Leitsatz

Der Kindesvater erstrebte die gemeinsame elterliche Sorge mit der Kindesmutter für das gemeinsame im Jahre 2009 geborene nichteheliche Kind. Die Eltern hatten in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt. Nach ihrer Trennung im Februar 2010 kam es zwischen ihnen zu Meinungsverschiedenheiten bezüglich einer Umgangsregelung. Unter Vermittlung des Jugendamtes konnte im Sommer 2010 zunächst eine Umgangsregelung einvernehmlich erreicht werden. Seit Ende 2010 entfachte allerdings neuer Streit zwischen den Eltern darüber, ob die gemeinsame Tochter von dem Kindesvater während der Aufenthalte bei ihm ausreichend versorgt wird.

Die Kindeseltern warfen sich wechselseitig Nachlässigkeit in der Versorgung der Tochter vor.

Es kam sodann zu erneuter Anhängigkeit eines Umgangsrechtsverfahrens. Auf die Beschwerde des Kindesvaters gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Familiengerichts, die seinen Antrag zurückgewiesen hatte, hat das OLG den Eltern die Sorge gemeinsam übertragen und der Kindesmutter nur das Aufenthaltsbestimmungsrecht alleine belassen.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG verwies in seiner Entscheidung zunächst auf die Entscheidung des BVerfG vom 21.07.2010, wonach bis zur Neuregelung des § 1672 Abs. 1 BGB auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder ein Teil der elterlichen Sorge auf die unverheirateten Eltern gemeinsam zu übertragen sei, soweit erwartet werden könne, dass dies dem Kindeswohl entspreche (BVerfG Beschl. v. 21.7.2010 - 1 BvR 420/09).

Bei der vorzunehmenden Prüfung müssten die Belange des Kindes maßgeblich berücksichtigt werden. Die Zugangsvoraussetzungen zur gemeinsamen Sorge dürften allerdings dabei nicht zu hoch angesetzt werden.

Es entspreche grundsätzlich dem Wohl des Kindes, wenn es in dem Bewusstsein lebe, dass beide Elternteile gemeinsam Verantwortung trügen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn das Kind zu beiden Elternteilen eine gute Beziehung habe bzw. wenn sich beide um das Kind kümmerten und Kontakt mit ihm pflegten.

Eine gemeinsame elterliche Sorge könne allerdings dann nicht angebracht sein, wenn zwischen den Eltern ein Mindestmaß an Übereinstimmung fehle und sie weder kooperationsfähig noch kooperationsbereit seien (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2011, 1662, 1663, Beschl. v. 22.3.2011 - 10 UF 2/11). Im vorliegenden Fall kam das OLG zu dem Ergebnis, dass die Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Kindeseltern nicht so gestört seien, dass sie nicht in der Lage seien, sich über die wesentlichen Belange ihres Kindes zu einigen.

Die Vorwürfe der Kindesmutter, der Kindesvater gehe bei Ausübung der Umgangskontakte nicht mit der zu erwartenden Gewissenhaftigkeit bei der Betreuung der Tochter vor, wertete das OLG als Überreaktion ihrerseits, die nicht gegen eine Übertragung der gemeinsamen Sorge sprechen müsse. Entscheidend sei das Engagement des Kindesvaters bezüglich seiner Mitverantwortung für die generelle Entwicklung seines Kindes. Insoweit könne ihm nicht vorgeworfen werden, sich nicht ausreichend um seine Tochter zu kümmern.

Zur Stärkung der Position der Kindesmutter und zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten reiche es aus, ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein zu übertragen. Auf diese Weise sei gewährleistet, dass die Tochter bis auf die Umgangskontakte in der Obhut der Mutter verbleibe und ihr insoweit allein überlassen werde, die Angelegenheiten des täglichen Lebens zu regeln.

 

Hinweis

Die Leitsätze der Entscheidung des OLG entsprechen der Übergangsregelung des BVerfG und der bislang hierzu ergangenen Rechtsprechung, wonach - ähnlich wie beim Umgangsrecht der Großeltern - eine positive Kindeswohlprüfung stattzufinden hat.

Der Referentenentwurf des BMJ zur Reform des Sorgerechts nicht miteinander verheirateter Eltern vom 02.04.2012 sieht demgegenüber in § 1626a Abs. 2 BGB n.F. eine negative Kindeswohlprüfung vor. Danach wird die elterliche Sorge auf beide Eltern gemeinsam übertragen, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt die Mutter keine solchen Gründe vor und sind solche auch nicht ersichtlich, wird sogar vermutet, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl entspricht.

Derzeit ist noch unklar, ob der Referentenentwurf tatsächlich Gesetz wird, da hiergegen von verschiedenen Seiten durchgreifende Bedenken angemeldet worden sind.

 

Link zur Entscheidung

OLG Köln, Beschluss vom 12.03.2012, 4 UF 267/11

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