Leitsatz

Kleine 2-Zimmer-Wohneinheiten können nicht gewerblich als privates Arbeitsvermittlungs- oder Schülernachhilfsbüro genutzt werden

 

Normenkette

§ 15 WEG; § 1004 BGB

 

Kommentar

  1. Eine Nutzung von Sondereigentum zu anderen Zwecken als der in der Teilungserklärung ausgewiesenen Wohnnutzung ist nur zulässig, wenn bei typisierender Betrachtungsweise die geänderte, gewerbliche Nutzung nicht über das Maß hinausgeht, das bei Wohnzwecken üblich ist. Die gewerbliche Nutzung von kleinen 2-Zimmer-Wohneinheiten im 1. und 2. OG für eine private Arbeitsvermittlung und eine Schülernachhilfe beeinträchtigt regelmäßig stärker als eine Wohnnutzung. Entscheidend ist hier insbesondere auf die Besucherfrequenz unter Berücksichtigung der zeitlichen und örtlichen Verhältnisse abzustellen. Die Dienstleistungsgewerbe, deren Büros üblicherweise ganztägig geöffnet sind, führen erfahrungsgemäß bei gewöhnlichem Ablauf zu einem regen Kundenbesuch, der täglich bei 20 Personen oder noch darüber liegen kann. Entscheidend ist hier auch nicht der Jetzt-Zustand (10–15 Personen), der nicht dauerhaft sein muss. Vielmehr kann sich die Geschäftstätigkeit jederzeit bei einer Ausweitung oder einer Schwerpunktverlagerung erheblich verändern und einen weitaus lebhafteren Besucherstrom zur Folge haben. Aber auch 10–15 Personen – bezogen auf eine Wohneinheit und die Nachmittagsstunden – ist bereits beträchtlich. Bei einer – hypothetischen – privaten Wohnnutzung läge die Besucherfrequenz deutlich niedriger. Ins Gewicht fällt auch die stärkere Nutzung der Gemeinschaftsräume sowie die damit verbundene höhere Kostenlast.
  2. Der Unterlassungsanspruch war im vorliegenden Fall auch nichtverwirkt; die jetzige Nutzung erfolgte zum Zeitpunkt der Antragstellung (Juli 2002) allenfalls seit 4 Jahren, sodass schon das für eine Verwirkung erforderliche Zeitmoment fehlt. Ob und in welchem Umfang die Räume zuvor gewerblich genutzt wurden, spielt keine Rolle, da in Anbetracht der erwähnten Grundsätze der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Frage der Verwirkung nur auf die konkrete abweichende Nutzung abgestellt werden kann. Über mit früherer Nutzung etwa verbundene Beeinträchtigungen gab es i. Ü. keinen konkreten Vortrag. Allerdings kann vom Antragsteller nicht jegliche gewerbliche Nutzung untersagt werden, da kein solcher allgemeiner Anspruch besteht, sondern für eine Untersagung stets auf die konkrete Abweichung von der vereinbarten Zweckbestimmung abgestellt werden muss.
  3. Mit dem Gebot der Unterlassung kann zugleich die Androhung von Ordnungsgeld beantragt werden (§§ 44, 45 Abs. 3 WEG a. F., § 890 ZPO).
 

Link zur Entscheidung

OLG Köln, Beschluss vom 23.07.2007, 16 Wx 25/07

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