJW 1996, 2165 = MDR 1996, 1065; KG, OLGZ 1983, 213 = DNotZ 1983, 681; LG Bückeburg, Beschluss v. 10.12.2020, 4 T 46/20, juris). Ein Zahlungsanspruch aus einer vollstreckbaren Urkunde ist dann bestimmt, wenn die Berechnung mit Hilfe offenkundiger, insbesondere aus dem Grundbuch ersichtlicher Daten möglich ist (BGH, NJW-RR 2010, 1365 = MDR 2010, 656; NJW 1995, 1162). Das gilt auch für den Zinsanspruch (BGH, NJW-RR 2000, 1358). Dies ist nur dann der Fall, wenn sich ein Zinsanspruch jedenfalls ohne Weiteres aus den Angaben in der Urkunde und offenkundigen Daten berechnen lässt. Fehlt bei einer Zinsforderung die Angabe zum Zinsbeginn, fehlt es an der erforderlichen Bestimmtheit. Eine Zwangsvollstreckung wegen der Zinsforderung ist aus einer solchen Urkunde nicht möglich (OLG Frankfurt, Beschluss v. 18.8.2020, 20 W 197/20, juris). Eine Klarstellung der Unterwerfungserklärung hinsichtlich des Zinsbeginns muss gegenüber dem Grundbuchamt in der von § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO vorgeschriebenen Form (öffentliche Urkunde) erfolgen, die Form des § 29 GBO (mindestens öffentliche Beglaubigung) genügt hingegen nicht (OLG Frankfurt, a. a. O.). Das gilt auch dann, wenn der Vollstreckungsbetrag in der notariellen Urkunde mit den in Bezug genommenen Anlagen bestimmt bezeichnet sind (BGH, Rpfleger 2005, 612 zur Ausweisung von Grundschuldbeträge in der Anlage der notariellen Urkunde). Eine Forderung in ausländischer Währung ist bestimmt.

 

Rz. 25

Der Vollstreckungstitel, der eine Wertsicherungsklausel enthält, die an den Lebenshaltungsindex eines Bundesl...

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