Leitsatz (amtlich)

Für die Klage des Insolvenzverwalters gegen einen Arbeitnehmer des Schuldners auf Rückgewähr vom Schuldner geleisteter Vergütung nach § 143 Abs. 1 InsO ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben.

 

Normenkette

GVG § 13; ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a; InsO § 129 ff.

 

Verfahrensgang

BGH (Beschluss vom 02.04.2009; Aktenzeichen IX ZB 182/08)

 

Tenor

Für die Klage des Insolvenzverwalters gegen einen Arbeitnehmer des Schuldners auf Rückgewähr vom Schuldner geleisteter Vergütung nach § 143 Abs. 1 InsO ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben.

 

Gründe

Rz. 1

I. Der Kläger des Ausgangsverfahrens ist Insolvenzverwalter in dem am 10.9.2007 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Bauunternehmers B. N. (im Folgenden: Schuldner). Der Beklagte war bis zu seiner fristlosen Eigenkündigung am 25.5.2007 Arbeitnehmer des Schuldners. Seinen Lohn für Dezember 2006 erhielt er am 8.3.2007. Den Lohn für Januar 2007 zahlte der Schuldner in drei Teilbeträgen am 13. und 26.4.2007 (jeweils 500 EUR) sowie 464,31 EUR am 11.5.2007. Seinen Lohn für Februar 2007i.H.v. 1.237,06 EUR erhielt der Beklagte am 25.6.2007. Mit Schreiben vom 1.10.2007 hat der Kläger die Lohnzahlungen des Schuldners für Januar und Februar 2007 "gem. § 130 InsO" angefochten und mit seiner am 7.2.2008 zum AG K. erhobenen Klage die Rückgewähr der Vergütung für die Monate Januar und Februar 2007i.H.v. insgesamt 2.701,37 EUR nach § 143 Abs. 1 InsO geltend gemacht.

Rz. 2

Das AG K. hat mit Beschluss vom 29.5.2008 den Rechtsweg zu den Zivilgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das ArbG B. verwiesen. Das LG B. hat die sofortige Beschwerde des Klägers zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Der IX. Zivilsenat des BGH hat der Rechtsbeschwerde stattgeben wollen. Er hat sich an einer solchen Entscheidung gehindert gesehen, weil er damit von der Rechtsprechung des Fünften Senats des BAG (Beschl. v. 27.2.2008 - 5 AZB 43/07, BAGE 126, 117; v. 31.3.2009 - 5 AZB 98/08, ZIP 2009, 831) abgewichen wäre. Danach ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet, wenn der Insolvenzverwalter vom Arbeitnehmer Rückzahlung der vom Schuldner vor Insolvenzeröffnung geleisteten Vergütung wegen Anfechtbarkeit der Erfüllungshandlung (§§ 129 ff. InsO) fordert. Der IX. Zivilsenat des BGH hat daher mit Beschluss vom 2.4.2009 (IX ZB 182/08, ZIP 2009, 825 = NZA 2009, 571) dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes die Frage vorgelegt:

"Ist für die Klage des Insolvenzverwalters gegen einen Arbeitnehmer des Schuldners aus Insolvenzanfechtung der ordentliche Rechtsweg auch dann gegeben, wenn die Anfechtung eine vom Schuldner geleistete Vergütung betrifft?"

Rz. 3

II. Die Vorlage ist zulässig, § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes - RsprEinhG - vom 19.6.1968 (BGBl. I, 661).

Rz. 4

Die Entscheidung des BGH über den Rechtsweg im Ausgangsverfahren hängt von der Frage ab, ob für die Klage des Insolvenzverwalters auf Rückgewähr der von dem Schuldner an einen Arbeitnehmer vor Insolvenzeröffnung geleisteten Vergütung nach § 143 Abs. 1 InsO der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten oder der zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben ist. Während der IX. Zivilsenat des BGH den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten bejahen und der Rechtsbeschwerde stattgeben will, wäre die Rechtsbeschwerde nach der Rechtsprechung des Fünften Senats des BAG zurückzuweisen. Dieser hat sich der Rechtsauffassung des vorlegenden Senats auch nicht angeschlossen, § 14 RsprEinhG (vgl. BAG, Beschl. v. 15.7.2009 - GmS-OGB 1/09, ZIP 2009, 1687 = DB 2009, 1828). Damit besteht zwischen den beteiligten Senaten eine Divergenz in einer für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblichen Frage.

Rz. 5

III. Der Gemeinsame Senat beantwortet die vorgelegte Rechtsfrage dahin, dass für die Klage des Insolvenzverwalters gegen einen Arbeitnehmer des Schuldners auf Rückgewähr vom Schuldner geleisteter Vergütung nach § 143 Abs. 1 InsO der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben ist. Es handelt sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis, § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG.

Rz. 6

1. Streitigkeiten der in der Vorlagefrage bezeichneten Art sind bürgerliche Rechtsstreitigkeiten i.S.d. § 2 ArbGG und des § 13 GVG. Das steht zwischen den beteiligten Senaten außer Streit und entspricht der ständigen Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats zur Abgrenzung öffentlich- und bürgerlich-rechtlicher Streitigkeiten (vgl. Gemeinsamer Senat, Beschl. v. 29.10.1987 - GmS-OGB 1/86, BGHZ 102, 280; Beschl. v. 10.4.1986 - GmS-OGB 1/85, BGHZ 97, 312, jeweils m.w.N.).

Rz. 7

2. Ob für eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten oder der zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben ist, bestimmt sich nach dem prozessualen Streitgegenstand. Erfüllt dieser einen der Tatbestände der §§ 2 ff. ArbGG, ist der - eine auss...

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