Rz. 9

Die Entscheidung des Prozessgerichts nach Abs. 1 setzt keinen, auch keinen hilfsweise gestellten Antrag des Schuldners voraus, was indes die Stellung eines Antrags nicht ausschließt. Antragsberechtigt ist der Schuldner. Das Prozessgericht hat sich von Amts wegen mit der Frage der Bewilligung einer Räumungsfrist zu befassen (BVerfG, WuM 1999, 155). Es gilt allerdings auch insoweit keine Pflicht zur Amtsermittlung (Zöller/Seibel, § 721 Rn. 4). Im gerichtlichen Mieträumungsverfahren darf sich allerdings der Rechtsanwalt des Beklagten nicht darauf verlassen, dass das Gericht die Frage der Bewilligung einer Räumungsfrist von Amts wegen zu prüfen hat; vielmehr hat er – auch – selbst einen Antrag zu stellen und zu begründen. Unterlässt er dies, kann er sich schadensersatzpflichtig machen (OLG Hamm, NJW-RR 1995, 526 = WiB 1995, 444 m. Anm. Nerlich). Die maßgeblichen Umstände sind von den Parteien, insbesondere vom Schuldner, vorzutragen. Stellt der Schuldner einen Antrag, hat er die rechtfertigenden Umstände zu beweisen. Der Antrag kann von ihm nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden (Abs. 1 Satz 2; a. A. LG Berlin, JurBüro 1995, 530: bis zum Erlass des Urteils). Ist der Schuldner durch einen Rechtsanwalt vertreten, ist dieser zur Antragstellung sowie -begründung verpflichtet (OLG Hamm, NJW-RR 1995, 526). Ist der Antrag rechtzeitig gestellt und vom Gericht in der Entscheidung übergangen, kann der Schuldner ein Ergänzungsurteil nach § 321 ZPO beantragen (Abs. 1 Satz 3). In diesem Fall kann bis zur Entscheidung über die Ergänzung die Zwangsvollstreckung auf Antrag des Schuldners wegen der Räumung einstweilen ohne Sicherheitsleistung eingestellt werden (Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz). Die Vorschrift des § 321 ZPO ist nicht anwendbar, wenn der Schuldner keinen Antrag auf Bewilligung der Räumungsfrist gestellt hatte und das Prozessgericht die von Amts wegen zu treffende Entscheidung unterlassen hat (der Schuldner kann dann allerdings Berufung oder Beschwerde einlegen; vgl. Rn. 20).

 

Rz. 10

Die Entscheidungen nach Abs. 2 und 3 setzen einen Antrag des Schuldners oder – bei Verkürzung der bewilligten Räumungsfrist – einen solchen des Gläubigers voraus (Stein/Jonas/Münzberg, § 721 Rn. 23, 24). Der Antrag ist schriftlich, beim Amtsgericht auch zu Protokoll der Geschäftsstelle (§ 496 ZPO) zu stellen; es gilt die Bestimmung des § 78 ZPO. Der Antrag des Schuldners ist fristgebunden: Er ist spätestens zwei Wochen vor dem Tage der Räumung (Abs. 2) bzw. dem Ablauf der – bewilligten – Räumungsfrist (Abs. 3) zu stellen. Bei Versäumung dieser Fristen gelten, obwohl es sich nicht um Notfristen handelt, die Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Abs. 2 Satz 2; Abs. 3 Satz 3) sinngemäß. Bei einem zulässigen Antrag kann bis zur Entscheidung über denselben eine der in § 732 Abs. 2 ZPO vorgesehenen einstweiligen Regelungen erfolgen (Abs. 4 Satz 4); bei Fristversäumung mit rechtzeitigem Wiedereinsetzungsantrag gilt § 707 ZPO.

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