Leitsatz

  1. Nichtige Beschlussfassung zur Genehmigung des Baus einer Garage auf Sondernutzungsfläche, die nach Vereinbarung als "Gartenfläche" zweckbestimmt ist
  2. Bei möglicher Unterlassungsklage fehlt für eine Feststellungsklage das Rechtsschutzinteresse
  3. Zurückgewiesener einstweiliger Verfügungsantrag steht einer Hauptsacheentscheidung auf Verbot der Garagenerrichtung nicht entgegen
 

Normenkette

§§ 10, 22 WEG

 

Kommentar

  1. Bei möglicher und zumutbarer Klage auf Leistung fehlt einer abstrakten Feststellungsklage das Rechtsschutzinteresse. Vorliegend hat der Kläger im Berufungsverfahren entsprechenden Hilfsantrag auf Unterlassung gestellt. Eine solche Klageänderung ist auch im Berufungsverfahren nach § 533 ZPO zulässig, d.h. aus objektiver Sicht auch aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit sachdienlich. Da der Beklagte bereits die Baugenehmigung für seine Garagenerrichtung eingeholt und Bäume zum Zweck seines Bauvorhabens gefällt hatte, bestand auch eine konkret drohende Gefahr für den Kläger, sodass die Zulässigkeit seiner vorbeugenden Unterlassungsklage gegeben war.
  2. Der Unterlassungsanspruch ist auch gemäß § 1004 BGB, § 15 Abs. 3 WEG begründet, da dem Beklagten die Nutzung seines Gartenteils nach Vereinbarung ausdrücklich nur im Sinne einer "Gartenflächennutzung" erlaubt war. Insoweit handelt es sich nach objektiver Auslegung um eine Zweckbestimmung im engeren Sinne mit Vereinbarungscharakter, die auch nur durch erneute Vereinbarung geändert werden kann. Die Bebauung dieser Fläche mit einer Garage widerspricht einer solchen Vereinbarung "Gartennutzung". Insoweit bedarf es auch keiner Entscheidung, ob eine solche Umwidmung eine bauliche Veränderung darstellt, die ohnehin nur nach Grundsätzen des § 22 Abs. 1 WEG zulässig wäre. Die Veränderung einer vorhandenen gärtnerischen Gestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ist nämlich regelmäßig eine auf Dauer angelegte gegenständliche Veränderung realer Teile des Gemeinschaftseigentums und damit eine bauliche Veränderung, die über übliche Gartenpflege hinausgeht. Eine vorliegende Nutzung stört in typisierender Betrachtungsweise auch mehr als eine der Zweckbestimmung entsprechende Nutzung und stellt einen intensiveren Nutzungsgebrauch gegenüber einem gärtnerischen Gebrauch dar.
  3. Auch der hier bestandskräftige Beschluss aus dem Jahr 2008 rechtfertigt kein anderes Ergebnis, da es sich um einen auf Dauer vereinbarungsändernden Beschluss handelt, der nichtig ist.
  4. Wurde im vorausgehenden Verfahren der klägerische Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt, dem Beklagten die Errichtung der Garage zu verbieten, steht dies der nachfolgenden Hauptsacheentscheidung mit entgegengesetztem Ergebnis nicht entgegen, da im einstweiligen Rechtsschutzverfahren keinerlei Rechtskraftwirkung für den Hauptsacheprozess erzeugt wird. Ein Verfügungsverfahren soll die Durchführung des Hauptprozesses ermöglichen und tritt nicht etwa an dessen Stelle.
Anmerkung

Ohne Frage kann auch nicht über einen bestandskräftigen Genehmigungsbeschluss der Eigentümer auf Dauer eine Zweckänderung und Umwidmung von vereinbarten Nutzrechten zulasten anderer Eigentümer sanktioniert werden. Dies betrifft gleichermaßen zweckbestimmtes Sondereigentum wie auch Sondernutzungsrechte. Ist hier ausdrücklich eine zur Sondernutzung zugewiesene Grundstücksfläche als "Gartenfläche" einem Sondereigentum/Sondereigentümer zugewiesen, bedarf es sicher keiner Diskussion, dass auf einer solchen Gartenfläche nicht eine Garage errichtet werden kann. Ginge man nur von einer baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums auf dieser Fläche aus, könnte allerdings ein bestandskräftig gewordener Genehmigungsbeschluss so manche bauliche Veränderung bestätigen (man denke etwa an die Errichtung eines Gartenhäuschens oder an ein fest in den Boden einbetoniertes Schaukelgerüst); solche Veränderungen wären sicher gerade noch mit einer Gartenflächennutzung grundsätzlich vereinbar. Auf diese Problematik musste allerdings das Landgericht bei einem Garagenbau auf einer Gartenfläche zu Recht nicht speziell eingehen, da ein solcher Garagenbau sicher mit einer üblichen Gartennutzung nichts mehr zu tun hat und solche Zweckumwidmungen (auch teilweise) nur in Vereinbarung (mit Zustimmung aller Eigentümer) möglich und zulässig wären, nicht allerdings über einen Beschluss.

 

Link zur Entscheidung

LG Hamburg, Urteil v. 20.10.2010, 318 S 42/10, ZMR 2011 S. 161

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