Leitsatz

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann als (Mit-)Eigentümerin von Grundbesitz in das Grundbuch eingetragen werden.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 6 Satz 1 WEG

 

Das Problem

  1. In einem Teileigentumsgrundbuch ist ein 4/1000stel Miteigentumsanteil an einem Grundstück gebucht, verbunden mit dem Sondereigentum an einem Mehrfachparker (hier: Vierfachparker). Als Miteigentümer zu ½ ist B eingetragen. B darf die beiden oberen Parkplätze gebrauchen. Mit seinem Miteigentumsanteil ist außerdem das Sondernutzungsrecht an 4 im Freien gelegenen Stellplätzen verbunden.
  2. B überträgt die Hälfte seines Miteigentumsanteils auf eine benachbarte Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die B2. B2 soll berechtigt sein, den Stellplatz "links oben" sowie die 4 im Freien gelegenen Stellplätze zu gebrauchen. Das Recht zur ausschließlichen Nutzung des weiteren Stellplatzes "rechts oben" soll B verbleiben.
  3. Das Grundbuchamt weist entsprechende Eintragungsanträge zurück. Es meint, der Inhalt der Urkunde sei nicht eintragungsfähig. Trotz Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer könne diese kein (Mit-)Eigentum an einer Teileigentumseinheit erwerben. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde.
 

Die Entscheidung

  1. Mit Erfolg! Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer könne im Rahmen der ihr nach § 10 Abs. 6 Satz 1 WEG zuerkannten Rechtsfähigkeit, somit "im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums", sowohl gegenüber Dritten als auch gegenüber Wohnungseigentümern Rechte erwerben und Pflichten eingehen. Auch § 10 Abs. 7 WEG sehe die Möglichkeit des Erwerbs von Sachen – ohne Differenzierung zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen – und Rechten als Maßnahme der Verwaltung vor. Die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei zwar nicht umfassend ausgestaltet, sondern bleibe auf diejenigen Teilbereiche des Rechtslebens beschränkt, bei denen die Wohnungseigentümer im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums als Gemeinschaft am Rechtsverkehr teilnehmen. Im Hinblick auf den weit zu verstehenden Verwaltungsbegriff und mit Blick auf das Erfordernis des Schutzes des Rechtsverkehrs scheitere ein Immobilienerwerb aber erst dann an fehlender Beschluss- oder Vereinbarungskompetenz, wenn der Erwerb offenkundig keine Maßnahme der Verwaltung darstelle.
  2. Nach diesen Grundsätzen könne die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Inhaberin des gegenständlichen Viertel-Anteils sein und als Miteigentümerin eingetragen werden. Den Gegenstand des Erwerbs bilde zwar ein Bruchteil an dem Teileigentum, das seinerseits als besonders ausgestaltetes Miteigentum nach Bruchteilen angelegt sei. Als solcher sei der Bruchteil aber seinem Wesen nach dem Alleineigentum gleichartig und unterliege daher den Regeln des Eigentums, soweit sich nicht aus Sinn und Zweck der in Rede stehenden sachenrechtlichen Norm etwas anderes ergebe.
  3. Offen bleiben könne, ob das Grundbuchamt mit Blick auf die Beschränkung der Rechtsfähigkeit einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf Verwaltungsmaßnahmen (§§ 20 ff. WEG) und das Legalitätsprinzip den Verwaltungscharakter des Erwerbsgeschäfts und damit auch der Eintragungsbewilligung im Einzelfall zu prüfen habe. Dass der Eigentumserwerb durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer der Sicherung ausreichender Stellplatzflächen für die Wohnungseigentumsanlage diene und daher eine Verwaltungsmaßnahme im Sinne von § 10 Abs. 6 Satz 1 WEG darstelle, könne im Rahmen der freien Beweiswürdigung als nachgewiesen angesehen werden.
  4. Auf die Frage, ob das Grundbuchamt die Ordnungsmäßigkeit der Verwaltungsmaßnahme prüfen müsse, komme es nicht an. Weil der Erwerb hier auf einem allstimmigen Willensentschluss der Wohnungseigentümer beruhe, greife die für Mehrheitsbeschlüsse geltende Beschränkung auf Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung gemäß § 21 Abs. 3 WEG nicht.
 

Kommentar

Anmerkung:

  1. Erwerben mehrere Personen gemeinsam ein Wohnungseigentum, was häufig bei Mehrfachparkern festzustellen ist, bilden diese Personen eine nicht rechtsfähige Gemeinschaft nach Bruchteilen. Innerhalb dieser Gemeinschaft gelten nicht die Vorschriften des WEG, sondern die Bestimmungen des BGB zur Gemeinschaft. In Bezug auf eine solche Gemeinschaft ist unter anderem Folgendes wichtig:

    • Die Verwaltung des entsprechenden Wohnungseigentums steht den Teilhabern grundsätzlich gemeinschaftlich zu. Dies gilt für das Sondereigentum, aber auch für das Miteigentum.
    • Die Teilhaber haben mit Stimmenmehrheit über eine ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung zu beschließen. Das Stimmrecht bemisst sich nicht an der Anzahl der Teilhaber, sondern nach der Größe ihrer Anteile am Wohnungseigentum.
    • Jeder Teilhaber, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder durch Beschluss geregelt ist, kann eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen.
    • Jeder Teilhaber ist berechtigt, die zur Erhaltung des Wohnungseigentums notwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der...

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