Leitsatz

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer muss nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG die Gebührenpflichten der Wohnungseigentümer als deren gemeinschaftsbezogene Pflichten wahrnehmen. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer darf deshalb in einer Gebührensatzung als Inhaltsadressatin eines Straßenreinigungsgebührenbescheids bestimmt werden.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 6 Satz 3 WEG

 

Das Problem

  1. Die Stadt Wurzen erlässt gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – die im Bescheid zuerst genannt ist; nach einem Leerzeichen werden dann auch die Wohnungseigentümer genannt – einen Bescheid. Danach soll die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Straßenreinigungsgebühren für das Jahr 2012 bezahlen. Gegen diesen Bescheid klagt die Gemeinschaft.
  2. Das VG Leipzig weist die Klage ab und lässt die Berufung nicht zu. Der Bescheid stünde nicht im Widerspruch zum "abgaberechtlichen Bestimmtheitsgebot". Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei nicht Inhalts-, sondern Bekanntgabeadressatin. § 14 der Wurzener Straßenreinigungs- und Gebührensatzung sehe für Wohneigentum vor, dass die Gebühr einheitlich für das Gesamtgrundstück festgesetzt und in einem Bescheid dem Verwalter zugestellt werde. Eine entsprechende Regelung finde sich auch in § 3 Nr. 4 der Gebührensatzung über die Straßenreinigung. Gegen diese Regelungen sei weder landes- noch bundesrechtlich etwas zu erinnern. Dass in § 9 der Straßenreinigungs- und Gebührensatzung die Wohnungseigentümer als Gebührenschuldner benannt würden, stehe dem nicht entgegen. Die Norm eröffne in noch vertretbarer Weise unterschiedliche Handhabungen in Abhängigkeit davon, ob ein Verwalter bestellt worden sei oder nicht.
  3. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beantragt nun, dass das Sächsische OVG die Berufung zulässt. Ihrer Ansicht nach ist § 9 der Straßenreinigungs- und Gebührensatzung eindeutig. Gebührenschuldner seien die Wohnungseigentümer.

    § 9 Gebührenschuldner

    (1) Gebührenschuldner ist, wer im Zusammenhang mit einem Grundstück, das eine gemeinsame Grenze mit dem Straßengrundstück einer öffentlich gereinigten Straße besitzt (Anliegergrundstück) oder in anderer Weise durch eine öffentlich gereinigte Straße erschlossen wird (Hinterliegergrundstück),

    • als Eigentümer des Grund und Bodens, der Gebäude, der sonstigen Bestandteile oder des Zubehörs,
    • als Erbbauberechtigter,
    • als Wohnungseigentümer, Teileigentümer, Wohnungserbbauberechtigter oder Teilerbbauberechtigter nach dem Wohnungseigentumsgesetz

    [...]

    § 14 der Straßenreinigungs- und Gebührensatzung bestimme lediglich, dass bei Wohnungseigentümern die Gebühr einheitlich festgesetzt werde.

    § 14 Wohnungseigentum

    Bei Wohnungseigentümern, Teileigentümern, Wohnungserbbauberechtigten nach dem Wohnungseigentumsgesetz (Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht vom 15.3.1951, BGBl. I S. 175 in der jeweils gültigen Fassung) wird die Gebühr einheitlich für das Gesamtgrundstück festgesetzt und in einem Bescheid dem Verwalter zugestellt.

    Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei "zum einen als Verwalterin Zustellungsadressat nach § 14 der Straßenreinigungs- und Gebührensatzung und zum anderen nach § 9 Abs. 1 der Straßenreinigungs- und Gebührensatzung einer der Gebührenschuldner". Angesichts des "eindeutigen Wortlauts der Straßenreinigungs- und Gebührensatzung" bedürfe es einer Heranziehung allgemeiner zivilrechtlicher Grundsätze, wonach "auch die Wohnungseigentümergemeinschaft für Verbindlichkeiten hafte", nicht. Es liege auch ein Verstoß gegen das "abgabenrechtliche Bestimmtheitsgebot" vor. Eindeutig lasse sich die "Eigentümergemeinschaft" nach dem angefochtenen Bescheid nicht bestimmen. Dadurch, dass die Aufzählung der Abgabenpflichtigen durch Semikola voneinander abgetrennt sei, ergebe sich eine Gleichwertigkeit der einzelnen Aufgezählten. Es bleibe somit offen, wer Abgabenschuldner sei.

 

Die Entscheidung

  1. Ohne Erfolg! Das Urteil des VG Leipzig begegne keinen ernstlichen Zweifeln. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestünden, wenn der Antragsteller des Zulassungsverfahrens einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des VG mit schlüssigen Gegenargumenten so infrage stelle, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens ungewiss erscheine. So liege es nicht.
  2. Der Bescheid sei inhaltlich hinreichend bestimmt. Notwendiger Gegenstand eines Abgabenbescheids sei unter anderem der Abgabenpflichtige (Hinweis auf § 3 Abs. 1 Nr. 4c SächsKAG i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 2 AO). Hier sei auf dem Bescheid als Abgabenpflichtiger die "Eigentümergemeinschaft" angegeben, die in der Folge durch ihre einzelnen Mitglieder sowie die Adresse näher bestimmt werde. Mit der Bezeichnung "Eigentümergemeinschaft" nehme der Bescheid sinngemäß Bezug auf die in § 10 Abs. 6 WEG genannten Begriffe "Gemeinschaft der Wohnungseigentümer" und "Wohnungseigentümergemeinschaft". Mit den Begriffen werde der "teilrechtsfähige Verband" bezeichnet, der nach § 10 Abs. 6 WEG im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigen...

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