Normenkette

BundesbauG § 2 Abs. 6; BGB § 187

 

Tenor

Bei der Berechnung der einmonatigen Auslegungsdauer des § 2 Abs. 6 Satz 1 BBauG ist der erste Tag der Auslegung mitzuzählen.

 

Gründe

1. Der bremische Senator für das Bauwesen hat als Enteignungsbehörde durch Beschluß vom 23. Juni 1969 von einem Grundstück des Antragstellers eine kleine Teilfläche auf Grund eines am 4. Februar 1966 öffentlich bekannt gemachten Bebauungsplans (Nr. 623) zugunsten der beteiligten Stadt enteignet. Der Bebauungsplan und seine Begründung hatten zuvor – nach amtlicher Bekanntmachung im „Weser-Kurier” vom 12. Mai 1965 – in der Zeit vom 24. Mai 1965 bis zum 23. Juni 1965 beim Stadtplanungsamt öffentlich ausgelegen (§ 2 Abs. 6 Satz 1 und 2 des Bundesbaugesetzes vom 23. Juni 1960, BGBl I 341 – BBauG –). Der Antragsteller hält die Enteignung für unzulässig, da der ihr zugrunde liegende Bebauungsplan nichtig sei; er habe nämlich einen Tag zu wenig ausgelegen, weil der erste Tag der Auslegung gemäß § 187 Abs. 1 BGB nicht mitgerechnet werden dürfe.

Der Antragsteller ist mit seinem Begehren, den Enteignungsbeschluß in allen Tailen aufzuheben, im ersten und zweiten Rechtszug erfolglos geblieben.

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs möchte dem Land- und dem Oberlandesgericht in der Auffassung folgen, daß die einmonatige Auslegungsfrist des § 2 Abs. 6 Satz 1 BBauG gewahrt sei, weil § 187 Abs. 1 BGB auf sie keine Anwendung finde. Er sieht sich daran jedoch durch die Rechtsprechung des IV. Senats des Bundesverwaltungsgerichts gehindert. Dieser hat sich in seinem Beschluß vom 15. Dezember 1969 – IV B 153.69 (DVBl 1970, 417) – unter Bezugnahme auf sein die entsprechende Fristbestimmung des § 18 Abs. 2 des Bundesfernstraßengesetzes betreffendes Urteil vom 10. April 1968 – IV C 227.65 (BVerwGE 29, 282, 283; NJW 1968, 1736) – dahin ausgesprochen, der Beginn der Auslegungsfrist nach § 2 Abs. 6 Satz 1 BBauG errechne sich unter entsprechender Anwendung (nicht von § 187 Abs. 2, sondern) von § 187 Abs. 1 BGB.

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat daher durch Beschluß vom 17. Mai 1971 nach §§ 2, 11 Abs. 1 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung vom 19. Juni 1968 (BGBl I 661) – RsprEinhG – dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes folgende Rechtsfrage vorgelegt:

„Ist bei der Berechnung der einmonatigen Auslegungsfrist des § 2 Abs. 6 Satz 1 BBauG der erste Tag der Auslegung mitzuzählen?”

2. Die Voraussetzungen des § 2 RsprEinhG für die Vorlage an den Gemeinsamen Senat sind gegeben. Die Rechtsfrage, in der der vorlegende Senat von der Entscheidung des IV. Senats des Bundesverwaltungsgerichts abweichen will, ist für die Entscheidung des bei dem vorlegenden Senat anhängigen Rechtsstreits erheblich. Denn für diese Entscheidung kann die dem Gemeinsamen Senat vorgelegte Rechtsfrage nicht offenbleiben, da nach der – an dem Beschluß des IV. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Januar 1968 – IV CB 109.66 (DVBl 1968, 519) und dem oben bereits erwähnten Beschluß vom 15. Dezember 1969 ausgerichteten – Auffassung des vorlegenden Senats die Nichtwahrung der Auslegungsfrist die Nichtigkeit des Bebauungsplans bewirkt und damit auch die zur Durchführung des Bebauungsplans gemäß §§ 85 ff BBauG angeordnete Enteignung unzulässig macht.

3. Der Gemeinsame Senat bejaht die ihm vorgelegte Frage.

Die Zulässigkeit der Heranziehung der §§ 187 ff BGB für die Berechnung von Fristen auch im Rahmen des öffentlichen Rechts ist allgemein anerkannt (Wolff, Verwaltungsrecht I, 8. Aufl. § 37 III a; Eyermann-Fröhler, VwGO, 5. Aufl. Rdn. 1 zu § 57; Enneccerus-Nipperdey, Allgemeiner Teil des BGB, 15. Aufl. § 220 I 1 S. 1355 mit weiteren Nachweisen). Es fehlt an jedem Anhaltspunkt, daß nach dem Sinn der hier anzuwendenden Vorschrift (§ 2 Abs. 6 BBauG) die entsprechende Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften ausgeschlossen sein sollte.

§ 187 BGB unterscheidet für den Fristbeginn, von der Ausnahmeregelung für die Berechnung des Lebensalters abgesehen, zwei – nicht im Verhältnis von Regel und Ausnahme stehende – Fallgruppen:

1.) Die Fälle, in denen der Fristbeginn an einen im Verlauf eines Tages liegenden Anfangspunkt anknüpft, d.h. die Fälle, in denen für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt entscheidend ist (Abs. 1);

2.) die übrigen Fälle, d.h. die Fälle, in denen der Beginn des Tages für den Anfang einer Frist maßgebend ist (Abs. 2).

Wie danach die Frist zu berechnen ist, ist mithin entscheidend der die Frist im Einzelfall bestimmenden Vorschrift zu entnehmen, die daraufhin zu prüfen ist, ob sie den Fristbeginn an ein bestimmtes Ereignis oder an einen in den Lauf eines Tages fallenden Zeitpunkt knüpft oder ob sie den Fristenlauf in anderer Weise regelt.

Die hier einschlägige Gesetzesbestimmung (§ 2 Abs. 6 BBauG) lautet:

„Die Gemeinde hat die Entwürfe der Bauleitpläne … auf die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. Ort und Dauer der Auslegung sind mindestens eine Woche vorher ortsüblich...

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