1 Grundsatz – Zweck

 

Rz. 1

Die Bestimmung erfasst ebenso wie § 727 ZPO grundsätzlich alle Vollstreckungstitel, auch z. B. einen Vollstreckungsbescheid (§ 796 Abs. 1 ZPO). Auf Titel mit vorläufigem Charakter, insbesondere vorläufig vollstreckbare Urteile findet § 729 ZPO keine Anwendung, weil die Bestimmung ausdrücklich daran anknüpft, dass die Schuld rechtskräftig festgestellt wurde. Allerdings ist die Bestimmung auch auf Titel anwendbar, die nicht rechtskraftfähig sind aber nicht nur vorläufigen Charakter haben wie z. B. Prozessvergleiche und vollstreckbare Urkunden (vgl. BeckOK/ZPO-Ulrici, § 729 Rn. 1). Über die Inbezugnahme durch § 1111 ZPO gilt die Bestimmung entsprechend im Zusammenhang mit der Erteilung von inländischen Vollstreckungsbescheinigungen nach Art. 53, 60 Brüssel Ia-VO (BeckOK/ZPO-Ulrici, a. a. O., Rn. 1a). Anders als § 727 ZPO werden in § 729 ZPO nicht Fälle der privaten Schuldnachfolge, sondern Fälle des kraft Gesetzes eintretenden Schuldbeitritts behandelt. Zweck der Bestimmung ist die Begünstigung des Gläubigers, der sich gegen den "Übernehmer" keinen neuen Titel beschaffen muss, sondern den einfacheren Weg des § 727 ZPO gehen kann. Dies ist eine Folge der Zugriffsmöglichkeit des Gläubigers, § 25 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 HGB (MünchKomm/ZPO-Wolfsteiner, § 729 Rn. 1). Mögliche Einwendungen kann der neue Schuldner dem Gläubiger nach § 767 ZPO entgegensetzen. Im Hinblick auf das alte Verfahren gilt die Präklusion des § 767 Abs. 2 ZPO nicht.

 

Rz. 2

Die Prüfung der Vollstreckungsmöglichkeit ist auch in diesen Fällen dem Rechtspfleger übertragen. Er hat die Vollstreckbarkeit des Schuldtitels auch gegen die bei einem solchen Rechtsgrund (mit)haftende Person mit Erteilung der Vollstreckungsklausel vor Beginn der Zwangsvollstreckung für das Vollstreckungsorgan bindend zu bescheinigen (Zöller/Seibel, § 729 Rn. 1).

2 Vermögensübernahme (Absatz 1)

 

Rz. 3

Begrifflich schließt die Regelung an die aufgehobene Vorschrift des § 419 BGB an. Wegen des Außerkrafttretens von § 419 BGB mit Wirkung vom 1.1.1999 gilt die Bestimmung des Abs. 1 lediglich noch in Bezug auf eine bis zum 31.12.1998 erfolgte Vermögensübernahme. Es genügt die Übernahme des wesentlichen Vermögens. Übernahme bedeutet dabei Übereignung bzw. Abtretung. Auch die Kenntnis des Übernehmers, dass die Vermögensmasse oder -verhältnisse die Voraussetzungen erfüllen, ist nachzuweisen. Die Vermögensübernahme nach Rechtskraft muss offenkundig oder durch Urkunde nachgewiesen sein. Die Haftungsbeschränkung des Übernehmers auf das übernommene Vermögen (vgl. § 419 Abs. 2 BGB a. F.) bleibt bei der Erteilung der Klausel unberücksichtigt. Der Übernehmer kann – und muss – sie nach §§ 786, 781, 785, 767 ZPO geltend machen. Der Vermögensübernahme ist die Übernahme von Sondervermögen, die nach dem materiellen Recht eine Schuldenhaftung des Erwerbers auslöst, gleichgestellt. Das gilt entsprechend z. B. für den Erbschaftskauf nach § 2382 BGB (BeckOK ZPO/Ulrici, § 729 Rn. 5). Auch hier ist die eintretende Haftungsbeschränkung des Erwerbers nicht in der Klausel zu berücksichtigen, sondern sie muss nach den §§ 786, 781, 785 ZPO geltend gemacht werden (Zöller/Seibel, ZPO, § 729 Rn. 4).

3 Erwerb eines Handelsgeschäfts und Firmenfortführung (Absatz 2)

 

Rz. 4

Wer ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt, haftet im Rahmen des § 25 Abs. 1 und 2 HGB neben dem alten Inhaber für Geschäftsschulden. Darum ist die Vollstreckungsklausel gegen den neuen Inhaber zu erteilen, sofern der Anspruch vor dem Erwerb des Handelsgeschäfts rechtskräftig festgestellt worden ist (Brandenburgisches OLG, Urt. v. 14.3.2007 – 4 U 134/06). Der Erwerb des Handelsgeschäfts unter Lebenden und die Fortführung unter der bisherigen Firma nach Rechtskraft sowie die Geschäftsverbindlichkeit müssen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen oder offenkundig sein. Der Nachweis ist nach Eintragung des Inhaberwechsels im Handelsregister (§ 31 Abs. 1 HGB) durch die Vorlage einer beglaubigten Abschrift des Handelsregisterauszuges möglich (§ 9 HGB); bei Bezugnahme auf das bei dem nämlichen Gericht geführte Handelsregister ist Offenkundigkeit gegeben. Der Nachweis aus dem Handelsregister erstreckt sich auch auf das Nichtvorliegen einer abweichenden Vereinbarung im Sinne von § 25 Abs. 2 HGB (Zöller/Seibel, § 729 Rn. 9). Die Herbeiführung des Haftungsausschlusses durch Mitteilung ist nicht besonders nachzuweisen. Weiterhin ist nachzuweisen, dass das bisherige Unternehmen in seinem wesentlichen Bestand fortgeführt wird (SchlHOLG, InVo 2000, 208). Maßgeblich ist dabei, ob aus Sicht des Verkehrs eine Firmenfortführung vorliegt und der Verkehr die alte mit der neuen Firma identifiziert. Eine bloße Weiterführung einer Etablissement- oder Geschäftsbezeichnung reicht für die Annahme einer Firmenfortführung nicht aus. Ebenso wenig lässt eine Verwendung der von einem dritten Unternehmen erworbenen Markenrechte zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen den Schluss auf eine Firmenfortführung zu, da Marken auch ohne das dazu gehörende Handelsgeschäft übertragen werden können...

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