Selbstständigkeit, Nachhaltigkeit und Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr

Das Merkmal der Selbstständigkeit ist immer dann erfüllt, wenn die Grundstücksveräußerung auf eigene Gefahr und auf eigene Rechnung ausgeführt wird. Das Merkmal dient der Abgrenzung der gewerblichen Tätigkeit von einer Tätigkeit als Angestellter und hat daher für die Frage, ob ein gewerblicher Grundstückshandel begründet ist, keine besondere Bedeutung.

Im Rahmen des gewerblichen Grundstückshandels können neben der "3-Objekt-Grenze" aber den Merkmalen der Nachhaltigkeit und der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr eigenständige Bedeutung zukommen.

Nachhaltigkeit bei Veräußerung von weniger als 3 Objekten

Nachhaltigkeit bedeutet, dass die Tätigkeit auf Wiederholung ausgerichtet sein muss. Diesem Merkmal kommt insbesondere in den oben unter Gliederungspunkt 3 genannten Fällen Bedeutung zu, in denen die 3-Objekt-Grenze nicht erfüllt ist. Ist die "3-Objekt-Grenze" erfüllt, wird in der Regel auch Nachhaltigkeit gegeben sein, denn durch die Veräußerung von mehr als 3 Objekten innerhalb eines kurzen Zeitraums hat der Veräußerer seine Wiederholungsabsicht dokumentiert.[1]

Nachhaltigkeit auch bei Veräußerung von nur einem Objekt

Allerdings kann Nachhaltigkeit auch dann zu bejahen sein, wenn nur ein einziges Objekt veräußert wird (z. B. im Falle gewerblicher Großobjekte, s. hierzu oben Gliederungspunkt 3.3). Auch ein einziges Veräußerungsgeschäft kann nachhaltig sein, wenn die Erfüllung dieses Geschäfts eine Vielzahl von unterschiedlichen Einzeltätigkeiten erfordert, die in ihrer Gesamtheit die Würdigung rechtfertigen, der Veräußerer sei nachhaltig tätig geworden. Dabei muss aber mit der erforderlichen Gewissheit feststehen, dass diese Aktivitäten mit dem Ziel entfaltet wurden, den Verkaufspreis zu erhöhen[2] oder es muss sich um die Errichtung eines einzigen, aber ungewöhnlich aufwendigen Gebäudes handeln (z. B. Errichtung eines Behördengebäudes, bei der eine Vielzahl unterschiedlicher Einzeltätigkeiten wie Planungs- und Genehmigungsverfahren, Beauftragung und Beaufsichtigung von Baufirmen, Abrechnungen etc. vorzunehmen sind).[3] Für eine nachhaltige Betätigung reicht es nicht, wenn ein einziges schadstoffbelastetes Grundstück erworben, saniert und anschließend veräußert wird. Aus vor dem Verkauf vorgenommenen Sanierungsmaßnahmen kann sich Nachhaltigkeit nur ergeben, wenn die Maßnahmen mit dem Ziel einer Erhöhung des Kaufpreises vorgenommen wurden.[4]

Umstände des Einzelfalls sind entscheidend

Letztlich richtet sich die Frage, ob die vom Verkäufer entfaltete Gesamttätigkeit die Nachhaltigkeit begründen kann, nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eines jeden Falls.

Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr auch bei nur kleinem Erwerberkreis

Die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfordert ein erkennbares Verkaufsangebot an den Markt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Geschäftsbeziehungen mit mehreren, ggf. ständig wechselnden Kunden, bestehen. Dies ist aber gerade für den gewerblichen Grundstückshandel kein unerlässliches Erfordernis. Vielmehr reicht es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs aus, dass die Verkaufsabsicht nur einem kleinen Kreis von Personen – unter Umständen auch nur einer einzigen Person – bekannt wird und der Verkäufer damit rechnet, die Verkaufsabsicht werde sich herumsprechen. Denn entscheidend ist, dass sich der Verkäufer insofern an den allgemeinen Markt wendet, als er an jeden verkaufen will, der die Kaufbedingungen erfüllt. Auch ein entgeltlicher und von Gewinnerzielungsabsicht getragener Leistungsaustausch zwischen nahen Angehörigen erfüllt die Voraussetzung einer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr.[5] Die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist deshalb nur dann zu verneinen, wenn Verkaufsbereitschaft nur an einen einzigen von vornherein in Aussicht genommenen Erwerber besteht und dies positiv feststellbar ist.

Eine Beteiligung an wirtschaftlichen Verkehr kann bei folgenden Sachverhalten vorliegen:

  • bei einer Tätigkeit für nur einen Vertragspartner oder bei Einschaltung eines Maklers,
  • die Verkaufsabsicht wird nur einem kleinen Personenkreis oder sogar nur einer Person bekannt, der Verkäufer aber damit rechnet, dass sich über diese seine Verkaufsabsicht verbreitet
  • der Verkauf an Bekannte erfolgt,
  • der Verkauf nur an einen Dritten erfolgt, der Verkäufer sich aber an die Bestimmungen des allgemeinen Marktes hält.
 
Hinweis

Geschäfte mit Angehörigen

Auch wenn der Fall vorliegt, dass an Angehörige entgeltlich und mit Gewinnerzielungsabsicht verkauft wird, liegt eine Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr vor.

Werden mehrere Grundstücke verkauft, muss nicht bei jedem der verkauften Grundstücke das Merkmal der Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr vorliegen.

[1] In Fällen, in denen mehrere Objekte in einem einzigen Vertrag an nur einen Erwerber verkauft werden, stellt sich die Frage der Nachhaltigkeit auch im Rahmen der "3-Objekt-Grenze". Nachhaltigkeit ...

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