Rz. 10

Die Zwangsvollstreckung aus einem Titel, dessen Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung abhängt, führte nach der bisher geltenden gesetzlichen Regelung in der Praxis gelegentlich zu Schwierigkeiten. Im Regelfall nämlich durfte der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nicht beginnen, bevor er dem Schuldner die diesem gebührende Leistung in einer den Annahmeverzug begründenden Weise (§ 294 BGB) angeboten hat oder der Nachweis, dass sich der Schuldner befriedigt oder sich im Verzug der Annahme befindet durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt ist (§ 756 Abs. 1 ZPO). Das Angebot konnte für den Gläubiger bisweilen mit erheblichen Kosten (etwa Transportkosten) verbunden sein. Führte die anschließende Zwangsvollstreckung – wie oft – nicht zur Befriedigung des Gläubigers, so stellten sich seine Aufwendungen zumeist als nutzlos dar.

 

Rz. 11

Mit der Anfügung des Abs. 2 wird in Abweichung von den Voraussetzungen des geltenden § 756 ZPO dem Gerichtsvollzieher die Möglichkeit gegeben, die Zwangsvollstreckung auch ohne Erbringung des tatsächlichen Angebots zu beginnen und fortzusetzen, wenn die Annahmeverweigerung des Schuldners erklärtermaßen feststeht. Diese Regelung stellt eine Erweiterung der anerkannten Praxis dar. Nach bisherigem Recht wurde es für zulässig erachtet, die Vollstreckung fortzusetzen, wenn dem Gerichtsvollzieher ein besonderer Auftrag zum wörtlichen Angebot erteilt wurde und der Schuldner bereits vor der Vollstreckung seine Annahmeverweigerung erklärt hatte (BGH, NJW 1997, 581) oder wenn zur Bewirkung der Leistung des Gläubigers eine Handlung des Schuldners erforderlich war. Das neue Recht führt lediglich zu einer maßvollen Erleichterung der Zug-um-Zug-Vollstreckung, weil die Änderung nur zu einer zeitlichen Verschiebung der Verweigerungserklärung führt. Während der Schuldner sie bisher vor der Vollstreckung abgeben musste, reicht es nunmehr aus, dass er sie zu Beginn der Vollstreckung (oder später) erklärt. Ob er die Annahmeverweigerung in Zukunft erklären wird, scheint fraglich, weil er durch die Unterlassung der Erklärung die Zwangsvollstreckung durch den Gläubiger verzögern kann, weil dann der Gerichtsvollzieher schließlich doch tatsächlich anbieten bzw. auf die weiteren Möglichkeiten des Absatzes 1 zurückgreifen muss.

Der Gerichtsvollzieher muss vom Gläubiger nicht ausdrücklich zum wörtlichen Angebot ermächtigt sein. Das Angebot muss vom Gerichtsvollzieher ausdrücklich erklärt und protokolliert werden (§ 762 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Dasselbe gilt für die Annahmeverweigerung des Schuldners, die bis zum Abschluss des Vollstreckungsverfahrens erklärt werden kann.

 

Rz. 12

In der Praxis ist stets zu empfehlen, durch einen entsprechenden Antrag in der Klageschrift im Tenor eines entsprechenden Feststellungsurteils den Annahmeverzug feststellen zu lassen. Das ist der sicherste Weg der Vollstreckung eines Zug-um-Zug-Titels. Durch die Neuregelung entfällt auch nicht das Feststellungsinteresse für diese Feststellungsklage, da Voraussetzung ist, dass der Schuldner, wenn auch erst im Verfahren der Zwangsvollstreckung, die Annahmeverweigerung gegenüber dem Gerichtsvollzieher erklären muss.

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