Die Lohnpfändung ist kein einmaliger Akt, sondern ein fortdauernder Prozess. Der nachfolgende Beitrag will einen Überblick zu den wichtigsten Aufgaben des Gläubigers oder seines Rechtsdienstleisters geben.

Wenn Sie eine Lohnpfändung ausgebracht haben, sind noch einige Dinge zu tun. Es gilt zunächst:

Drittschuldnererklärung

Die Drittschuldnererklärung nach § 840 ZPO ist auszuwerten.

 

Beispiel

So ist etwa zu prüfen, welche Personen von vorrangigen Abtretungen begünstigt werden und ob insoweit Anfechtungsrechte nach § 3 Abs. 1, Abs. 2, § 4 AnfG bestehen können oder ob aufgrund der mitgeteilten Höhe des Arbeitsentgelts ein Fall der Lohnverschleierung oder Lohnverschiebung nach § 850h ZPO nahe liegt.

Lohnabrechnung

Die Lohnabrechnung ist beim Drittschuldner anzufordern (BGH FoVo 2013, 56) und auszuwerten.

 

Beispiel

So kann schon ein einfacher Blick auf die Lohnabrechnung zeigen, dass ein Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO Erfolg haben kann, weil der Schuldner die Lohnsteuerklasse IV oder sogar V hat, d.h. er verheiratet ist und der Ehegatte in etwa das gleiche verdient (Lohnsteuerklasse IV) oder sogar mehr (Klasse V).

Auskunftsansprüche § 836 Abs. 3 ZPO

Die Auskunfts- und Herausgabeansprüche nach § 836 Abs. 3 ZPO sind gegenüber dem Schuldner zu aktivieren.

 

Beispiel

So kann sich etwa nur aus dem Arbeitsvertrag i.V.m. Betriebsvereinbarungen ergeben, ob Überstunden in Freizeit abgegolten werden oder zu vergüten sind und ob sich daraus weitere Ansprüche ergeben.

Damit aber nicht genug

Ist nach der Erledigung der Basics ein bestimmter Status der Lohnpfändung erreicht, bedarf dieser der regelmäßigen Überprüfung. Dabei stehen zwei Fragen im besonderen Fokus:

Unterhaltsberechtigte Personen: regelmäßige Prüfung von § 850c Abs. 4 ZPO

Sofern bei der Berechnung des pfändbaren Betrages auch unterhaltsberechtigte Kinder berücksichtigt werden, ist jeweils zum Schuljahreswechsel zu prüfen, ob diese eine vergütete Tätigkeit, etwa eine Berufsausbildung aufgenommen haben und deshalb ein Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO auf Nichtberücksichtigung unterhaltsberechtigter Personen in Betracht kommt. Diese Prüfungen sind also jeweils nach den Schulferien im August bis Oktober eines Jahres veranlasst. Bei dieser Gelegenheit kann auch geprüft werden, ob der Ehegatte ein höheres Einkommen erzielt. Mit dem Übergang der Kinder in das Berufsleben nehmen vielfach Elternteile erstmals eine Erwerbstätigkeit auf oder erhöhen ihre Stundenzahl.

 

Hinweis

Neben der Vermögensauskunft nach §§ 802c oder 802d ZPO kann hier auch die wiederholte Auskunft des Schuldners nach § 836 Abs. 3 ZPO in Betracht kommen. Der Schuldner kann mit dem Hinweis auf die sonst notwendige Vermögensauskunft und die Eintragung im Schuldnerverzeichnis "motiviert" werden, die Auskünfte freiwillig zu erteilen.

Unterbrochene Arbeitsverhältnisse

In verschiedenen Branchen sind die Arbeitnehmer nur in bestimmten Monaten des Jahres beschäftigt. So verlangt etwa die Biergartensaison mehr Servicekräfte als der Winter, während es in den Skiorten genau umgekehrt ist. Auch in der Baubranche werden vom Frühjahr bis zum Herbst mehr Mitarbeiter benötigt als im Winter. Auch die Landwirtschaft beschäftigt in großem Umfang Saisonkräfte. Das wirft die Frage auf, welche Folgen es hat, wenn die Ansprüche auf Arbeitseinkommen gepfändet werden, das Arbeitsverhältnis dann aber beendet, jedoch nach wenigen Monaten wieder aufgenommen wird. Gilt der alte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss dann fort oder muss ein neuer Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt werden?

Die Antwort gibt § 833 ZPO

Endet das Arbeits- oder Dienstverhältnis und begründen Schuldner und Drittschuldner innerhalb von neun Monaten ein solches neu, so erstreckt sich nach § 833 Abs. 2 ZPO die Pfändung auch auf die Forderung aus dem neuen Arbeits- oder Dienstverhältnis. Führt die Vergütung also zu einem pfändbaren Einkommen – beachten Sie dabei die seit dem 1.7.2017 geltenden neuen Pfändungsfreigrenzen –, so muss der Arbeitgeber als Drittschuldner diese an den Gläubiger abführen.

 

Hinweis

Ein besonderer Vorteil liegt auch darin, dass über die Unterbrechung hinweg die Beschlagnahme und damit der Pfändungsrang nach § 804 Abs. 3 ZPO ebenso erhalten bleibt wie alle sonstigen Anordnungen des Vollstreckungsgerichtes (etwa § 850h, § 850e, § 850c ZPO). Pfändet also während der Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses oder zum Beginn der Wiederaufnahme ein anderer Gläubiger, bleibt er gleichwohl nachrangig.

Praxisproblem: Kennt der Drittschuldner seine Pflichten?

Das Problem, das sich in der Praxis stellt, ist die Unkenntnis vieler Drittschuldner von der Fortwirkung der Pfändung. Prinzipiell ist dies nicht das Problem des Gläubigers, da der Drittschuldner in jedem Fall aufgrund der fortwirkenden Geltung des PfÜB zur Zahlung an den Gläubiger verpflichtet ist.

 

Hinweis

Es bedarf also keiner Konstruktion eines Schadensersatzanspruchs. Dieser käme erst dann in Betracht, wenn der Gläubiger erst so spät von dem Sachverhalt erfährt, dass kenntnisunabhängige Ausschlussfristen greifen...

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