Verjährung

Nach der Bestimmung des § 199 Abs. 5 BGB wird bei Ansprüchen, die auf das Unterlassen einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung gerichtet sind, mit jeder Zuwiderhandlung eine erneute Verjährungsfrist in Gang gesetzt.[1] Unterlassungsansprüche können insoweit nicht verjähren. Wird eine Sondereigentumseinheit zweckbestimmungswidrig genutzt, verjährt der Unterlassungsanspruch nicht, solange die Nutzung anhält.[2]

Verwirkung

Unterlassungsansprüche können verwirkt werden. Die Einwendung der Verwirkung ist anders als die Einrede der Verjährung vom Gericht von Amts wegen zu prüfen. Die Verwirkung ist dabei ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und liegt dann vor, wenn ein Anspruch längere Zeit nicht geltend gemacht wird und besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben anzusehen ist. Die Verwirkung setzt also ein sog. "Zeitmoment" und ein sog. "Umstandsmoment" voraus. Allein ein im Einzelfall auch sehr langer Zeitablauf kann noch keine Verwirkung begründen, vielmehr müssen Umstände hinzutreten, die darauf schließen lassen, dass der Anspruchsinhaber seinen Anspruch nicht mehr geltend machen wird und der Anspruchsgegner sich hierauf eingestellt hat.[3]

 
Praxis-Beispiel

Rollstuhlrampe für Pflegedienst in der Wohnung

Eine Wohnungseigentümerin hat ihre Wohnung an einen Pflegedienst vermietet, der bereits seit 10 Jahren in der Wohnung Pflegedienstleistungen für ältere Personen erbringt. Immer mehr der Betreuten sind mittlerweile auf einen Rollstuhl bzw. zumindest einen Rollator angewiesen. Die Wohnungseigentümerin hat deshalb eine Beschlussfassung über die Genehmigung des Anbaus einer Rollstuhlrampe im Bereich des Zugangs zur Wohnanlage initiiert. Der mehrheitlich gefasste Beschluss ist bestandskräftig und die Rollstuhlrampe errichtet. Unterlassungsansprüche wären nunmehr verwirkt.

Andererseits reicht die bloße Kenntnis vom zweckwidrigen Gebrauch oder eine bloße Untätigkeit der Wohnungseigentümer oder des Verwalters nicht für eine Verwirkung von Unterlassungsansprüchen aus.[4]

Nicht eindeutig geklärt ist, ob die Verwirkung eines Unterlassungsanspruchs auch den Rechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers bindet. Der BGH hat diese Frage in einer jüngeren Entscheidung offengelassen.[5] Er hat sie aber in einer anderen Entscheidung bereits einmal dahingehend beantwortet, dass eine eingetretene Verwirkung bei einem langjährig andauernden Mietverhältnis in einem besonders gelagerten Einzelfall auch gegen den Rechtsnachfolger im Wohnungseigentum wirkt.[6] Aus diesseitiger Sicht ist jedenfalls kein Grund ersichtlich, warum eine Anspruchsverjährung gegen den Rechtsnachfolger wirkt[7], eine eingetretene Anspruchsverwirkung diesen aber nicht binden soll.[8]

Das bloße Untätigbleiben des Berechtigten über einen langen Zeitraum hinweg reicht nicht aus, damit der Unterlassungsanspruch verwirkt ist.[9] Setzt in einem solchen Fall der zweckbestimmungswidrig nutzende Wohnungseigentümer auch noch eine Zäsur, so wirkt sich dies auch negativ auf das Zeitmoment aus.

 
Praxis-Beispiel

Neuvermietungen innerhalb der letzten 8 Jahre

Ein Wohnungseigentümer vermietet seine Teileigentumseinheit bereits seit Jahrzehnten zu Wohnzwecken. Entsprechendes Einverständnis mit dieser zweckbestimmungswidrigen Nutzung hatten die übrigen Wohnungseigentümer zu keinem Zeitpunkt geäußert. Innerhalb der letzten 8 Jahre kam es insoweit auch zu Neuvermietungen.

Auch bei jahrzehntelanger zweckbestimmungswidriger Nutzung einer Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken kann der betreffende Teileigentümer nicht darauf vertrauen, dass auch künftig keine Unterlassungsansprüche geltend machen werden. Er hat durch die Neuvermietung nämlich eine Zäsur gesetzt. Lediglich die Untätigkeit des Berechtigten über einen langen Zeitraum reicht nicht aus, dass der Unterlassungsanspruch verwirkt ist.[10] Anders aber dann, wenn die Wohnungseigentümer jahrzehntelang mit der praktizierten Nutzung einverstanden waren und es insbesondere gerade nicht zu Neuvermietungen gekommen war.[11]

Unabhängig hiervon können Unterlassungsansprüche selbstverständlich verwirkt sein, wenn die Wohnungseigentümer konkludent oder ausdrücklich einer von der Teilungserklärung abweichenden Nutzung zustimmen.[12]

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