Wegfall des Arbeitsplatzes

Voraussetzung der Zwangsvollstreckung des Weiterbeschäftigungsanspruchs ist in jedem Fall, dass der Arbeitgeber objektiv in der Lage ist, den Arbeitnehmer auch tatsächlich weiter zu beschäftigen und damit den Anspruch zu erfüllen. Ist der Arbeitsplatz etwa durch die Stilllegung des gesamten Betriebes oder einer Betriebsstätte oder einer Produktionsschiene entfallen, ohne dass der Arbeitsplatz anderweitig zur Verfügung steht, so steht dies einer Festsetzung eines Zwangsgeldes, ersatzweise bzw. originär der Zwangshaft entgegen (LAG Köln NZA-RR 1996, 108; LAG Hamm, 29.11.1985 – LAGE § 888 ZPO Nr. 5).

Umstrukturierung

Gleiches gilt, wenn eine Umstrukturierung vorgenommen wurde. Voraussetzung ist stets, dass die Umstrukturierung nicht lediglich zur Verhinderung der Vollstreckung der Weiterbeschäftigung vorgenommen wurde (LAG Köln NZA-RR 2002, 214). Grundsätzlich muss also beachtet werden, dass sich der Arbeitgeber der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nicht dadurch entziehen kann, dass er den Arbeitsplatz durch Umorganisation entfallen lässt.

 

Hinweis

Es obliegt dem Arbeitgeber nachzuweisen, dass die Umorganisation nicht der Verhinderung des Weiterbeschäftigungsanspruches diente, sondern der Arbeitsplatz als Reaktion auf äußere Zwänge oder vorrangige unternehmerische Gesichtspunkte fortgefallen ist (LAG Schleswig-Holstein v. 2.6.2005 – 2 Ta 133/05).

Einwand erst im Vollstreckungsverfahren

Macht der Arbeitgeber bereits im erstinstanzlichen Erkenntnisverfahren geltend, das ihm die Weiterbeschäftigung unmöglich sei, ohne damit durchdringen zu können, weil das Arbeitsgericht seine Darlegungen als unsubstantiiert ansieht, so ist streitig, ob der Arbeitgeber diesen Einwand gleichwohl in der Zwangsvollstreckung im Verfahren über die Festsetzung eines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO erneut vorbringen kann.

Nach einer Ansicht soll dies möglich sein, wenn er seinen Vortrag nunmehr weiter substantiieren kann oder ein anderer Grund für die Unmöglichkeit vorliegt (LAG Berlin, 23.9.2002 – 6 Ta 1705/03).

Nach anderer Auffassung ist der Unmöglichkeitseinwand grundsätzlich nur zu berücksichtigen, wenn er auf Umständen beruht, die nach der Rechtskraft der zu vollstreckenden Entscheidung eingetreten sind (LAG Hessen, 4.5.2012 – 12 Ta 293/11 und vom 22.1.2014 – 12 Ta 366/13).

 

Hinweis

In den Fällen des § 102 BetrVG, d.h. bei der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Kündigung, kann das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers durch eine einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG entbinden, wenn entweder die Klage des Arbeitnehmers auf Weiterbeschäftigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder gar mutwillig erscheint oder die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder aber der Widerspruch des Betriebsrats gegen die Kündigung offensichtlich unbegründet ist. Allein aus dem Umstand, dass der bisherige Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers weggefallen ist, kann nicht geschlossen werden, die gem. § 102 Abs. 5 BetrVG begehrte Weiterbeschäftigung sei unmöglich geworden. Dies gilt, wenn in einem Betrieb bzw. Unternehmen mehrere gleichartige Arbeitsplätze existieren, auf die der Arbeitnehmer im Wege der Direktionsrechtsausübung versetzt werden könnte, und wenn einzelne dieser Arbeitsplätze wegfallen (LAG München, 8.9.2011 – 3 SaGa 21/11).

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