Rückständige Mieten kann der Vermieter sowohl bei gewerblicher Vermietung als auch bei der Vermietung von Wohnraum im Urkundenprozess geltend machen, da der Schutzzweck des sozialen Mietrechts einer Anwendung des Urkundsverfahrens nicht entgegensteht.[1]

Dies gilt auch, wenn der Mieter eine Mietminderung wegen anfänglicher Mängel geltend macht oder die Einrede des nicht erfüllten Vertrags erhebt. Grundsätzlich muss zwar der Vermieter beweisen, dass er die Wohnung in mangelfreiem Zustand übergeben hat. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Mieter die Wohnung als Erfüllung angenommen hat, ohne die Mängel vorab zu rügen.

Behält sich der Mieter jedoch bei der Annahme der Mietsache seine Rechte wegen eines Mangels vor, ist eine spätere Klage auf Zahlung von rückständiger Miete im Urkundenprozess nur dann statthaft, wenn unstreitig ist oder der Vermieter urkundlich beweisen kann, dass der Mieter trotz des erklärten Vorbehalts die Mietsache als Erfüllung angenommen hat.[2]

Ist dies unstreitig oder kann der Vermieter durch Urkunden (z. B. Übergabeprotokoll, Kontoauszug) beweisen, dass der Mieter die Wohnung rügelos angenommen hat, führt das zu einer Beweislastumkehr zulasten des Mieters (§ 363 BGB) und ermöglicht dem Vermieter weiterhin, seine Ansprüche im Urkundenprozess geltend zu machen.[3]

Daher steht der Statthaftigkeit des Urkundenprozesses nicht entgegen, dass der Mieter Mängel der Mietsache behauptet und der Anspruch auf die Miete gem. § 536 Abs. 1 BGB von Gesetzes wegen ganz oder teilweise erloschen sein könnte. Sind dagegen erhebliche Mängel der Mietsache zwischen den Parteien unstreitig und damit nicht beweisbedürftig, steht fest, dass die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert ist. Die Höhe der dann nur noch geschuldeten geminderten Miete ergibt sich nicht mehr aus dem Mietvertrag mit der Folge, dass die Miete i. d. R. nicht mehr im Urkundenprozess eingeklagt werden kann.[4]

 
Hinweis

Mängelnachweis im Wohnungsübergabeprotokoll

Dementsprechend ist eine Mietzinsklage im Urkundenprozess wegen unberechtigter Mietminderung unstatthaft, wenn der Mieter anhand des Wohnungsübergabeprotokolls gelistete Mängel bei Wohnungsübergabe und die Zusage der Mängelbeseitigungen anhand Schreiben der Hausverwaltung nachweisen kann; der Vermieter dagegen die Mängelbeseitigung nicht durch Urkunden beweisen kann.[5]

Gleiches gilt, wenn die Mietsache unstreitig mit einem anfänglichen Mangel (hier: Ungezieferbefall) behaftet war und der Vermieter die vom Mieter bestrittene Beseitigung des Mangels nicht urkundlich zu beweisen vermag, weil dann zugleich feststeht, dass der Vermieter auch die Höhe der kraft Gesetzes geminderten Miete[6] nicht urkundlich beweisen kann.[7]

 
Hinweis

Betriebskostennachzahlung

Im Urkundenprozess können auch Ansprüche des Vermieters auf Betriebskostennachzahlungen aus Wohnraummietverträgen geltend gemacht werden.

Insofern genügt für ein wirksames Bestreiten der vom Vermieter im Urkundenprozess vorgetragenen Quadratmeterzahlen, dass der Mieter diesen Zahlen das Ergebnis seiner, wenn auch laienhaften, im Rahmen seiner Möglichkeiten liegenden Vermessung der Mietwohnung entgegenhält. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Mietwohnung im Dachgeschoss befindet und daher wegen Schrägen oder Winkeln eine zutreffende Ermittlung der tatsächlichen Wohnfläche kompliziert sein kann.[8]

Im zweiten Rechtszug kann allerdings vom Urkundenprozess nicht mehr Abstand genommen werden.[9]

[1] LG München I, Urteil v. 8.7.2004, 31 S 16274/03, NZM 2005 S. 63 unter Bezugnahme auf BGH, Beschluss v. 10.3.1999, XII ZR 321/97, NJW 1999 S. 1408.
[5] BGH, Urteil v. 20.10.2010, VIII ZR 111/09, WuM 2010 S. 761.

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