Leitsatz

Soweit die Gemeinschaftsordnung keine Vorgaben enthält, haben Wohnungseigentümer für die Regelung der Hundehaltung auf Freiflächen ein weites Ermessen, dessen absolute Grenzen lediglich durch ein vollständiges Tierhaltungsverbot einerseits sowie eine unbeschränkte Tierhaltungserlaubnis andererseits gebildet werden.

 

Normenkette

§§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 2, Abs. 3 WEG

 

Das Problem

  1. Die Wohnungseigentümer beschließen zum Tagesordnungspunkt (TOP) 3 wie folgt:

    "Außerhalb der gem. Teilungserklärung zugewiesenen Carport-Stellplätze ist das Parken ab sofort verboten. Falschparker werden zukünftig kostenpflichtig abgeschleppt. Lediglich kurzes Anhalten zum Be- und Entladen, sowie rücksichtsvolles Parken von Handwerkern und dem Gärtner sind zukünftig in diesem Bereich erlaubt. Der Fahrradstellplatz bietet bei gegenseitiger Rücksichtnahme Platz für maximal 6 Fahrräder. Fahrräder, die weniger häufig benutzt werden, sind im hinteren Bereich, häufig genutzte Fahrräder im vorderen Bereich abzustellen. Wegen der relativen Enge in diesem Bereich können Fahrradbesitzer andere Fahrräder, die das Herausnehmen ihres eigenen Fahrrades behindern, vorsichtig umrangieren. Dabei ist darauf zu achten, dass der daneben parkende Pkw nicht behindert oder beschädigt wird. Kraftfahrzeuge dürfen dort nicht mehr abgestellt werden."

  2. Zu TOP 4 beschließen die Wohnungseigentümer hingegen:

    "Hunde der Eigentümer und Mieter dürfen bis auf Widerruf auf den Rasenflächen spielen. Die Rasenflächen sind jedoch kein Hundeklo, sollten Hunde dennoch versehentlich auf dem Rasen koten, so ist dieser Kot unverzüglich und sorgfältig durch den Hundebesitzer zu entfernen. In keinem Fall dürfen Hunde der Bewohner Gäste oder Mitbewohner z.B. durch Anspringen belästigen."

  3. Wohnungseigentümer K beantragt, die zu TOP 3 und 4 gefassten Beschlüsse jeweils für nichtig, hilfsweise für ungültig zu erklären. Das AG weist die Klage ab. Mit seiner Berufung wendet sich K gegen diese Entscheidung.
 

Die Entscheidung

  1. Teilweise mit Erfolg! Der Beschluss sei hinsichtlich der Vorgabe für das Abstellen von Fahrrädern auf dem Fahrradstellplatz nichtig. Nichtig sei ein Beschluss insbesondere dann, wenn er infolge inhaltlicher Unbestimmtheit keine durchführbare Regelung enthalte (Hinweis unter anderem auf OLG Hamburg v. 27.3.2001, 2 Wx 149/00, ZMR 2002 S. 725). Das sei hier der Fall. Es sei unklar, wann ein Fahrrad "häufig" und wann es "weniger häufig" genutzt werde. Diese Unklarheit lasse sich auch nicht durch Auslegung beseitigen. Ein unbefangener Leser, etwa der spätere Erwerber einer Wohnungseigentumseinheit, könne unter der "häufigen Nutzung" eines Fahrrads dessen mehrmals wöchentlichen Gebrauch, gleichermaßen aber dessen zumindest tägliche Inanspruchnahme als Fortbewegungsmittel verstehen.
  2. Im Übrigen sei der Beschluss nicht zu beanstanden. Wohnungseigentümer seien berechtigt, nach § 15 Abs. 2 WEG zu beschließen, was ein zulässiger Gebrauch ist. Die Regelungen seien zwar restriktiv; sie lägen jedoch im Rahmen des den Wohnungseigentümern zustehenden großzügigen Ermessensspielraums, unter mehreren möglichen Regelungen eine solche zu treffen, die ihren Bedürfnissen entspricht. Ein Gericht könne derartige Beschlüsse lediglich auf Ermessensfehler hin überprüfen (Hinweis auf OLG Frankfurt a.M. v. 6.8.2003, 20 W 22/02, NZM 2004 S. 31). Derartige Ermessensfehler seien nicht erkennbar. Die Grenzen des Ermessens seien dort zu ziehen, wo ein zu billigender Gebrauch entweder gänzlich verboten oder einer dem Verbot faktisch gleichzusetzenden Reglementierung unterzogen werde (Hinweis auf BGH v. 10.9.1998, V ZB 11/98, NJW 1998 S. 3713). Das sei nicht der Fall. Unbedenklich seien auch die übrigen Regelungen hinsichtlich des Fahrradstellplatzes. Ein Verbot des Abstellens von Krafträdern liege im Rahmen des den Wohnungseigentümern zustehenden Ermessensspielraums. Der Stellplatzbereich sei offensichtlich allein dem Abstellen von Fahrrädern gewidmet. Das schließe zwar noch das Abstellen von Fahrrädern mit Hilfsmotor ein, nicht aber von ausschließlich motorbetriebenen Fahrzeugen.
  3. Die Klage habe in Bezug auf die Hundespielerlaubnis gar keinen Erfolg. Die Gemeinschaftsordnung schließe einen entsprechenden Beschluss nicht aus. Der Beschluss verlasse nicht die Grenzen des den Wohnungseigentümern durch § 15 Abs. 2 WEG zur Regelung eines ordnungsmäßigen Gebrauchs eingeräumten Ermessens.
  4. Dem Kläger sei allerdings Recht zu geben, dass der Beschluss auch das Spielen mit nicht angeleinten Hunden legitimiert. Das führe aber nicht dazu, dass die Regelung gegen § 2 Abs. 2 Nr. 4 des Gefahrhundegesetzes (GefHG) des Landes Schleswig-Holstein verstoßen könnte.

    § 2 GefHG (Allgemeine Pflichten)

    (1) Hunde sind so zu halten und zu führen, dass von ihnen keine Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgehen. Eine Hundehalterin oder ein Hundehalter darf einen Hund nur solchen Personen überlassen, die die Gewähr dafür bieten, den Hund sicher im Sinne des Satzes 1 zu führen.

    (2) Hunde sind an einer zur Vermeidung von Gefahren geei...

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