1 Grundsatz – Zweck

 

Rz. 1

Nach § 726 Abs. 2 ZPO ist die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung bei Zug-um-Zug-Titeln ohne den Nachweis der Befriedigung oder des Annahmeverzugs des Schuldners zugelassen (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 756 Rn. 1). Diese – im Klauselverfahren fehlende – Prüfung (Ausnahme: Verurteilung zur Abgabe einer von einer Gegenleistung abhängigen Willenserklärung, § 726 Abs. 2 letzter Halbsatz, § 894 ZPO) ist hier nachzuholen, und zwar vom Vollstreckungsorgan. Die dem Schuldner zustehende Gegenleistung soll durch den Nachweis der Erfüllung (durch den Gläubiger) oder des Annahmeverzugs des Schuldners gesichert werden. Der Gläubiger kann seine Gegenleistung aber auch durch den Gerichtsvollzieher unmittelbar vor Beginn der Zwangsvollstreckung anbieten lassen (dann bedarf es des Nachweises der Erfüllung nicht). Bietet in diesen Fällen der Schuldner die von ihm verlangte Leistung seinerseits nicht an, kommt er dadurch in Annahmeverzug (§ 298 BGB) und muss nun die Zwangsvollstreckung dulden, ohne die dem Gläubiger obliegende Gegenleistung zu erhalten (§§ 274 Abs. 2, 322 Abs. 1 und 3 BGB). Die Verklammerung von Leistung und Gegenleistung wird so in der Zwangsvollstreckung aufgehoben (BGH, NJW 1979, 1203). Mit der Anfügung des neuen Absatz 2 der Bestimmung durch die 2. Zwangsvollstreckungsnovelle mit Wirkung zum 1.1.1999 soll in Abweichung der bestehenden Voraussetzungen dem Gerichtsvollzieher die Möglichkeit gegeben werden, die Zwangsvollstreckung auch ohne tatsächliches Angebot fortzusetzen, wenn die Annahmeverweigerung des Schuldners feststeht.

2 Anwendungsbereich

 

Rz. 2

Die Vorschrift findet nur Anwendung auf die Vollstreckung wegen einer Zug um Zug zu erfüllenden Leistung aus einem Urteil oder einem sonstigen Vollstreckungstitel, für deren Zwangsvollstreckung der Gerichtsvollzieher zuständig ist (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 756 Rn. 6). Aus dem Zug-um-Zug-Urteil, z. B. Leistung eines PKW Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises, kann lediglich der Kläger (Gläubiger), der den Titel erwirkt hat, die Zwangsvollstreckung betreiben. Umgekehrt kann der Schuldner der Leistung nicht seinerseits die Zwangsvollstreckung betreiben; auch nicht, wenn er ohne das Angebot des Gläubigers leistet (BGHZ 117, 1). Obliegt die Vollstreckung der Zug-um-Zug-Leistung dem Vollstreckungsgericht oder Grundbuchamt, ist die Vorschrift des § 765 ZPO maßgebend. Die Vollstreckung wegen einer Forderung, die den Schuldner nur gegen Aushändigung einer Inhaberschuldverschreibung zur Leistung verpflichtet, fällt grundsätzlich nicht unter §§ 756, 765 ZPO (OLG Frankfurt/Main Urteil v. 7.11.2008, 8 U 59/08; BGHZ 177, 178 = NJW 2008, 3144). Das Gericht hat deshalb in diesen Fällen im Erkenntnisverfahren zu tenorieren, dass der Schuldner gegen Aushändigung der Inhaberschuldverschreibung zur Leistung verpflichtet ist. Damit ist für alle Beteiligten erkennbar, dass es sich nicht um eine Zug-um-Zug-Verurteilung im vollstreckungsrechtlichen Sinne handelt und § 765 ZPO damit keine Anwendung findet. Da der Schuldner nur gegen Aushändigung der Inhaberschuldverschreibungen zu leisten hat, müssen in diesem Fall dem Vollstreckungsgericht für den Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses neben dem Vollstreckungstitel auch die Schuldverschreibungen vorgelegt werden. Anders allerdings verhält es sich dann, wenn – entgegen der Gesetzeslage und irrtümlich – der Schuldner in diesen Fällen ausdrücklich zu einer Leistung Zug-um-Zug verurteilt wurde. Dann erfolgt die Vollstreckung ebenfalls nach den §§ 756, 765 ZPO, denn es ist nicht die Aufgabe des Vollstreckungsorgans, zu prüfen, ob etwas Zug-um-Zug zu leisten ist (oder nicht), da dies eine Frage des materiellen Rechts ist (BGH a. a. O.).

 

Rz. 3

Die Anwendung setzt weiter voraus, dass das zu vollstreckende Urteil im Tenor tatsächlich eine Verurteilung zur Leistung Zug um Zug gegen eine Gegenleistung enthält (LG Hamburg, DGVZ 1992, 41). Diese Gegenleistung des Gläubigers muss in dem Titel eindeutig bestimmt sein. Ist die Herausgabe von Gegenständen, die der Gläubiger im Rahmen der Zwangsvollstreckung Zug-um-Zug anbieten muss, mangels Identifizierbarkeit nicht vollstreckbar, hat der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung abzulehnen (LG Dresden, DGVZ 2016, 132; AG Euskirchen, DGVZ 2015, 119). Die Bezugnahme auf Urkunden, die nicht Bestandteil des Titels sind, genügt nicht (KG, DGVZ 2000, 150 = Rpfleger 2000, 556; LG Berlin, DGVZ 1994, 8). So ist z. B. ein auf Zahlung Zug um Zug gegen "Herausgabe der EDV-Programme Kabelmietabrechnung gem. Vertrag vom ..." lautendes Urteil in Ermangelung der Bestimmtheit der Gegenleistung nicht vollstreckbar (KG, MDR 1994, 617). Das gilt auch für einen Urteilstitel, der auf Zahlung "Zug um Zug gegen Rückgabe einer Zahnarztpraxis" lautet, wenn sich nicht wenigstens aus Tatbestand und Entscheidungsgründen die zurückzugebenden Gegenstände ermitteln lassen. Hinweise jedenfalls auf Umstände, Listen, Verzeichnisse oder vergleichbare Unterlagen außerhalb des Vollstreckungstitels dürfen nicht berücksichtigt werden (K...

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