OLG hat andere Sicht auf die Dinge

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es ist bereits deshalb als Grundbuchbeschwerde statthaft (§§ 11 Abs. 1 RPflG, 71 Abs. 1 GBO), weil das vom Grundbuchamt ausweislich seines Nichtabhilfebeschlusses allein noch angeführte Eintragungshindernis aus § 47 GBO folgen soll und damit ein grundbuchrechtliches ist. Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig und dem Senat zur Entscheidung angefallen (§§ 72, 73 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1, 75 GBO).

Grundbuchamt muss GBO und ZPO prüfen

In der Sache ist die Beschwerde begründet. Da das Grundbuchamt bei der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek gemäß § 867 ZPO als Vollstreckungsorgan handelt, hat es sowohl die vollstreckungsrechtlichen als auch die grundbuchrechtlichen Eintragungsvoraussetzungen zu prüfen. Grundbuchrechtlich setzt die Eintragung neben der konkreten Bezeichnung des Grundstücks (§ 28 GBO) und der Angabe der zu vollstreckenden Geldbeträge voraus, dass sich im Vollstreckungstitel bezüglich Art und Inhalt des Gemeinschaftsverhältnisses mehrerer Gläubiger eine Grundlage findet. Soll nämlich ein Recht für mehrere gemeinschaftlich eingetragen werden, sind nach § 47 Abs. 1 GBO in der Eintragung entweder die Anteile der Beteiligten in Bruchteilen oder das für die Gemeinschaft maßgebliche Rechtsverhältnis zu bezeichnen; diese Vorschrift gilt zwar unmittelbar nur für die Eintragung, doch müssen die nötigen Angaben in den Eintragungsunterlagen enthalten sein, so dass die Norm mittelbar auch deren Inhalt bestimmt (Demharter, GBO, 30. Aufl. 2016, § 47 Rn 13 m.w.N.).

Verhältnis von Gesamtgläubigern ist zu bezeichnen

Die genannten Erfordernisse sind auch hier zu beachten. Sie können nicht dadurch sozusagen umgangen werden, dass der Eintragungsantrag nur noch von der Beteiligten als einer von zwei Titelberechtigten weiterverfolgt wird. Denn es mag zwar sein, dass eine Anwendung des § 47 Abs. 1 GBO ausscheidet, wenn eine Hypothek zur Sicherung des Forderungsrechts nur eines von mehreren Gesamtgläubigern eingetragen werden soll; um diesen Fall annehmen zu können, müsste sich jedoch zuvor aus den Eintragungsunterlagen das Vorliegen einer Gesamtgläubigerschaft ergeben, und gerade um diese Frage geht es hier.

Schon der Vollstreckungstitel muss das zeigen

Nach alledem müssen die Eintragungsunterlagen, somit bei Eintragung einer Zwangshypothek der Vollstreckungstitel, generell und im gegebenen Fall die Angaben gemäß § 47 Abs. 1 GBO enthalten. Mit anderen Worten ist Gesamtgläubigerschaft grundsätzlich im Titel als solche zu bezeichnen. Fehlt diese Angabe, besteht aber zumindest im Anwendungsbereich des § 47 Abs. 1 GBO dann kein Eintragungshindernis, wenn sie sich durch Auslegung des Titels unzweideutig ermitteln lässt.

Auslegung des Vollstreckungstitels ist geboten

Insbesondere ist es für das Vollstreckungsorgan möglich und geboten, einen Titel über eine teilbare Leistung ohne Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses als einen solchen für Gesamtgläubiger gemäß § 428 BGB zu verstehen, wenn mehrere Streitgenossen diesen durch einen gemeinsamen Rechtsanwalt gleichzeitig erwirkt haben und der Titel einen einheitlichen Zahlbetrag ausweist, ohne nach unterschiedlichen Beteiligungen zu differenzieren. Bei einer teilbaren Leistung greift die – widerlegliche – gesetzliche Auslegungsregel des § 420 BGB nur ein, wenn sich aus dem Gesamtinhalt des Titels nicht hinreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, dass von Gesamtgläubigerschaft auszugehen ist. Die bezeichnete Sicht rechtfertigt sich umso eher, als auf diese Weise das Risiko des Schuldners, unrichtig an Teilgläubiger zu leisten, entfällt (BGH Rpfleger 1985, 321 f. für Kostenfestsetzungsbeschluss; LG Saarbrücken Rpfleger 2003, 498 für Vergleich; OLG München NJW-RR 2016, 464 f. für Vollstreckungsbescheid).

Teilbarkeit und gemeinsames Vorgehen sprechen für Gesamtgläubigerschaft

In diesem Sinne liegen die Dinge hier. Ausweislich des – ein Gemeinschaftsverhältnis auf Klägerseite nicht ausdrücklich angebenden – Versäumnisurteils vom 22.7.2015 wurde es gleichzeitig durch zwei Kläger als Streitgenossen mit gemeinsamem Anwalt erwirkt, und die beiden Zahlungsbeträge nebst Zinsen sind je einheitlich ohne Differenzierung nach den beiden Klägern ausgewiesen. Sie sind im natürlichen Sinne teilbar, für eine Unteilbarkeit nach Leistungszweck oder Eigenart der konkreten Forderung gibt es keinerlei Anhalt im Titel. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.10.2016 befindet sich zwar nicht in Ablichtung in der dem Senat übersandten Grundakte, doch kann nach der Handhabung des Grundbuchamtes im Beschwerdeverfahren, vor allem aber nach seinen Äußerungen im Schreiben vom 28.11.2016 ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass es sich bei diesem entsprechend verhält.

Ergänzung des Titels ist entbehrlich

Lässt sich die Gesamtgläubigerschaft – wie gezeigt – durch Auslegung ermitteln, bedarf es keiner Ergänzung oder Klarstellung der Eintragungsunterlagen. Angesichts dessen kommt es auf die umstrittenen Fragen nicht mehr an, ob die in einem Vollstreckungst...

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