Leitsatz

Ein Gebäude im Sinne des WEG kann auch eine Anlage aus "schwimmenden Häusern" sein, wenn diese Anlage nach Maßgabe der §§ 93, 94 BGB fest mit dem Grund und Boden des Eigentümers verbunden ist.

 

Normenkette

§ 8 WEG

 

Das Problem

  1. B ist Eigentümerin eines Grundstücks, das sich am Ufer eines Flusses befindet. Auf dem Grundstück soll eine Ferienwohnanlage mit 60 Wohnungseigentumsrechten entstehen. Die jeweils im Sondereigentum stehenden Wohnungen sollen in 4 Anlagen zu je 15 Wohnungen auf Kombiplattformen entstehen, die jeweils über einen Steg mit dem Ufer verbunden sind. Die Kombiplattformen sollen mit Stahlrundrohren, die in den Baugrund unter dem Wasser gerammt werden, gesichert werden.
  2. B gibt in Bezug auf das Grundstück eine Teilungserklärung ab. Das Grundbuchamt will diese nicht vollziehen. Es meint, das Sondereigentum sei nicht mit dem Grund und Boden verbunden und damit nicht Bestandteil des Grundstücks. Hiergegen legt B Beschwerde ein.
 

Die Entscheidung

  1. Die Anträge sind nach Ansicht des Oberlandesgerichts – vorbehaltlich der noch vom Grundbuchamt vorzunehmenden Prüfung der Teilung auf mögliche behebbare Eintragungshindernisse und der Behebung etwaiger Mängel durch B – zu vollziehen. Bei den geplanten Anlagen aus "schwimmenden Häusern" handle es sich um Gebäude im Sinne des WEG.
  2. Es handle sich nicht bloß um Hausboote, die in ihrer Gesamtheit oder in die Bestandteile zerlegt in Schlepp genommen und anderweitig ohne wesentliche Zerstörungen und mit einigermaßen begrenztem Aufwand wieder aufgebaut werden könnten. Die Zerlegung der einzelnen Steganlagen in ihre Bestandteile würde zu massiven Zerstörungen führen. Ein Transport der Gesamtanlage wäre nicht nur wegen des hohen Gewichts, sondern auch wegen fehlender Kentersicherheit ohne die Verankerungen durch die Stege zum Ufer und die Stahlrundrohre nicht möglich. Vor allem aber stünden die vielfachen Verankerungen der Steganlagen mit dem Grund und Boden in ihrer Stabilität einer anderweitigen Verbindung, etwa durch ein Fundament aus Holzpfählen unter den Gebäuden, in nichts nach. Indem die Verankerungen vertikale Schwankungen des Wasserstandes ausglichen, sei die Verbindung der Wohneinheiten mit dem Grund und Boden im Ergebnis jedenfalls mindestens so sicher, als wenn die Häuser auf eine Plattform auf eingerammten Holzpfählen gebaut worden wären.
 

Kommentar

Anmerkung

Der Begriff "Gebäude" im Sinne des WEG ist ein Unterbegriff des Begriffs "Bauwerk". Unter einem Bauwerk ist eine unter Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache zu verstehen. Ein Gebäude kann über der Erde liegen – zum Beispiel Doppel- oder Mehrfamilienhäuser, Reihenhäuser, Garagen oder gegebenenfalls auch eine Fabrikhalle – oder unter ihr, zum Beispiel ein Gebäude der U- oder S-Bahn. Die Entscheidung arbeitet insoweit heraus, dass das die "Verbindung mit dem Erdboden" eine auf Stahlrundrohren sein kann.

Was ist für den Verwalter wichtig?

Wichtiger als der Begriff des Gebäudes ist für den Verwalter der Begriff der "Wohnung" (= Wohneinheit oder Einheit). Wohnung im Sinne des WEG sind alle zu demselben Wohnungseigentum gehörenden Einzelräume, die mit der jeweils gleichen Nummer gekennzeichnet sind. Zur "Wohnung" gehören daher die zusammenhängenden Räume. Zur Wohnung gehören aber auch andere Räume, soweit sie die gleiche Nummer haben. In diesen Räumen kann man in der Regel allerdings nicht wohnen. Es handelt sich vielmehr um "unselbstständiges" Teileigentum, meistens Keller- oder Bodenräume, im Einzelfall aber auch ein Mehrfachparkerraum.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 19.04.2016, 2 Wx 12/16

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