1 Grundsatz – Zweck

 

Rz. 1

Die Norm, die die Pflicht des Gerichtsvollziehers zur Protokollierung ausspricht, dient der Unterrichtung der Beteiligten, der Beweissicherung (Zöller/Seibel, ZPO, § 761 Rn. 1) und ist damit eine wichtige Grundlage für die Kontrolle des Verfahrens der Zwangsvollstreckung. Sie wird ergänzt und konkretisiert durch Bestimmungen der GVGA (insbesondere §§ 63, 86, 88 GVGA, 61, 102 Abs. 4, 96, 99 GVGA). Mit Hilfe des Protokolls können die Beteiligten alle möglichen und erforderlichen Nachweise (z. B. im Rechtsbehelfsverfahren, bei der Anschlusspfändung usw.) in der Form der öffentlichen Urkunde (§§ 415, 418 ZPO) zur Glaubhaftmachung erbringen (OLG Koblenz, CR 2021, 62; OLG Düsseldorf, BauR 2019, 1015).

 

Rz. 2

Vollstreckungshandlung im Sinne der Bestimmung sind nach § 63 Abs. 1 Satz 2 GVGA alle Handlungen, die der Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Zwangsvollstreckung vornimmt (AG München, DGVZ 1981, 142; vgl. auch BT-Drs. 16/10069 S. 27); auch das Betreten der Wohnung des Schuldners, ihre Durchsuchung und die Aufforderung zur Zahlung gehören dazu. Eine Vollstreckungshandlung liegt selbst dann vor, wenn der Gerichtsvollzieher den Schuldner nach schriftlicher Zahlungsaufforderung aufsuchen will, ihn aber nicht antrifft und von weiteren Maßnahmen absieht, weil frühere Vollstreckungen fruchtlos verlaufen sind. Keine Vollstreckungshandlung liegt indes dann vor, wenn der Gerichtsvollzieher den Schuldner unter der ihm vom Gläubiger angegebenen und im Titel verzeichneten Wohnung nicht antrifft, weil dieser dort, wie der Gerichtsvollzieher feststellt, nicht mehr wohnt (AG München, DGVZ 1983, 170; a. A. AG Reutlingen, DGVZ 1990, 76; 1989, 47). Wenngleich dies keine Vollstreckungshandlung ist, ist der Gerichtsvollzieher nicht gehindert, ein Protokoll abzufassen und mit der neuen Anschrift, die er an Ort und Stelle in Erfahrung gebracht hat, versehen an den Gläubiger abzusenden. Es genügt aber, wenn er eine einfache schriftliche Mitteilung macht (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 762 Rn. 6; vgl. auch § 60 Abs. 5 GVGA). Zustellungen durch den Gerichtsvollzieher – in seiner Eigenschaft als Zustellungsorgan (z. B. nach den §§ 829, 835 ZPO) – sind ebenfalls keine Vollstreckungshandlungen.

Vorbereitungshandlungen sind nicht zu protokollieren. Solche können z. B. sein:

  • der Vollstreckungshandlung vorausgehende Zustellung des Titels,
  • das Anfordern polizeilicher Unterstützung bei der zuständigen Behörde,
  • die Bereitstellung von Transportmitteln und das Aufsuchen der Schuldnerwohnung, ohne diese betreten zu können, weil niemand anzutreffen ist (vgl. MünchKomm/ZPO-Heßler, § 762 Rn. 5; a. A. AG Reutlingen, DGVZ 1989, 47).

2 Inhalt (Abs. 2 und 3)

2.1 Ort und Zeit der Aufnahme (Abs. 2 Nr. 1)

 

Rz. 3

Das Protokoll soll nach § 63 Abs. 3 GVGA unmittelbar im Anschluss an die Vollstreckungshandlung und an Ort und Stelle aufgenommen werden und muss den Ort und die Zeit seiner Aufnahme enthalten (BGH, NJW 2020, 2564; Zöller/Seibel, § 762 Rn. 3). Bei mehrtägigen Geschäften ist ein täglicher Abschluss des Protokolls notwendig. Richten sich die Gebühren für die Vollstreckungshandlungen auch nach der aufgewandten Zeit, so ist die Zeitdauer der Vollstreckungshandlungen unter Beachtung der für die Kosten maßgebenden Grundsätze nach einzelnen Zeitabschnitten genau anzugeben (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 GVGA).

2.2 Gegenstand der Vollstreckungshandlung – wesentliche Vorgänge (Abs. 2 Nr. 2)

 

Rz. 4

Insoweit enthalten § 63 Abs. 1 und  2 GVGA allgemeine, für alle Vollstreckungshandlungen des Gerichtsvollziehers gleich geltende Einzelheiten, während für die einzelnen Vollstreckungsarten zusätzliche Details angegeben sind: für die Anschlusspfändung in § 116 Abs. 2 Satz 3 GVGA, bei der Pfändung von Früchten, die vom Boden nicht getrennt sind, § 102 Abs. 4 GVGA, bei der Pfändung von Forderungen aus Papieren, die durch Indossament übertragen werden, § 123 Abs. 3 GVGA, bei der Herausgabevollstreckung hinsichtlich der Entgegennahme der Sache § 124 Abs. 3Satz 2 GVGA, hinsichtlich der Wegnahme beweglicher Sachen § 127 Abs. 6 GVGA, bei der Räumungsvollstreckung § 128 Abs. 9, bei der Verhaftung § 145 Abs. 2 GVGA.

 

Rz. 5

Wesentliche zu protokollierende Vorgänge sind (vgl. Zöller/Seibel, § 762 Rn. 4 u. 5): das Angebot der Zug-um-Zug-Gegenleistung an den Schuldner und dessen Reaktion darauf (§ 756 ZPO); die Durchsuchung der Wohnung des Schuldners gegen dessen Willen und die Anwendung von Gewalt hierbei (§ 758a ZPO); die Erklärungen Dritter im Rahmen des § 809 ZPO; die Überlassung oder das Angebot von Gegenständen bei der Austauschpfändung (§§ 811a, 811b ZPO); der Verzicht des Schuldners auf die Einhaltung der Wartefrist nach § 750 ZPO und derjenige auf den Pfändungsschutz hinsichtlich bestimmter Gegenstände sowie die in § 763 ZPO erwähnten Aufforderungen.

 

Rz. 6

Bleibt eine Pfändung ganz oder teilweise ohne Erfolg, muss das Protokoll erkennen lassen, dass der Gerichtsvollzieher alle zulässigen Mittel versucht hat, ein anderes Ergebnis gleichwohl nicht zu erreichen war (§ 63 Abs. 2 GVGA). Bei Erfolglosigkeit der Amtstätigkeit des Gerichtsvollziehers muss das Protokoll so informativ sein, dass der Gläubiger das Absehen von einer Pfändung überprüfen ...

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