Die Heirat muss aus unterschiedlichen vollstreckungsrechtlichen Perspektiven als Indiz für eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse angesehen werden:
▪ | Die Heirat gibt verschiedene Optionen für Lohnsteuerklassen (3, 4 und 5), die unmittelbare Auswirkungen auf den Nettolohn und damit das pfändbare Arbeitseinkommen haben können. |
Hinweis
In der gläubigerbenachteiligenden Wahl der Lohnsteuerklasse kann eine Lohnverschiebung bzw. Lohnverschleierung im Sinne des § 850h ZPO liegen (BGH NJW-RR 2006, 569 = InVo 2006, 118)
▪ | Der gänzlich einkommenslose Schuldner erwirbt durch die Heirat einen Unterhaltsanspruch, der auch einen – bedingt pfändbaren – Taschengeldanspruch nach § 850b Abs. 1 Nr. 2 ZPO umfasst (vgl. hierzu BGH NJW 2004, 2452 = InVo 2004, 423). |
▪ | Der Ehegatte wird nach der Heirat zur gesetzlich unterhaltsberechtigten Person und wirkt sich als solche erhöhend auf den Pfändungsfreibetrag aus, § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO. Das kann der Gläubiger nur durch einen Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO ändern. Das setzt wiederum voraus, dass er Kenntnis über das Einkommen des Ehegatten hat. In der Vermögensauskunft sind hierüber Angaben zu machen. |
▪ | Durch die Heirat selbst kann zugriffsfähiges Vermögen erworben worden sein. Das gilt insbesondere für Geschenke Dritter und Zuwendungen der Ehegatten untereinander. |
Hinweis
Hat der Schuldner seinerseits Vermögen an seinen Ehegatten anlässlich der Heirat übertragen, kann sich hieraus ein Anfechtungstatbestand nach §§ 3–6 des Anfechtungsgesetzes (AnfG) ergeben.
▪ | Die Begründung der Ehe führt nicht selten auch zur Begründung eines neuen Wohnsitzes, was den Zugriff auf körperliche Sachen nach § 808 ZPO eröffnen kann. |
Hinweis
Dabei muss gesehen werden, dass die bestehende Ehe den Vollstreckungszugriff im Weg der Sachpfändung erleichtert, da der Ehegatte aufgrund der gesetzlichen Fiktion in § 739 ZPO i.V.m. § 1362 BGB trotz seiner Stellung als tatsächlicher Mitgewahrsamsinhaber der Pfändung nicht nach § 809 ZPO widersprechen kann.
FoVo 12/2019, S. 221 - 223
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