Vollstreckung in ganz Europa

Der europäische Vollstreckungstitel soll die Möglichkeit geben, in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union geschaffene Vollstreckungstitel in Deutschland und in Deutschland geschaffene Vollstreckungstitel in den anderen Mitgliedstaaten zu vollstrecken. Damit wird ein gesondertes Verfahren auf Erlangung einer Vollstreckungsklausel entbehrlich. Letztlich werden damit wechselseitig Vollstreckungstitel in ganz Europa anerkannt. Ganz praktisch stellt sich der europäische Vollstreckungstitel als eine Bescheinigung dafür dar, dass der Vollstreckungstitel unter Beachtung bestimmter Regeln zustande gekommen ist.

 

Hinweis

Das macht es durchaus interessant, von ausländischen Gläubigern Vollstreckungstitel zu erwerben, soweit diese in Deutschland oder von Deutschland aus vollstreckt werden können. Der Aufwand, die Vollstreckungsvoraussetzungen zu schaffen, wird mit dem europäischen Vollstreckungstitel verringert. Liegt die Bescheinigung noch nicht vor, ist im Einzelfall allerdings zu prüfen, ob sie erteilt werden kann.

Beschränkter sachlicher Anwendungsbereich

Gegenstand eines europäischen Vollstreckungstitels können allerdings nur gerichtliche Entscheidungen, gerichtliche Vergleiche oder öffentliche Urkunden über eine zivil- oder handelsrechtliche Geldforderung sein, die darüber hinaus unbestritten sein muss. Dies ist der Fall, wenn der Schuldner die Forderung ausdrücklich anerkannt hat oder aber er am Verfahren ordnungsgemäß beteiligt wurde, ohne der Forderung widersprochen zu haben. Nach dem nationalen Recht muss sich der unterlassene Widerspruch als konkludente Anerkennung darstellen.

 

Hinweis

Ein solches Verfahren stellt das gerichtliche Mahnverfahren in Deutschland nach den §§ 688 ff. ZPO dar. Der dort erlangte Vollstreckungsbescheid kann mithin zugleich als europäischer Vollstreckungstitel ausgewiesen werden, so dass er in allen anderen Mitgliedstaaten der EU vollstreckbar ist. Zuständig für die Bescheinigung ist grundsätzlich das in der Hauptsache anzurufende Gericht.

 

Checkliste: Mindestvoraussetzungen für den europäischen Vollstreckungstitel

Die Bestätigung einer vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidung als europäischer Vollstreckungstitel setzt voraus:

  1. Das verfahrenseinleitende Schriftstück muss dem Schuldner entsprechend Art. 13, 14 VTVO zugestellt worden sein.
  2. Das verfahrenseinleitende Schriftstück muss den Schuldner über die Art und Höhe der erhobenen Forderung, Namen und Anschrift der Parteien, die Höhe des Zinssatzes und den Zinszeitraum informieren, Art. 16 VTVO.
  3. Der Schuldner wurde mit dem verfahrenseinleitenden Schriftstück darüber informiert, welche Maßnahmen er einleiten muss, um das Bestehen der Forderung zu bestreiten, insbesondere über zu beachtende Fristen und Formen, Art. 17 VTVO.
  4. Der Schuldner muss darüber belehrt worden sein, welche Rechtsmittel ihm zur Verfügung stehen, wenn er ohne Verschulden nicht in der Lage war, sein Vorbringen rechtzeitig anzubringen.
  5. Eine Säumnisentscheidung muss im Wohnsitzstaat des Schuldners ergangen sein, soweit dieser Verbraucher ist, Art. 6 VTVO.

EuGH: Möglichkeiten begrenzt

Die Entscheidung des EuGH zeigt, dass nicht jeder nationale Vollstreckungstitel in den einzelnen Mitgliedstaaten auch als europäischer Vollstreckungstitel herangezogen werden kann. Das verringert zugleich die Gefahr einer Manipulation. Hierauf muss auch ein möglicher Forderungskäufer achten.

FoVo 4/2017, S. 69 - 70

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