Verbindung aller Urkunden

Sofern die Rechtsnachfolgeklausel auf der Grundlage der Offenkundigkeit erteilt wird, erledigt sich die Zustellungsproblematik. Es bedarf ausschließlich der Zustellung des umgeschriebenen Vollstreckungstitels. Eine weitergehende Zustellung von Urkunden wird entbehrlich. Ansonsten gilt, dass das zuzustellende Schriftstück – Titel nebst Rechtsnachfolgeklausel und den zugrunde liegenden Urkunden – nach § 193 Abs. 1 ZPO – mit der Zustellungsurkunde zu verbinden ist.

 

§ 193 ZPO im Wortlaut

"(I)1Der Gerichtsvollzieher beurkundet auf der Urschrift des zuzustellenden Schriftstücks oder auf dem mit der Urschrift zu verbindenden hierfür vorgesehenen Formular die Ausführung der Zustellung nach § 182 Abs. 2 und vermerkt die Person, in deren Auftrag er zugestellt hat. …"

(Hervorhebung des Verfassers)

Zuzustellen ist eine beglaubigte Abschrift der Nachweisurkunden in dem Umfang, der in der Urkunde benannt ist. Hierzu sagt der BGH (v. 13.10.2016 – V ZB 174/15, NJW 2017, 411) unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (was den Wandel in der Verfahrensweise der gerichtlichen Praxis begründet):

 
Hinweis

"(19) Obwohl dies gesetzlich nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist, ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass die nach § 750 Abs. 2 ZPO zuzustellenden Abschriften der öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunden beglaubigt sein müssen (vgl. OLG Hamm OLGR 1993, 287, 288; LG Münster MDR 1989, 648; MüKo-ZPO/Heßler, 4. Aufl., § 750 Rn 73 Fn 118; Musielak/Voit/Lackmann, ZPO, 13. Aufl., § 750 Rn 21; Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 750 Rn 20; BeckOK-ZPO/Ulrici, [Stand: 1.3.2016], § 750 Rn 26; PG/Kroppenberg, ZPO, 8. Aufl., § 750 Rn 17; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl., § 750 Rn 21)."

(20) Wie die Rechtsbeschwerde unter Verweis auf die Postübergabeurkunde vom 13.2.2014 zu Recht rügt, ist dieser Anforderung nicht genügt worden, weil dem Schuldner lediglich eine einfache Abschrift (Kopie) der notariell beglaubigten Abschrift der Notarbescheinigung vom 13.9.2001 zugestellt worden ist.

(21) Der Zustellungsmangel wirkt sich im Ergebnis jedoch nicht aus. Wird statt einer beglaubigten Abschrift die einfache Abschrift einer Nachweisurkunde im Sinne des § 750 Abs. 2 ZPO zugestellt, ist der darin liegende Zustellungsmangel nach § 189 ZPO geheilt, wenn diese Abschrift nach Inhalt und Fassung mit der Nachweisurkunde übereinstimmt.

Verbindung ist Aufgabe des GV

Es ist also im Hinblick auf die Erfahrung des Lesers festzustellen, dass einerseits die Zustellung einer einfachen Kopie nicht genügt, andererseits der Gerichtsvollzieher die öffentlich beglaubigte Urkunde – wie den Vollstreckungstitel und die Rechtsnachfolgeklausel – als Zustellungsobjekt mit der Zustellungsurkunde zu verbinden hat. Nichts anderes sagt die von den Gerichtsvollziehern zitierte Stelle bei Zöller:

 
Hinweis

"Wenn die Vollstreckungsklausel in den Sonderfällen des Abs. 2 aufgrund einer öffentl. oder öffentl. Begl. Urkunde erteilt ist, muss auch eine Abschrift dieser Urkunde zugestellt sein (oder gleichzeitig zugestellt werden: Abs. 2). Zugestellt sein müssen die in der Klausel bezeichneten Urkunden. Das zuzustellende Schriftstück (von dem begl. Abschrift zu übergeben [§ 169 Abs. 2] und auf das die Zustellungsurkunde zu setzen oder mit dem sie zu verbinden ist [§ 193 Abs. 1]) muss demnach Urschrift oder Ausfertigung der öffentl. oder öffentl. Begl. Urkunde sein. Eine begl. Abschrift des Schriftstücks (z.B. des Erbscheins, der Abtretung) kann für die Zustellung nur verwendet werden, wenn sie Grundlage für die Klauselerteilung war; dies ist in der Klausel ausdrücklich aufzunehmen (vgl. § 727 Rn 20; LG Saarbrücken DGVZ 2004, 93 f.). Ist die in der Klausel bezeichnete Urkunde (vor Zustellung oder Zustellungsnachweis) verloren gegangen, kann die ZwV nicht stattfinden (AG Pirna DGVZ 2010, 135 [möglich aber Erteilung einer neuen Klausel aufgrund der neuen (anderen) Urkunde]; s.a. Hintzen/Wolfsteiner, Rpfleger 94, 511). Der BGH hat seine Rspr, (die überwiegend kritisiert worden ist, Lit-Nachw.: BGH MDR 2017, 111 = NJW 2017, 411 Tz 12) zu Recht aufgegeben, wonach im Fall der Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel auf Seiten des Gl. zu den nach Abs. 2 zuzustellenden Urkunden grds. auch ein Auszug (amtl. Ausdruck) aus dem (Genossenschafts-)Register gehört, der den aktuellen Registerinhalt im Zeitpunkt der Klauselerteilung vollständig wiedergibt (so noch BGH MDR 2013, 173). Denn: Nach dem klaren Wortlaut von Abs. 2 ("… Abschrift dieser Urkunden …") gilt das Zustellungserfordernis nur für die Nachweisurkunden, auf die das Klauselorgan die Klausel gestützt hat und die ihm als Beweis der Rechtsnachfolge ausgereicht haben; nur diese sind zuzustellen (BGH MDR 2017, 111 = NJW 2017, 411 Tz 13 ff.)."

(Hervorhebungen des Verfassers)

Autor: VRiOLG Frank-Michael Goebel

FoVo 11/2018, S. 204 - 208

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