Die mitgepfändeten Nebenrechte

Die künftigen Ansprüche des Schuldners auf laufende Rentenzahlungen sind wirksam gepfändet (vgl. BGH NJW 2003, 1457). Die mit der Pfändung verbundene Beschlagnahme erstreckt sich grundsätzlich auf alle Nebenrechte, die bei einer Abtretung nach §§ 412, 401 BGB auf den neuen Gläubiger übergehen, ohne dass es dazu einer Neben- oder Hilfspfändung bedürfte (BGH NJW 2013, 539). Nebenrechte im vorstehenden Sinne sind auch Ansprüche auf Rechnungslegung und Auskunft, die darauf abzielen, Gegenstand und Betrag des Hauptanspruchs zu ermitteln, wie etwa Lohnabrechnungen (BGH NJW 2013, 539, 539/540) oder öffentlich-rechtliche Leistungsbescheide unter Einschluss von Rentenbescheiden (vgl. BGH NJW-RR 2013, 766), nicht aber Renteninformationen im Sinne von § 109 SGB VI (BGH NJW-RR 2012, 434, 435).

Rentenbescheid und Renteninformation unterscheiden

Unter Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf den Streitfall ist der Anspruch des Schuldners gegen die Drittschuldnerin als gesetzliche Rentenversicherung auf das Original des Rentenbescheides gemäß §§ 117 SGB VI, 31 S. 1 SGB X ein Nebenrecht im vorgenannten Sinne. Anders als die Renteninformation (BGH NJW-RR 2012, 434, 435) dient der Rentenbescheid der Bestimmung von Bestand und Höhe des gesetzlichen Rentenanspruchs. Der Anspruch ist aber kraft Natur der Sache unpfändbar.

Allerdings: Es gibt kein Original!

Das Original des Rentenbescheides kann nur dem Schuldner als gesetzlich Rentenversichertem und nicht dem Vollstreckungsgläubiger zugestellt werden. Nur er kann Adressat seines Rentenbescheides sein, einer Übertragung dieser Rechtsposition auf einen Pfändungspfandgläubiger steht der öffentlich-rechtliche Charakter des rentenrechtlichen Verwaltungsverfahrens entgegen. Dass gemäß § 54 Abs. 4 SGB I laufende Renteneinkünfte "wie Arbeitseinkommen" gepfändet werden können und eine Lohnpfändung auch die Lohnabrechnung umfasst, ändert daran nichts (a.A. LG Bochum, 24.2.2009 – 7 T 407/08).

Kopien müssen dagegen bereitgestellt werden

Unbegründet ist die sofortige Beschwerde, soweit sie sich gegen eine Pfändung des Anspruchs des Schuldners gegen die Drittschuldnerin auf Herausgabe von Kopien der Rentenbescheide wendet. Rentenbescheide sind Ansprüche auf Rechnungslegung und Auskunft im Sinne von §§ 412, 401 BGB, die darauf abzielen, Gegenstand und Betrag des Hauptanspruchs zu ermitteln (vgl. BGH NJW-RR 2013, 766). Einer Pfändung des Anspruchs des Schuldners auf Herausgabe des Originals des Bescheides stehen lediglich die vorstehend erörterten Besonderheiten des Verwaltungsverfahrens entgegen. Gegen die Pfändung und Überweisung des Anspruchs auf Überlassung einer Kopie greifen diese aber nicht Platz. Die Übersendung einer Kopie beeinträchtigt die verfahrensrechtliche Stellung des Schuldners nicht. Entgegen der Auffassung der Drittschuldnerin steht das Sozialdatengeheimnis der Pfändung und Überweisung des Anspruchs auf Überlassung einer Kopie nicht entgegen. Der Schuldner ist ohnehin nach § 836 Abs. 3 ZPO verpflichtet, seinem Gläubiger den Bescheid (zumindest in Kopie) herauszugeben (vgl. BGH NJW-RR 2013, 766). Da der Rentenversicherte dem Gläubiger ohnehin zur Offenbarung verpflichtet ist, hat er kein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse im Sinne von § 25 Abs. 3 SGB X, dass dem Gläubiger keine Kopie des Bescheides erteilt wird. Dass der Schuldner dem Gläubiger nach § 836 Abs. 3 ZPO zur Herausgabe verpflichtet ist, steht der Mitpfändung ebenso wenig entgegen wie die Auskunftspflicht des Drittschuldners nach § 840 ZPO (vgl. BGH NJW 2013, 539, 540).

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