Hohe Fallzahlen – Große praktische Bedeutung

Die Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Forderungen ist für den Rechtsdienstleister auf Seiten der Gläubiger nur selten. Die öffentliche Hand vollstreckt ihre Forderungen – wie die großen Außenstände zeigen – mehr schlecht als recht, was nicht ausschließt, dass im Einzelfall sehr gute Ergebnisse erzielt werden. Allerdings müssen sich der Rechtsanwalt auf Seiten des Schuldners ebenso wie Schuldnerberatungen durchaus mit diesen Vollstreckungen auseinandersetzen. Gerade die Rundfunkgebühren erreichen dabei aufgrund der Haushaltsbezogenheit eine große Fallzahl, die mit anderen Massenverfahren betreffend Telekommunikations-, Versorgungs- sowie Versicherungsforderungen durchaus vergleichbar sind.

Rundfunkanstalten können nach der ZPO vollstrecken

Ausgangspunkt der Entscheidung war, dass rückständige Rundfunkbeiträge durch die zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt und die Festsetzungsbescheide im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckt werden. Im konkreten Fall ging es um den Südwestfunk. Bei anderen Rundfunkanstalten verhält sich dies aber nicht anders. Über die Landesvollstreckungsgesetze kann es dann auch zur Vollstreckung nach den Bestimmungen des 8. Buches der ZPO kommen. (hier: § 10 Abs. 6 RBStV i.V.m. §§ 13, 16 LVwVG BW). Gegen Entscheidungen des GV und des AG kann die Vollstreckungsbehörde gemäß § 16 Abs. 4 LVwVG BW die nach den Vorschriften des 8. Buches der ZPO zulässigen Rechtsbehelfe einlegen.

BGH: Ein Vollstreckungsersuchen reicht

Für die Beitreibung durch den Gerichtsvollzieher auf Ersuchen der Vollstreckungsbehörde finden die Vorschriften des 8. Buches der ZPO mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels das schriftliche Vollstreckungsersuchen der Vollstreckungsbehörde tritt und es keiner Zustellung des Vollstreckungsersuchens bedarf (§ 15a Abs. 3 Satz 2 LVwVG BW). Das Vollstreckungsersuchen muss dabei den besonderen Anforderungen des § 15a Abs. 4 S. 1 Nr. 1 bis 6 LVwVG BW entsprechen, d.h. u.a. die Bezeichnung der Vollstreckungsbehörde, die Bezeichnung des zu vollstreckenden Verwaltungsaktes unter Angabe der erlassenden Behörde, des Datums und des Aktenzeichens enthalten. Diese Anforderungen sieht der BGH im konkreten Fall als erfüllt an und knüpft insoweit an eine Entscheidung aus dem Juni 2015 an (BGH v. 11.6.2015 – I ZB 64/14, DGVZ 2015, 191).

Nur der GV muss Vollstreckungsbehörde erkennen können

Die in § 15a Abs. 4 S. 1 Nr. 1 LVwVG BW für notwendig erachtete Bezeichnung der Vollstreckungsbehörde dient ersichtlich dazu, den GV in die Lage zu versetzen, das konkrete Vollstreckungsersuchen einer bestimmten Vollstreckungsbehörde – gemäß § 4 Abs. 1 LVwVG BW ist das die Behörde, die den zu vollstreckenden Verwaltungsakt erlassen hat – eindeutig zuzuordnen. Daraus ergibt sich, dass Angaben zur Gläubigerstellung oder gar die Angabe als "Vollstreckungsbehörde" nicht erforderlich sind. Diese Eigenschaften ergeben sich ohne Weiteres bereits aus dem Umstand, dass die im Vollstreckungsersuchen bezeichnete Behörde die Zwangsvollstreckung betreibt.

Es ergeben sich keine Zweifel an der Identität des Gläubigers daraus, dass im Vollstreckungsersuchen der Gläubiger nur mit seiner Bezeichnung "Südwestrundfunk" angegeben ist, während Angaben zu seiner Rechtsform, Anschrift und Vertretung fehlen. Umstände, die im Streitfall trotz der Angabe "Südwestrundfunk" als Absender des Vollstreckungsersuchens Zweifel an der damit gekennzeichneten Vollstreckungsbehörde begründen könnten, so dass nur die Angabe der Rechtsform, Anschrift und Vertretungsverhältnisse die eindeutige Identifizierung des Gläubigers ermöglichen, sind weder festgestellt, noch sind sie sonst ersichtlich.

 

Hinweis

Dass im Briefkopf neben der Bezeichnung des Gläubigers der Beitragsservice angeführt ist und nähere Angaben zu dessen Erreichbarkeit mitgeteilt werden, entspricht der dem Beitragsservice vom Rundfunkbeitragsstaatsvertrag zugewiesenen Aufgabe, als Inkassostelle für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Rundfunkbeiträge einzuziehen. Eine Verwechslungsgefahr betreffend die Gläubigerstellung ist damit für den BGH nicht verbunden. Es ist nicht zu ersehen, dass dies bei anderen Landesrundfunkanstalten abweichend zu beurteilen ist, muss im Einzelfall aber gleichwohl in der Zukunft geprüft werden.

Auch der VA ist hinreichend bezeichnet

Im Streitfall liegt auch eine hinreichende Bezeichnung des zu vollstreckenden Verwaltungsaktes unter Angabe der erlassenden Behörde, des Datums und des Aktenzeichens gemäß § 15a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 LVwVG BW vor. Dass der Gläubiger die erlassende Behörde ist, ergibt sich hinreichend deutlich aus dem Vollstreckungsersuchen. Die Identität von erlassender und vollstreckender Behörde stellt den Regelfall dar, § 4 Abs. 1 LVwVG BW, ein Auseinanderfallen die Ausnahme, § 4 Abs. 2 LVwVG BW. Andere Rechtsträger, die als erlassende Behörde in Betracht kommen, werden im Vollstreckungsersuchen nicht genannt und sind auch sonst ni...

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