Anspruch auf Lohnabrechnung ist mitgepfändet

Die angeblichen Forderungen des Schuldners gegen die Drittschuldnerin auf monatliche Übersendung der Lohnabrechnungen sind zusammen mit den angeblichen Forderungen auf Lohnzahlung als Nebenrechte mitgepfändet. Die mit einer Pfändung verbundene Beschlagnahme erstreckt sich ohne Weiteres auf alle Nebenrechte, die im Falle einer Abtretung nach § 412, § 401 BGB mit auf den neuen Gläubiger übergehen; einer gesonderten Neben- oder Hilfspfändung bedarf es dazu nicht (BGH NJW-RR 2012, 434; BGH NJW-RR 2003, 1555). Neben den in § 401 BGB ausdrücklich genannten Rechten wird diese Vorschrift unter anderem auf solche Hilfsrechte entsprechend angewandt, die zur Geltendmachung oder Durchsetzung einer Forderung erforderlich sind. Solche Nebenrechte sind insbesondere Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung, die darauf abzielen, Gegenstand und Betrag des Hauptanspruchs zu ermitteln.

Lohnabrechnung = unselbstständiger Nebenanspruch

Bei der Lohnpfändung stellt der Anspruch auf Erteilung einer Lohnabrechnung einen solchen unselbstständigen Nebenanspruch dar, wenn es der Abrechnung bedarf, um den Anspruch auf Lohnzahlung geltend machen zu können. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dem Schuldner gegen die Drittschuldnerin derartige Ansprüche auf Lohnabrechnung zustehen. Nach allgemeinen Grundsätzen kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber Auskunft über die Grundlagen seines Vergütungsanspruchs verlangen, wenn der Arbeitnehmer hierüber unverschuldet keine Kenntnis hat (vgl. BAG DB 2006, 2182 = NZA 2006, 1294). Das schließt den Anspruch auf eine Abrechnung mit ein, wenn es der Abrechnung bedarf, um den Anspruch auf die Zahlung konkret verfolgen zu können.

Rechtspfleger hat keine Details zu prüfen

Ob derartige Ansprüche des Schuldners auf Lohnabrechnung gegen die Drittschuldnerin tatsächlich gegeben sind, ist im vorliegenden Verfahren unerheblich. Denn das Vollstreckungsgericht prüft grundsätzlich nicht, ob eine zu pfändende Forderung besteht (BGH NZI 2012, 809; BGH NJW 2004, 2096 m.w.N.). Bezüglich einer Mitpfändung gilt Entsprechendes. Eine Pfändung muss immer dann erfolgen, wenn dem Schuldner die Forderung nach irgendeiner vertretbaren Rechtsansicht zustehen kann (BGH NJW-RR 2008, 733 m.w.N.). Ein Pfändungsantrag darf nur ausnahmsweise abgelehnt werden, wenn dem Schuldner der Anspruch aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen offenbar nicht zustehen kann oder ersichtlich unpfändbar ist.

Kein unzulässiger Eingriff in Schuldnerrechte

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Insbesondere steht nicht fest, dass die Erfüllung der genannten Ansprüche auf Lohnabrechnung gegenüber dem Gläubiger unzulässigerweise in ein Recht des Schuldners auf Geheimhaltung oder informationelle Selbstbestimmung eingreifen würde, weil in den Abrechnungen schuldnerbezogene Daten enthalten sind, die sich nicht nur auf das pfändbare Arbeitseinkommen beziehen (a.M. Hess. LAG, 24.1.2002 – 5 Sa 1213/01; Reiter, FA 2007, 258). Das Interesse des Schuldners, die in Lohnabrechnungen enthaltenen, sein Arbeitsverhältnis betreffenden persönlichen Daten gegenüber Dritten nicht zu offenbaren, überwiegt grundsätzlich nicht das Vollstreckungsinteresse des Gläubigers (BGH NJW-RR 2006, 1576). Der Schuldner hat im vorliegenden Verfahren im Übrigen keinen Vortrag gehalten, aus dem sich Hinweise auf ein derartiges Geheimhaltungsinteresse ergeben.

Auch § 840 ZPO steht nicht entgegen

Die Vorschrift des § 840 ZPO, die eine Auskunftsobliegenheit des Drittschuldners begründet (BGH NJW-RR 2006, 1566 m.w.N.), steht der vorstehend erörterten Mitpfändung nicht entgegen. § 840 ZPO lässt materiell-rechtliche Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche, die den Drittschuldner treffen und von der Pfändung der Forderung gemäß § 401 BGB miterfasst werden, unberührt (vgl. Lüke, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 840 Rn 2; Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 840 Rn 2).

Kein Zweifel am ­Rechtsschutzbedürfnis

Das Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers für den begehrten Ausspruch bezüglich der Pfändung der angeblichen Forderungen auf monatliche Übersendung der Lohnabrechnungen ist gegeben. In Fällen der Mitpfändung von Nebenrechten wie im Streitfall kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers in dem das Hauptrecht pfändenden Beschluss die Mitpfändung (klarstellend) aussprechen (BGH NJW-RR 2003, 1555; BGH NJW-RR 2012, 434; LG Bochum JurBüro 2000, 437 m.w.N.; Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., Rn 1742; Scherer, Rpfleger 1995, 446; a.M. OLG Zweibrücken JurBüro 1995, 660). Ein solcher klarstellender Ausspruch erleichtert dem Gläubiger den Nachweis der Mitpfändung (vgl. OLG Hamm DGVZ 1994, 188; LG Koblenz JurBüro 1996, 663; Behr, JurBüro 1995, 626).

Gleichzeitige ­Herausgabepflicht von DS und SU möglich

Das Rechtsschutzbedürfnis für den genannten klarstellenden Ausspruch entfällt nicht wegen der im PfÜB enthaltenen bestandskräftig gewordenen Anordnung, dass der Schuldner für die Dauer der Pfändung die Lohnabre...

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