Leitsatz

  1. Die Gemeinschaft kann anfängliche Baumängelgewährleistungsansprüche durch Beschluss "an sich ziehen" (wie BGH, NJW 2007, 1952 ff.)
  2. Grundsätzliche Verpflichtung der Gemeinschaft, auch individuell störende Schallmängel (hier: vom gemeinschaftlichen Treppenpodest und der Wendeltreppe einer Nachbarwohnung ausgehend) gegen den veräußernden Bauträger – insbesondere nach bereits begonnener Anspruchsverfolgungweiterzuverfolgen
 

Normenkette

§ 21 Abs. 3 WEG a. F.

 

Kommentar

  1. Zum Sachverhalt:

    Ein 1998 vom Verwalter gegen den ehemaligen Bauträger eingeleitetes selbstständiges Beweisverfahren in der Mehrhausanlage gelangte u. a. zu dem Ergebnis eines ungenügenden Trittschallschutzes in einem Haus. In der nachfolgenden ordentlichen Eigentümerversammlung (Juni 2004) wurde zu einem Unterpunkt der Verwalter durch Beschluss ermächtigt, in eigenem Namen mit Wirkung für und gegen die Gemeinschaft als Prozessstandschafter rechtliche Schritte gegen den Bauträger-Verkäufer einzuleiten. Zudem wurde beschlossen, in einer außerordentlichen Versammlung zu befinden, welche weiteren Ansprüche klageweise geltend zu machen seien. In dieser außerordentlichen Versammlung im Dezember 2004 wurden nun unterschiedliche Ansichten zum Anspruch auf einen erhöhten Schallschutz referiert und einstimmig beschlossen, dass die vom Sachverständigen geforderten Messungen nicht durchgeführt wurden. In einer weiteren Versammlung im Juli 2005 wurde nach streitiger Diskussion mehrheitlich beschlossen, "keine Klage einzureichen; gegen eine Klage stimmten ... (die Mehrheit), für eine Klage stimmten ... (Eigentümerminderheit)". Dieser Beschluss wurde angefochten und durch Antrag zusätzlich gefordert, die Gemeinschaft zu verpflichten, den ersten Beschluss vom Juni 2004 im besagten Unterpunkt durch die ermächtigte Verwaltung vollziehen zu lassen (weitere Mängelbeseitigung durch den Bauträger-Verkäufer).

    Die Anfechtung hatte vor dem Amtsgericht teilweise Erfolg (Ungültigkeit des Beschlusses insgesamt und Verpflichtung der Gemeinschaft allerdings nur dahingehend, die Verwaltung zu beauftragen und zu ermächtigen, für die Gemeinschaft rechtliche Schritte gegen den Bauträger-Verkäufer zu ergreifen, um ihn durch gerichtliche Entscheidung zu verpflichten, eine dem Stand der Technik genügende Schallisolierung des Treppenpodestes vor der Wohnung der Antragstellerseite sowie der Wendeltreppe in der darüberliegenden Wohnung zu gewährleisten). Beschwerden der Beteiligten gegen die amtsgerichtliche Entscheidung hat das Landgericht zurückgewiesen; dagegen erhoben sowohl die Wohnungseigentümergemeinschaft als auch die Verwaltung Rechtsbeschwerde.

    Der Senat hält das Rechtsmittel des Verwalters für unzulässig und die Rechtsbeschwerde der Gemeinschaft für unbegründet.

  2. Aus den Gründen:

    2.1 Gegner eines Anfechtungsantrags ist nicht die – zwischenzeitlich teilrechtsfähige – Gemeinschaft als solche; vielmehr sind es die Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Antragstellers (Klägers), vgl. § 46 Abs. 1 WEG und ausdrücklich BGHZ 163, 154 ff.

    Demgegegenüber ist in diesem Prozess die teilrechtsfähige Gemeinschaft Gegnerin des gestellten Verpflichtungsantrags. Eine Gemeinschaft kann nämlich durch Mehrheitsbeschluss die Durchsetzung anfänglicher ordnungsgemäßer Herstellungs- bzw. Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum "an sich ziehen". Macht sie von dieser Möglichkeit Gebrauch, begründet dies auch ihre alleinige Zuständigkeit (vgl. BGH, NJW 2007, 1952 ff.). Aus diesem Grund kann sie auch grds. durch das Gericht entsprechend verpflichtet werden.

    2.2. Ist ein Verwalter allerdings in seiner materiellen Rechtsstellung von einer Gerichtsentscheidung als Voraussetzung für eine Zulässigkeit seines Rechtsmittels nicht nachteilig betroffen, fehlt ihm die erforderliche Beschwer. Im vorliegenden Fall ist der Verwalter allenfalls im Wege eines Reflexes betroffen, da er aufgrund etwaiger Beschlussungültigkeit letztlich in Zukunft noch weitere, bestimmte Tätigkeiten zu entfalten hat.

    2.3. Wird nur ein Unterpunkt eines Beschlusses angegriffen (wie hier), verbietet sich eine Ungültigkeit des Beschlusses insgesamt. Aus diesem Grund war eine entsprechende Klarstellung im Tenor der Senatsentscheidung erforderlich.

    Die Anfechtung des vorliegenden Negativbeschlusses in der Versammlung vom Juli 2005 (Unterpunkt "Schallisolierung ...") war vorliegend zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlte nicht schon deshalb, weil die Anfechtung mit einem Leistungsantrag, nämlich einem Verpflichtungsantrag verbunden wurde. Der Beschluss "keine Klage zu den Treppenpodest- und Wendeltreppen-Schallmängeln einzureichen" war ungültig, da er ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 3 WEG a. F. widerspricht.

    Die Gemeinschaft kann solche Mängelgewährleistungsansprüche durch Mehrheitsbeschluss an sich ziehen, insbesondere eine ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums nach gemeinschaftlichem Willen herbeiführen. Zudem verhindert eine solche gemeinschaftliche, allein verbindliche Willensbildung, d...

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