Leitsatz

1. Ein nicht prozessfähiger Schuldner kann bei der Abgabe der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 51 Abs. 3 ZPO auch durch einen Vorsorgebevollmächtigten vertreten werden.

2. Ein Vorsorgebevollmächtigter ist anders als ein gerichtlich bestellter Betreuer nicht verpflichtet, für einen nicht prozessfähigen Schuldner die Vermögensauskunft und die eidesstattliche Versicherung abzugeben.

BGH, Beschl. v. 23.10.2019 – I ZB 60/18

1 I. Der Fall kurz zusammengefasst

Unterhaltsvollstreckung gegen verstorbenen Schuldner

Die Gläubigerin betreibt aus dem Vergleich wegen rückständiger Unterhaltsforderungen für die Jahre 2016 und 2017 die Zwangsvollstreckung. Der Schuldner ist während des Rechtsmittelverfahrens verstorben, die Erben noch nicht ermittelt.

Vorsorgevollmacht erteilt – Betreuerin bestellt

Der verstorbene Schuldner hatte die Rechtsbeschwerdegegnerin mit notarieller Urkunde zusammen mit einem weiteren Bevollmächtigten zu seiner Vertretung in allen Vermögensangelegenheiten bevollmächtigt, insbesondere zur Vertretung gegenüber Gerichten bei allen denkbaren Anträgen und Verfahrens- sowie Prozesshandlungen. Das AG hatte die Tochter des verstorbenen Schuldners zur Betreuerin für die Vertretung in familienrechtlichen Angelegenheiten, insbesondere dem Scheidungsverfahren, bestellt.

GV lädt Bevollmächtigte zur Abgabe der Vermögensauskunft

Der Gerichtsvollzieher (GV) hat die Bevollmächtigte zur Abgabe der Vermögensauskunft über das Vermögen des Schuldners geladen. Anwaltlich vertreten begehrte sie vergeblich die Aufhebung der Ladung. Die Erinnerung vor dem AG blieb erfolglos, während sie mit ihrer sofortigen Beschwerde die Aufhebung des Termins zur Abnahme der Vermögensauskunft erreichte. Hiergegen richtet sich nun die zugelassene Rechtsbeschwerde der Schuldnerin, die sie für erledigt erklärt hat, nachdem der Schuldner verstorben ist.

2 II. Aus der Entscheidung

Können heißt nicht Müssen

Die Entscheidung des LG, den Antrag der Gläubigerin zur Abgabe der Vermögensauskunft abzulehnen, stellte sich für den BGH im Ergebnis als richtig dar.

Der Bevollmächtigten, die durch ihre Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft gemäß §§ 802c, 802f ZPO beschwert und damit erinnerungsbefugt war, wäre es aufgrund der ihr erteilten Vorsorgevollmacht zwar gemäß § 51 Abs. 3 ZPO möglich gewesen, gemeinsam mit dem weiteren Bevollmächtigten die Vermögensauskunft abzugeben. Sie war dazu allerdings nicht verpflichtet, weshalb der Gerichtsvollzieher sie auch nicht zur Abgabe der Vermögensauskunft laden durfte.

Wer geladen wird, ist beschwert

Mit dem Rechtsbehelf der Erinnerung können Einwände gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung erhoben sowie Verstöße des GV gegen das von ihm bei der Zwangsvollstreckung zu beobachtende Verfahren gerügt werden (§ 766 Abs. 1 S. 1 ZPO). Der GV ist im Rahmen der ihm obliegenden Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO befugt, eine Vermögensauskunft des Schuldners gemäß § 802c ZPO einzuholen. Die Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft (§ 802f Abs. 1 ZPO) ist Teil des Verfahrens zur Abnahme der Vermögensauskunft und damit Teil der Zwangsvollstreckung (BGH NJW 2016, 3455 Rn 9). Ein Vorsorgebevollmächtigter kann unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 ZPO über das Vermögen des Vollmachtgebers wirksam eine Vermögensauskunft samt eidesstattlicher Versicherung gemäß § 802c ZPO abgeben.

Grundsatz: Schuldner muss Vermögensauskunft höchstpersönlich abgeben

Der Schuldner hat die Vermögensauskunft allerdings grundsätzlich selbst und nicht durch einen anwaltlichen oder sonstigen Bevollmächtigten abzugeben, weil die Abgabe der Vermögensauskunft eine Wissenserklärung ist und eine rechtsgeschäftliche Vertretung im Wissen nicht möglich ist (vgl. Zimmermann, DGVZ 2010, 221, 222). Für die eidesstattliche Versicherung gemäß § 802c Abs. 3 S. 1 ZPO folgt dies zudem aus der gemäß § 802c Abs. 3 S. 2 ZPO entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 478 ZPO, nach der der Eid von dem Schwurpflichtigen in Person geleistet werden muss.

Allerdings: Er muss prozessfähig sein

Der Schuldner muss bei Abgabe der Vermögensauskunft allerdings prozessfähig sein. Die Prozessfähigkeit ist jedenfalls dann Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung, wenn der Schuldner bei dieser mitwirken muss und nicht lediglich sichernde Maßnahmen zu treffen sind (BGH DGVZ 2011, 209). Nicht prozessfähige Schuldner werden bei der Abgabe der Vermögensauskunft durch einen gesetzlichen Vertreter wie insbesondere einen Betreuer vertreten (vgl. BGH NJW-RR 2009, 1).

Rechtsgeschäftliche Vertretung umstritten

Die Frage, ob ein nicht prozessfähiger Schuldner bei der Abgabe der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung außerdem gemäß § 51 Abs. 3 ZPO auch durch einen Vorsorgebevollmächtigten vertreten werden kann, ist umstritten.

§ 51 ZPO als Ausgangspunkt

Hat eine volljährige natürliche Person, die nicht prozessfähig ist, wirksam eine andere natürliche Person schriftlich mit ihrer gerichtlichen Vertretung bevollmächtigt, so steht diese Person nach § 51 Abs. 3 ZPO einem ge...

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