Leitsatz

Es widerspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, die Abrechnung zu genehmigen, obwohl ein Verwaltungsbeirat eine ablehnende Empfehlung gibt

 

Normenkette

§§ 28 Abs. 5, 29 Abs. 3 WEG

 

Das Problem

In einer in 2011 abgehaltenen Versammlung der Eigentümer wird die Abrechnung 2010 genehmigt, obwohl ein Mitglied des Verwaltungsbeirats die Abrechnung nicht abschließend prüfen konnte und dazu rät, die Abrechnung noch nicht zu genehmigen.

 

§ 29 WEG (Verwaltungsbeirat)

[...]

(3) Der Wirtschaftsplan, die Abrechnung über den Wirtschaftsplan, Rechnungslegungen und Kostenanschläge sollen, bevor über sie die Wohnungseigentümerversammlung beschließt, vom Verwaltungsbeirat geprüft und mit dessen Stellungnahme versehen werden.

 

Entscheidung

  1. Die Genehmigung der Abrechnung entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Dem stehe nicht entgegen, dass ein Verwaltungsbeirat die Jahresabrechnungsunterlagen nicht abschließend geprüft und eine ablehnende Empfehlung in der Versammlung gegeben hat.
  2. Aus dem Wortlaut des § 29 Abs. 3 WEG folge bereits nur, dass der Verwaltungsbeirat die Unterlagen mit einer Empfehlung versehen solle. Da die Erfüllung der Pflicht durch den Verwaltungsbeirat nicht erzwungen werden könne, bedeute die Nichtwahrnehmung oder die nicht vollständige Wahrnehmung der Pflicht nicht, dass der Beschluss über die Genehmigung der Abrechnung allein aus diesem Grund für ungültig zu erklären sei. Es gäbe außerdem keine Pflicht der Wohnungseigentümer, den Empfehlungen des Verwaltungsbeirats zu folgen. Vielmehr läge in dessen Rat lediglich eine pflichtgemäße Meinungsäußerung – bestenfalls mit fundierter Grundlage. Eine Richtigkeit ergäbe sich aus alldem nicht zwingend und daher auch keine Pflicht, den empfohlenen Weg einer Ablehnung der Abrechnung mitzugehen.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Nach § 29 Abs. 3 WEG sollen die Verwaltungsbeiräte – die in ihrer Gesamtheit den "Verwaltungsbeirat" als Institution bilden – u.a. die Abrechnung über den Wirtschaftsplan, bevor über sie beschlossen wird, prüfen und mit einer Stellungnahme versehen.
  2. Kommt der Verwaltungsbeirat seiner Prüfungsaufgabe nicht nach, ist die Nichtprüfung als solche unerheblich und gibt keinen Anfechtungsgrund ab. Allein aufgrund einer fehlenden Prüfung kann ein Genehmigungsbeschluss nach § 28 Abs. 5 WEG nicht für ungültig erklärt werden (BayObLG v. 15.4.2004, 2Z BR 235/03, ZMR 2004 S. 358; KG v. 25.8.2003, 24 W 110/02, NZM 2003 S. 901). Es handelt sich sowohl bei § 29 Abs. 3 WEG als auch bei einer ihm entsprechenden eventuellen Bestimmung der Gemeinschaftsordnung um eine Sollvorschrift, deren Nichtbeachtung den Beschluss nicht notwendigerweise ungültig macht (LG Baden-Baden v. 12.2.2009, 3 T 87/07, ZMR 2009 S. 473).
  3. Nichts anderes gilt, wenn der Verwaltungsbeirat meint, Abrechnungsmängel erkannt zu haben. Die Genehmigung der Abrechnung ist nicht ordnungswidrig, weil ein oder der Verwaltungsbeirat meint, Mängel erkannt zu haben. Die Genehmigung der Abrechnung ist erst dann ordnungswidrig, wenn diese Mängel auch vorliegen.

Was ist für den Verwalter wichtig?

  1. Der Verwalter sollte den Mitgliedern des Verwaltungsbeirats seine Abrechnung rechtzeitig vor der Versammlung vorlegen. Soweit möglich, sollte der Verwalter gemeinsam mit dem Verwaltungsbeirat sämtliche möglichen Beanstandungen besprechen und einvernehmlich regeln.
  2. Gibt der Verwaltungsbeirat eine schriftliche Stellungnahme ab – die zu empfehlen ist – sollte diese gemeinsam mit der Ladung zur Versammlung den Wohnungseigentümern übersandt werden.
  3. Meint der Verwaltungsbeirat, Mängel festgestellt zu haben, sollte der Verwalter hierzu – können die Differenzen im Vorfeld der Versammlung nicht ausgeräumt werden – in der Versammlung in sachlicher und höflicher Form zu den Beanstandungen seinerseits Stellung nehmen und berichten, warum er selbst keinen Anlass sieht, die Abrechnung zu ändern. Die Stellungnahme des Verwalters sollte in der Niederschrift dargestellt werden.
  4. Kommt es aus Anlass einer Beanstandung des Verwaltungsbeirats oder aus anderen Gründen zu einer Änderung der Abrechnung – die vor ihrer Genehmigung nur Entwurf ist –, ist das kein Problem. Es muss dann bei der Genehmigung nur klargestellt werden, mit welchen Maßgaben der Entwurf genehmigt wird – welche Änderungen der Entwurf also erfahren hat. Dass der Verwalter nachträglich eine Gesamtabrechnung sowie Einzelabrechnungen erstellt, die den Maßgaben entsprechen, ist nicht zwingend, aber u.a. aus Gründen der Transparenz ratsam.
 

Link zur Entscheidung

LG Berlin, Urteil v. 19.4.2013, 55 S 170/12 WEG

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