Leitsatz

Die Festsetzungsfähigkeit der durch den Drittschuldnerprozess angefallenen Kosten erfordert keinen Nachweis des Gläubigers über einen erfolglosen Vollstreckungsversuch gegenüber dem Drittschuldner.

BGH, Beschl. v. 3.4.2019 – VII ZB 58/18

1 I. Der Fall

Der Drittschuldner ist leistungsunwillig

Die Gläubigerin ist Inhaberin einer titulierten Forderung gegen den Schuldner. Sie erwirkte einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem die Mietzinsansprüche des Schuldners gegen den Drittschuldner für die Monate September, Oktober und November 2017 gepfändet und ihr zur Einziehung überwiesen wurden.

Entgegen seiner vorherigen Erklärung gemäß § 840 Abs. 1 ZPO, die Forderung anzuerkennen und zu gegebener Zeit zu überweisen, zahlte der Drittschuldner nicht. Die Gläubigerin erhob daraufhin Klage gegen den Drittschuldner.

Im Streit: Kosten des Einziehungsprozesses …

Dieser Rechtsstreit endete durch Erlass eines Versäumnisurteils gegen den Drittschuldner, in welchem ihm die Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden; diese wurden sodann auf Antrag der Gläubigerin mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.2.2018 in Höhe von 323 EUR festgesetzt. Der Drittschuldner zahlte die festgesetzten Kosten nicht.

… und Kostentragungspflicht des Schuldners

Die Gläubigerin hat beantragt, die Kosten des Drittschuldnerprozesses gegen den Schuldner nach § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO festzusetzen. Dieser Antrag hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das LG hat ausgeführt, die Kosten eines Drittschuldnerprozesses seien grundsätzlich als Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 Abs. 1 ZPO erstattungsfähig. Bei dem Drittschuldnerprozess handele es sich um eine Vollstreckungsmaßnahme des Gläubigers. Die dadurch angefallenen Kosten habe der Schuldner verursacht, weil er die Forderung des Gläubigers nicht erfüllt habe.

Setzt die Festsetzung einen Vollstreckungsversuch gegen den Drittschuldner voraus?

Festsetzungsfähig im Verfahren nach § 788 Abs. 1 ZPO seien die dem Gläubiger in einem Drittschuldnerprozess entstandenen Kosten allerdings nur, soweit sie notwendig gewesen seien. Die Gläubigerin habe nicht den Nachweis erbracht, dass die Kosten bei dem Drittschuldner nicht beizutreiben gewesen seien. Dass der Drittschuldner tatsächlich nicht gezahlt habe, reiche im Hinblick auf die nach § 788 Abs. 1 ZPO zu beachtende vorrangige Haftung des in Anspruch genommenen Drittschuldners nicht aus. Die Gläubigerin habe zu der Erfolglosigkeit eines Vollstreckungsversuchs hinsichtlich der Kosten des Drittschuldnerprozesses keinen Vortrag gehalten und keinen Nachweis erbracht. Infolgedessen könne eine Notwendigkeit der Festsetzung der Kosten gemäß § 788 Abs. 1 ZPO gegenüber dem Schuldner nicht angenommen werden.

Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihr Festsetzungsbegehren weiter.

2 II. Die Entscheidung

BGH widerspricht den Vorinstanzen

Die gemäß § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Kosten des Drittschuldnerprozesses fallen unter § 788 ZPO

Im Ausgangspunkt zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass die Kosten eines Rechtsstreits zwischen dem Gläubiger und dem Drittschuldner über eine gepfändete und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesene Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner als Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO erstattungsfähig sind (BGH NJW 2010, 1674; BGH NJW 2006, 1141, juris Rn 9 f.).

Voraussetzung: Prozess gegen den Drittschuldner war nicht aussichtslos

Zu Recht hat das LG ferner angenommen, dass die Kosten des Drittschuldnerprozesses gegen den Schuldner gemäß § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO nur festsetzungsfähig sind, soweit sie notwendig waren. Davon ist auszugehen, wenn der Prozess gegen den Drittschuldner nicht von vornherein aussichtslos gewesen ist (vgl. BGH NJW 2010, 1674).

Aus der maßgeblichen Sicht der Gläubigerin gab es bei Erteilung des Klageauftrags keine andere erfolgversprechende Möglichkeit, die zur Einziehung überwiesene Forderung durchzusetzen, als gerichtlich gegen den Drittschuldner vorzugehen. Dieser hatte zwar erklärt, die gepfändete Forderung "als begründet anzuerkennen", sie indes nicht beglichen. Im Hinblick darauf war die Drittschuldnerklage nicht mutwillig. Sie war auch, wie sich bereits aus der späteren Verurteilung des Drittschuldners ergibt, nicht von vornherein aussichtslos.

Kein Vollstreckungsversuch erforderlich

Entgegen der Annahme des LG sind die dem Gläubiger im Drittschuldnerprozess entstandenen Kosten nicht erst nach einem erfolglosen Vollstreckungsversuch gegen den Drittschuldner im Verhältnis zum Schuldner festsetzungsfähig.

Die Drittschuldnerklage und deren Vorbereitung sind Vollstreckungsmaßnahmen des Gläubigers, die unmittelbar dem Vollzug des die Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner betreffenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses dienen. Die Kosten des Drittschuldnerprozesses stellen daher im Verhältnis zwi...

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