Rz. 11

Behandelt sind die Fälle, in denen der Schuldner den Gläubiger nach Verkündung des Urteils (LG Koblenz, DGVZ 1982, 46) wegen der Hauptsache, der Nebenforderungen sowie der Kosten befriedigt oder der Gläubiger dem Schuldner die Stundung bewilligt hat. In den Fällen von § 307 Abs. 2, § 331 Abs. 3 ZPO tritt an die Stelle der Verkündung die Zustellung des Urteils (§ 310 Abs. 3 ZPO). Die Vorschrift betrifft nur Befriedigung und Stundung (auch teilweise) und keine anderen sachlich-rechtlichen Einwendungen gegen den titulierten Anspruch wie z. B. Rücktritt, selbst wenn sich dieser aus einer öffentlichen Urkunde ergibt (Zöller/Geimer, ZPO, § 775 Rn. 7).

 

Rz. 12

Es genügt jede Art von Erfüllung. Sie kann erfolgen durch Zahlung, Erlass, Aufrechnung, Zahlung auf ein Sperrkonto; auch durch Pfändung und Überweisung der Forderung des Gläubigers an den Schuldner für diesen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 775 Rn. 13). Die Überweisung zur Einziehung und die schlichte Pfändung sind keine Erfüllung. Der Gerichtsvollzieher prüft in diesen Fällen die Echtheit der vorgelegten Privaturkunde. Hat er Zweifel, die er auch nicht durch eine Rückfrage beim Gläubiger beseitigen kann, dann setzt er die begonnene Zwangsvollstreckung fort oder unterbricht sie zur Aufklärung für ganz kurze Dauer. Die Vorlage einer unbeglaubigten Fotokopie eines Zahlungsbeleges genügt nicht (AG Berlin-Wedding, DGVZ 1976, 93). Die vorgelegte Urkunde muss für sich allein ergeben, dass der Gläubiger voll befriedigt ist, auch wegen Nebenforderungen und Kosten (OLG Düsseldorf, Rpfleger 1977, 417). Es können nur solche Urkunden eine Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung rechtfertigen, aus denen sich nach ihrem eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut unzweifelhaft und ohne Prüfung der materiellen Rechtslage ergibt, dass eine weitere Zwangsvollstreckung unzulässig ist oder nur unter bestimmten, durch Vorlage weiterer Urkunden zu belegender Voraussetzungen fortgesetzt werden darf (LG Itzehoe, Beschluss v. 30.4.2018, juris). Die Vorlage einer Quittung eines Dritten, an den der Schuldner an Stelle des Gläubigers geleistet hat, reicht nur dann aus, wenn an diesen Dritten kraft Gesetzes zu zahlen war, wie etwa bei "Bruttolohntiteln" die Zahlung von Teilbeträgen an das Finanzamt und/oder den Sozialversicherungsträger (LG Stuttgart, DGVZ 2009, 187). Bei teilweiser Befriedigung des Gläubigers ist die Zwangsvollstreckung entsprechend zu beschränken und wegen des Restes fortzusetzen (Zöller/Geimer, ZPO, § 775 Rn. 7; LG Karlsruhe, DGVZ 1983, 188). Die Aufhebung eines gem. § 802g ZPO erlassenen Haftbefehls kommt nicht bereits bei der Erbringung von Teilleistungen, sondern allenfalls bei der Bewirkung der vollständigen nach dem Vollstreckungstitel geschuldeten Leistung einschließlich Kosten (§ 788 ZPO) in Betracht. Dies gilt auch dann, wenn der Gläubiger seinen Vollstreckungsauftrag auf einen Teilbetrag der titulierten Forderung beschränkt hat und der Schuldner diesen Teilbetrag bezahlt hat (BGH, NJW-RR 2019, 317). Auch eine Vollstreckungsvereinbarung kann materiellen Charakter haben und damit letztlich auf eine unbefristete Stundung oder einen Forderungsverzicht hinauslaufen, der ausnahmsweise die Anwendung von § 775 Nr. 4 ZPO nahe legt (LG Münster, Rpfleger 1988, 321), so z. B. die Vereinbarung einer Ratenzahlung, die als Stundungsbewilligung zu werten ist (BGH, NJW 2016, 876; LG Detmold, Beschluss v. 9.3.2016, 1 T 50/16, juris). Der auf der notariellen Urkunde angebrachte Vermerk des Gläubigers, dass "eine Zwangsvollstreckung wegen bestimmter Zinsen nicht betrieben werden kann", erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 775 Nr. 4 ZPO (OLG Saarbrücken, v. 13.5.2013, 4 W 19/13, juris). Schließt der Gläubiger nach Erwirkung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegenüber einer Bank als Drittschuldnerin mit dem Schuldner eine Teilzahlungsvereinbarung, so kann das Gericht die Zwangsvollstreckung auf Antrag des Gläubigers oder des Schuldners mit der Folge einstweilen einstellen, dass der Schuldner über sein gepfändetes Konto einstweilen wieder frei verfügen kann (AG Bonn, JurBüro 2015, 662). Liegt eine Stundungs- oder Stillhaltevereinbarung im Sinne von § 775 Nr. 4 ZPO vor, fehlt es an einer Voraussetzung für die – von Amts wegen erfolgende – Eintragung in das Schuldnerverzeichnis (§ 882c ZPO). Dieses Eintragungshindernis besteht auch dann, wenn die Vereinbarung erst während des Widerspruchsverfahrens oder Beschwerdeverfahrens getroffen wurde (LG Stuttgart, Beschluss v. 6.9.2018, 19 T 264/18)

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