Die Pfändbarkeit des Einkommens

Zunächst ist festzustellen, ob beide Einkommen pfändbar sind. Dabei bleibt die Frage des Pfändungsschutzes noch außer Betracht. Sie stellt sich erst, wenn das Einkommen überhaupt gepfändet werden kann. Beide Einkommensquellen sind grundsätzlich pfändbar.

Das Arbeitseinkommen ist zwanglos nach § 850 Abs. 2 ZPO pfändbar

Nicht anders verhält es sich mit der Witwenrente. Es handelt sich hierbei um Hinterbliebenenbezüge im Sinne des § 850 Abs. 2 ZPO. Zugleich handelt es sich um eine Sozialleistung nach § 54 Abs. 4 SGB I (BGH v. 18.9.2014 – IX ZB 68/13, Rn 7 – zitiert nach juris; Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., Rn 885), die "wie Arbeitseinkommen" zu pfänden ist.

Der Ertrag

Für sich genommen liegen beide Einkommen unter dem nach § 850c ZPO maßgeblichen Pfändungsfreibetrag von 1.133,80 EUR, so dass die Pfändung keinen Erfolg verspricht. Anderes ergibt sich allerdings, wenn die Einkommen zusammengerechnet werden:

 
Arbeitseinkommen netto 987,93 EUR
zuzüglich Witwenrente 431,51 EUR
  1.419,44 EUR
abgerundet nach § 850c Abs. 3 ZPO 1.410,00 EUR
abzüglich des Pfändungsfreibetrages 1.133,80 EUR
verbleiben 276,20 EUR
davon 30 % pfändungsfrei nach § 850c Abs. 2 82,86 EUR
somit pfändbar 193,34 EUR

Auch unter Berücksichtigung der Belange der Schuldnerin ist die Bestimmung des pfändbaren Betrages aus dem Gesamteinkommen gerechtfertigt, weil hieraus der Lebensbedarf gedeckt wird und keines der beiden Einkommen einen Sonderbedarf deckt.

Grundlage der Zusammenrechnung: § 850e ZPO

Mit Arbeitseinkommen sind auf Antrag des Gläubigers nach § 850e Nr. 2a ZPO auch Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch zusammenzurechnen, soweit diese der Pfändung unterworfen sind.

 

Hinweis

Allein die Pfändung beider Einkommen bewirkt also noch keine Zusammenrechnung und würde dazu führen, dass die Pfändung ins Leere läuft. Erst der ausdrückliche Antrag auf Zusammenrechnung kann den Vollstreckungserfolg sichern.

Gläubigerantrag erforderlich

Der erforderliche Antrag auf Zusammenrechnung des Arbeitseinkommens kann entweder zugleich mit dem Antrag auf Pfändung beider Einkommen oder auch nachträglich gestellt werden.

 

Hinweis

So können sich Erkenntnisse über ein zweites Arbeitseinkommen auch erst nach der Pfändung des Ersteinkommens ergeben. Auch dann ist eine Pfändung des Zweiteinkommens und ein Antrag auf Zusammenrechnung nach § 850e ZPO noch möglich.

Das Verhältnis der Einkommen zueinander

Der unpfändbare Grundbetrag ist nach § 850e Nr. 2a ZPO, soweit die Pfändung nicht wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche erfolgt, in erster Linie den laufenden Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch zu entnehmen. Das bedeutet, dass

die Witwenrente völlig unpfändbar bleibt und vollständig an die Schuldnerin auszuzahlen ist;
der pfändbare Betrag aus dem Arbeitseinkommen zu entnehmen und an den Gläubiger auszukehren ist.

Autor: VRiOLG Frank-Michael Goebel

FoVo 4/2018, S. 63 - 65

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