Rz. 7

Abs. 2 enthält eine eigenständige Regelung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung im Revisionsverfahren. Sie bezweckt, verzögernde Revisionseinlegungen soweit wie möglich zu verhindern, und schließt daher die Anwendung von §§ 707, 719 Abs. 1 ZPO aus und schränkt die Einstellungsmöglichkeit sowohl nach ihren Voraussetzungen als auch inhaltlich ein. Damit wird dem Vollstreckungsinteresse des Gläubigers mit Rücksicht auf die Berufungsentscheidung ein noch weitergehender Vorrang vor den (Einstellungs-)Interessen des Schuldners eingeräumt (BGH, NJW-RR 2017, 1355). Die formellen Voraussetzungen sind indes die gleichen (Zöller/Herget, § 719 Rn. 5). Erforderlich auch hier ein Antrag des Vollstreckungsschuldners; zuständig ist das Revisionsgericht, also der BGH. Im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde gilt die Bestimmung entsprechend (§ 544 Abs. 5 Satz 2 ZPO; BGH GRUR 2018, 655; BGH v. 4.9.2014 – I ZR 30/14 – Juris; BGH WM 2014, 681; BGH, NJW-RR 2006, 1088). Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO durch das Revisionsgericht im Falle der Nichtzulassungsbeschwerde kommt nur bei bestehender Erfolgsaussicht des Rechtsmittels in Betracht (BGH, WuM 2020, 98). über die §§ 575 Abs. 5, 570 Abs. 3 ZPO im Falle einer Rechtsbeschwerde gegen einen Verwerfungsbeschluss i. S. v. § 522 Abs. 1 S. 3 ZPO (BGH Beschluss v. 21.1.2016, V ZB 175/13, juris). Der Antrag kann beim BGHauch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nur von einem beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt gestellt werden (BGH, WuM 2018, 726; WuM 2012, 1432; GuT 2009, 329 = JurBüro 2010, 53; NJW-RR 2004, 936 = WM 2004, 2370 = InVo 2004, 511). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Partei für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt hat, denn aus § 78 Abs. 3 ZPO ergibt sich keine Ausnahme von dem Anwaltszwang, da diese Vorschrift über das Prozesskostenhilfeverfahren hinaus nicht auch den Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung umfasst (BGH, WuM 2018, 726). Der Antrag ist ein Sachantrag, der in der mündlichen Verhandlung gestellt werden muss. Ein im Berufungsverfahren gestellter Antrag, die Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil einstweilen einzustellen, ersetzt einen Schutzantrag nach § 712 ZPO nicht (BGH, NJW-RR 2006, 1088). Die Tatsachen sind sämtlich glaubhaft zu machen. Erforderlich ist das Vorliegen einer statthaften Revision und ein Rechtsschutzinteresse. Ist die Revision nicht zulässig, weil die Revisionsgrenze nicht erreicht, die Revision nicht zugelassen ist oder die Frist nicht eingehalten wurde, kommt eine Einstellung der Zwangsvollstreckung von vornherein nicht in Betracht.

3.1 Materielle Voraussetzungen

 

Rz. 8

Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil Revision eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Bei Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ist § 719 Abs. 2 ZPO gemäß § 544 Abs. 5 Satz 2 ZPO i.  V.  m. § 522 Abs. 3 ZPO entsprechend anzuwenden (BGH, GuT 2013, 223). Die Einstellung nach § 719 Abs. 2 ZPO wird von der Rechtsprechung des BGH als ein letztes Hilfsmittel des Vollstreckungsschuldners angesehen, dem regelmäßig schon dann der Erfolg zu versagen ist, wenn der Schuldner andere ihm zu Gebote stehende Möglichkeiten, seine Interessen zu wahren, nicht genutzt hat (BGH v. 4.9.2014, I ZR 30/14 – juris; GRUR 2012, 959, WM 2010, 328 = ZfIR 2010, 149 m. w. N.). Vollstreckungsschutz ist deshalb regelmäßig dann verweigert worden, wenn es der Schuldner versäumt hatte, im Berufungsrechtszug einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO zu stellen oder beim Übergehen eines derartigen Antrags durch das Berufungsgericht Urteilsergänzung gemäß den §§ 716, 321 ZPO zu beantragen (BGH, Beschluss v. 7.12.2018, VIII ZR 146/18 – Juris; WuM 2018, 726; Beschluss v. 27.2.2018, VIII ZR 39/18, juris; WuM 2017, 607; NJW-RR 2014, 969 = MDR 2014, 926; MietPrax-AK § 719 Nr. 25 = GuT-W 2013, 108; GuT 2013, 217; WuM 2012, 510 = Grundeigentum 2012, 1227; FamRZ 2011, 884; NJW-RR 2011, 705; WuM 2010, 765; ZNER 2009, 41; GuT 2009, 214 = Grundeigentum 2009, 1041; WuM 2008, 613 = MietPrax-AK § 719 ZPO Nr. 15; MDR 2008, 885 = NJW-RR 2008, 1038; DGVZ 2008, 12; DGVZ 2007, 380; NJW-RR 2006, 1088; InVo 2004, 195 = WuM 2003, 637; NJW 1996, 1970; NJW-RR 1991, 186 = GRUR 1991, 159; NJW 1990, 2756). Dies gilt auch dann, wenn das Berufungsgericht im Rahmen seines Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit rechtsfehlerhaft § 713 ZPO angewandt und eine Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO nicht ausgesprochen hat. Denn diese entfällt – anders als im Fall des § 712 Abs. 1 ZPO –, wenn der Gläubiger seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit leistet und schützt damit den Wohnraummieter nicht vor dem (endgültigen) Verlust ...

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