Leitsatz

Der Gläubiger kann seinen Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft unter die Bedingung stellen, dass der Schuldner innerhalb der zweijährigen Sperrfrist des § 802d Abs. 1 S. 1 ZPO noch keine Vermögensauskunft abgegeben hat. Übersendet der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger gleichwohl einen Ausdruck des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses, kann er Kosten hierfür gemäß KV Nr. 261, 701, 716 GvKostG nicht erheben.

OLG Schleswig, 12.2.2015 – 9 W 114/14

1 I. Der Fall

Bedingte Rücknahme des Antrages auf Vermögensauskunft

Die Gläubigerin beauftragte den Gerichtsvollzieher, die aus einer Titelabrechnung ersichtlichen Beträge in Höhe von 211,52 EUR nebst weiteren Kosten und Zinsen im Wege der Zwangsvollstreckung bei der Schuldnerin einzuziehen. Ferner beauftragte sie den Gerichtsvollzieher, von der Schuldnerin die Vermögensauskunft gemäß § 802a Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 802c ZPO einzuholen. In dem Auftrag heißt es weiter wörtlich:

"Für den Fall, dass Sie feststellen, dass der/die Schuldner/in Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe bezieht oder bereits die Vermögensauskunft oder eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, nehmen wir den Auftrag schon jetzt zurück und bitten mit entsprechendem Hinweis um Rücksendung der Unterlagen an die Gläubigerin. Die Antragsrücknahme beinhaltet naturgemäß den Verzicht auf die Übersendung einer Abschrift des bereits abgegebenen Vermögensverzeichnisses."

GV übersendet trotzdem kostenpflichtig das VV

Der Gerichtsvollzieher stellte fest, dass die Schuldnerin innerhalb der letzten zwei Jahre bereits eine Vermögensauskunft erteilt hatte. Er übermittelte der Gläubigerin das Vermögensverzeichnis und berechnete ihr dafür einen Betrag von insgesamt 43,05 EUR, nämlich eine Gebühr gemäß KV Nr. 260, 261, 604 GvKostG in Höhe von 33,00 EUR für die Übermittlung eines Vermögensverzeichnisses zuzüglich Zustellkosten in Höhe von 3,45 EUR gemäß KV Nr. 701 GvKostG und zuzüglich einer Auslagenpauschale in Höhe von 6,60 EUR gemäß KV Nr. 716 GvKostG.

Gläubiger wehrt sich gegen die Kosten

Gegen diese Kostenrechnung hat sich die Gläubigerin mit der Begründung gewandt, dass sie die in Rechnung gestellte Übermittlung eines Ausdrucks des letzten Vermögensverzeichnisses ausdrücklich nicht beantragt habe. Das AG hat die Erinnerung zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde hat das LG den Kostenansatz des Gerichtsvollziehers aufgehoben, zugleich aber die weitere Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. Von dieser Möglichkeit hat die Bezirksrevisorin für die Staatskasse Gebrauch gemacht.

2 II. Die Entscheidung

Streitfrage in Literatur und Rechtsprechung

In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob ein Gläubiger im Verfahren über die Erteilung einer Vermögensauskunft auf die Übersendung des bereits innerhalb der Sperrfrist des § 802d Abs. 1 ZPO abgegebenen Vermögensverzeichnisses verzichten bzw. den Zwangsvollstreckungsauftrag beschränken kann.

Ansicht 1: Keine Dispositionsbefugnis und Zuleitungspflicht

Nach einer Ansicht steht dem Gläubiger eine solche Dispositionsbefugnis nicht zu. Die Übersendung des Vermögensverzeichnisses gemäß § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO sei Teil des als Amtsverfahren ausgestalteten Verfahrens der Eintragungsanordnung nach § 882c ZPO. Mit der Formulierung in § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO, "andernfalls leitet der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger einen Ausdruck des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses zu", habe der Gesetzgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Übersendung eines schon vorhandenen Vermögensverzeichnisses die notwendige Folge eines Antrags auf Abgabe der Vermögensauskunft sei und gerade nicht der Disposition des Gläubigers unterliege. Ließe man einen Verzicht des Gläubigers auf die Zuleitung eines abgegebenen Vermögensverzeichnisses zu, würde eine Folgeeintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis gemäß § 882c Abs. 1 Nr. 2 oder 3 ZPO nicht erfolgen. Dann würde das Schuldnerverzeichnis seiner Warnfunktion hinsichtlich der Kreditunwürdigkeit der eingetragenen Schuldner nicht ausreichend gerecht. Der Gläubiger könne deshalb seinen Zwangsvollstreckungsauftrag nicht wirksam dahin beschränken, dass eine Zuleitung des schon abgegebenen Vermögensverzeichnisses an ihn nicht erfolgen solle (LG Münster DGVZ 2014, 201; AG Bochum v. 2.5.2013 – 51 M 1177/13; AG Heidelberg DGVZ 2013, 166; AG Mühldorf DGVZ 2013, 193; AG Menden v. 12.7.2013 – 5 M 566/13; AG Wetzlar v. 29.10.2013 – 81 M 2731/13; AG Dortmund DGVZ 2014, 72; AG Elmshorn v. 11.4.2014 – 64 M 17/14 und 64 M 21/14; AG Remscheid v. 17.6.2014 – 3 M 3025/13; Wasserl, DGVZ 2013, 88 ff.; Mroß, DGVZ 2013, 69 und DVGZ 2014, 19; Harnacke/Bungardt, DGVZ 2013, 1, 4 zu Fall 16; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl., KVGvKostG Nr. 261 Rn 3; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 35. Aufl., § 802d Rn 3). Aus dieser Ansicht wird überwiegend abgeleitet, dass der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger ungeachtet des nur beschränkten Antrags das schon abgegebene Vermögensverzeichnis zuzuleiten hat.

Ansicht 2: Keine Dispositionsbefugnis und Zurückweisungspflicht

Nach einer Minderme...

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