Neue Verfahrensanträge

Jeden Monat mehr rückt die zum 1.1.2013 in Kraft tretende Reform der Sachaufklärung in den Mittelpunkt des Interesses. In FoVo 2012, 81 ff. haben wir bereits über die neuen Antragsverfahren in der Zwangsvollstreckung berichtet. Danach steht zu befürchten, dass das BMJ von der Ermächtigung in § 753 Abs. 3 ZPO Gebrauch macht und verbindliche Formulare in der Sachpfändung einführt. Dies wirft eine Vielzahl technischer und inhaltlicher Fragen auf. Daneben eröffnet § 829a ZPO die Möglichkeit, vollelektronisch einen Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zu stellen. Auch wenn diese Möglichkeiten zum Inkrafttreten der Reform wohl zunächst nur in Bremen, Sachsen und Thüringen zur Verfügung stehen werden, gehört diesem Weg die Zukunft.

Neue Kompetenz für den Gerichtsvollzieher: ­Aufenthaltsermittlung

Die Reform der Sachaufklärung bringt allerdings auch neue Kompetenzen für den Gerichtsvollzieher mit sich. Ist der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthaltsort des Schuldners nicht bekannt, darf der Gerichtsvollzieher künftig nach § 755 Abs. 1 ZPO aufgrund des Vollstreckungsauftrages und der Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung zunächst den Aufenthaltsort des Schuldners bei der Meldebehörde ermitteln. Erfragen darf er dort die gegenwärtigen Anschriften zu dessen Haupt- und Nebenwohnungen.

Immer notwendig: ein ausdrücklicher Antrag

Die neue Kompetenz des Gerichtsvollziehers umfasst dabei drei Fälle:

Der Wohn- und Aufenthaltsort des Schuldners ist schon vor der Beauftragung des Gerichtsvollziehers unbekannt;
der Gerichtsvollzieher trifft den Schuldner bei dem Versuch der Sachpfändung nicht an und stellt fest, dass er unbekannt verzogen ist;
dem Gerichtsvollzieher ist aufgrund anderer Vollstreckungsaufträge bereits bekannt, dass der Schuldner unbekannt verzogen ist.

Der Wortlaut von § 755 Abs. 1 ZPO lässt nicht zweifelsfrei erkennen, auf welcher Grundlage der Gerichtsvollzieher tätig wird. In Betracht kommt, dass die Ermittlung von Amts wegen stattfindet oder aber es eines besonderen Auftrags des Gläubigers bedarf. Von Letzterem geht die Gesetzesbegründung explizit aus. Dafür spricht auch, dass die Tätigkeit kostenpflichtig ist.

 

Hinweis

Nach der eingeführten Nr. 440 KVGvKostG erhält der Gerichtsvollzieher eine Gebühr in Höhe von 10 EUR, deren Erhöhung auf 12 EUR mit dem im Entwurf vorliegenden 2. KostRModG vorgesehen ist, sowie eine Auslagenpauschale in Höhe von 3 EUR (4 EUR). Hinzu kommen die konkreten Gebühren der Auskunftsstelle nach der Nr. 708 KVGvKostG. Da es sich bei den Einwohnermeldeämtern um kommunale Einrichtungen handelt, sind die entsprechenden Auslagen unterschiedlich.

Zuständig für die Aufenthaltsermittlung ist der Gerichtsvollzieher am letzten bekannten Wohn­sitz des Schuldners. Der Fall, dass überhaupt kein Wohnsitz des Schuldners bekannt ist, soll nach der Gesetzesbegründung in der Gerichtsvollziehergeschäftsanweisung (GVGA) geregelt werden. Bisher fehlt hier ein veröffentlichter Entwurf der neuen GVGA.

Melderegisterauskunft allerdings kaum wirtschaftlich

In der Praxis der gewerblichen Rechtsdienstleister, d.h. der Rechtsanwälte und der Inkasso­unternehmen, wird diese Dienstleistung des Gerichtsvollziehers kaum von Interesse sein. Zum einen greifen die gewerblichen Rechtsdienstleister auf professionelle Auskunftsdienste zurück, die die Auskunft weit kostengünstiger erteilen als der Gerichtsvollzieher. Zum anderen wenden sich die Rechtsdienstleister regelmäßig persönlich an die Einwohnermeldeämter, so dass die Gebühren und Auslagen des Gerichtsvollziehers erspart werden können. Dies gilt insbesondere im erstgenannten Fall, dass schon vor der Beauftragung des Gerichtsvollziehers der Aufenthalt des Schuldners unbekannt ist.

Abfrage des Ausländerzentralregisters

Soweit der Aufenthaltsort des Schuldners nach § 755 Abs. 1 ZPO, d.h. durch eine Abfrage beim Einwohnermeldeamt, nicht ermittelt werden kann, darf der Gerichtsvollzieher nach § 755 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zunächst beim Ausländerzentralregister die Angaben zur aktenführenden Ausländerbehörde sowie zum Zuzug oder Vorzug des Schuldners und anschließend bei der gemäß der Auskunft aus dem Ausländerzentralregister aktenführenden Ausländerbehörde den Aufenthaltsort des Schuldners ermitteln. Unerheblich bleibt dabei, wie hoch die Hauptforderung oder die Gesamtforderung des Gläubigers ist. Das bezeichnete zweistufige Vorgehen obliegt alleine dem Gerichtsvollzieher.

 

Hinweis

Grundsätzlich werden die Daten zwischen den örtlichen Einwohnermeldeämtern und den örtlichen Ausländerbehörden einmal im Jahr abgeglichen. Die Aufenthaltsermittlung des Gerichtsvollziehers über das Ausländerzentralregister, welche zusätzliche Kosten verursacht, sichert also nur die unterjährige Aktualität.

Ist der SU Ausländer?

Nicht ohne Schwierigkeiten ist für den Gläubiger die Frage zu beantworten, ob es sich bei dem Schuldner überhaupt um einen im Ausländerzentralregister registrierten Ausländer handelt. Nach heutiger Rechtslage wird im Forderungsinkasso d...

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