Leitsatz

Unterhält der Schuldner gesetzeswidrig zwei Pfändungsschutzkonten, steht dem Gläubiger die Wahl zu, welches Konto als P-Konto weitergeführt wird und welches Konto seinem freien Vollstreckungszugriff offen steht.

AG Parchim, 19.3.2015 – 8 M 2438/14

1 I. Der Fall

Schuldner hat zwei P-Konten

Durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde das Guthaben des Girokontos der Schuldnerin bei der Drittschuldnerin gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen. Die Drittschuldnerin teilte mit, dass es sich bei dem Konto um ein Pfändungsschutzkonto handele. Hierauf beantragte die Gläubigerin anzuordnen, dass nur das Konto der Schuldnerin bei einer anderen Bank als Pfändungsschutzkonto verbleibt.

2 II. Die Entscheidung

Gläubigerin führt einen entsprechenden Nachweis

Der Antrag ist gemäß § 850k Abs. 9 ZPO zulässig und begründet. Danach ordnet das Vollstreckungsgericht auf Antrag eines Gläubigers an, dass nur das von dem Gläubiger in dem Antrag bezeichnete Girokonto dem Schuldner als Pfändungsschutzkonto verbleibt. Für die Gläubigerin wurde vorgetragen und nachgewiesen, dass ausweislich der Drittschuldnererklärung der Drittschuldnerin und des von der Schuldnerin abgegebenen Vermögensverzeichnisses die Schuldnerin bei zwei Kreditinstituten jeweils ein Pfändungsschutzkonto führt.

Nur ein P-Konto ist zulässig

Gemäß § 850k Abs. 8 Satz 1 ZPO darf jede Person nur ein Pfändungsschutzkonto unterhalten. Da die Schuldnerin missbräuchlich mehrere Pfändungsschutzkonten führt, war auf Antrag der Gläubigerin obige Anordnung zu treffen. Eine Anhörung der Schuldnerin unterbleibt (§ 850k Abs. 9 Satz 3 ZPO).

3 Der Praxistipp

Drei Informationsquellen

Das AG hat die Rechtslage zur Führung eines P-Kontos zutreffend dargestellt. Neben den beiden genannten Informationsquellen, der Drittschuldnererklärung und dem von dem Schuldner vorgelegten Vermögensverzeichnis, steht dem Gläubiger auch die Vermögensauskunft Dritter nach § 850l ZPO als Informationsquelle zur Verfügung. Für die Praxis darf allerdings nicht übersehen werden, dass die Angaben gegebenenfalls zu unterschiedlichen Zeitpunkten gemacht oder erfasst wurden, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Schuldner die P-Konten lediglich gewechselt hat. Es ist allerdings Aufgabe des Schuldners, dies vorzutragen.

Wahlrecht nutzen

Wird festgestellt, dass der Schuldner über mehr als ein P-Konto verfügt, so lässt § 850k Abs. 9 ZPO dem Gläubiger die Wahl, welches dieser Konten als P-Konto weitergeführt wird und welches Konto seinem freien Zugriff zur Verfügung steht. Insoweit sollte der Gläubiger sich bemühen, in Erfahrung zu bringen, welches Konto über das größere Guthaben verfügt, sodass das andere Konto als P-Konto gewählt werden kann. Nach der hier vertretenen Auffassung haben beide Kreditinstitute als Drittschuldner hierüber im Rahmen des § 840 ZPO Auskunft zu geben, weil hinsichtlich beider Konten ein vollständiger Vollstreckungszugriff in Betracht kommt. Einklagbar ist diese Obliegenheit allerdings nicht.

Vorsätzlich unerlaubte Handlung prüfen

Weiterhin liegt der Fall nahe, dass der Schuldner eine falsche eidesstattliche Versicherung im Sinne des § 156 StGB abgegeben hat. Insoweit hat er im Vermögensverzeichnis einerseits verschwiegen, über ein weiteres Konto zur verfügen, andererseits, dass er zwei P-Konten unterhält. Soweit dadurch Vermögen dem Vollstreckungszugriff des Gläubigers entzogen wurde, ist ein Schaden entstanden, der in diesem Umfang einen Ersatzanspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung nach §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 156 StGB begründet. In diesem Umfang ist deshalb eine privilegierte Vollstreckung nach § 850f Abs. 2 ZPO möglich und die Forderung zugleich nach § 302 InsO insolvenzfest.

Anhörung des Schuldners thematisieren

Sehr aufmerksam hat das AG beachtet, dass nach § 850k Abs. 9 Satz 3 ZPO eine Anhörung des Schuldners unterbleibt. Dies soll sichern, dass der Schuldner keine weitere Manipulation vornimmt, indem er das gesamte Guthaben auf das gewählte P-Konto transferiert oder schlicht abhebt, bevor der Vertragszugriff erfolgreich war. Leider wird dies in der Praxis nicht immer berücksichtigt, sodass es sich empfiehlt, mit einem Antrag nach § 850k Abs. 9 Satz 1 ZPO auf die zu unterlassende Anhörung hinzuweisen.

FoVo 8/2015, S. 166 - 168

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