Leitsatz

Beauftragt der Gläubiger direkt nach Abnahme der Vermögensauskunft eine Pfändung, "soweit sich aus der Auskunft pfändbare Gegenstände ergeben", entsteht eine Gebühr für die nicht erledigte Pfändungsmaßnahme, wenn sich aus dem Vermögensverzeichnis keine pfändbaren Gegenstände ergeben.

AG Berlin-Lichtenberg, Beschl. v. 10.3.2020 – 35 WM 92/20

1 I. Die Entscheidung

Streit bei den OLG: Löst der bedingte Auftrag die Gebühr aus?

Die Gebühr für die nicht erledigte Amtshandlung nach KV 604/205 GvKostG entsteht auch dann, wenn der Gläubiger den GV mit der Abnahme der Vermögensauskunft beauftragt und ihm zugleich einen Auftrag zur Pfändung erteilt, "soweit sich aus der Auskunft pfändbare Gegenstände ergeben", und diese Bedingung nicht eintritt (s. a. Schleswig-Holsteinisches OLG DGVZ 2015, 228; a.A. OLG Köln MDR 2019, 1153 f.). Das Gericht folgt der Auffassung des Schleswig-Holsteinischen OLG.

AG: Gebühr entsteht mit der Prüfung

Die Gebühr nach KV 604 GvKostG ist entstanden, wenn der GV nach der abgegebenen Vermögensauskunft prüft, ob pfändbare Gegenstände vorhanden sind. Diese Prüfung der Erfolgsaussicht einer weiteren Pfändungsmaßnahme lässt die Gebühr des KV 604 GvKostG entstehen. Insoweit entfaltet der GV im Rahmen des Vollstreckungsauftrages eine weitere Tätigkeit, die entsprechend – auch bei Erfolglosigkeit einer Pfändung – zu vergüten ist. Die Prüfung durch den GV ist unstreitig auch beauftragt. Daher beginnt das Pfändungsverfahren mit der Überprüfung des Vermögensverzeichnisses, ob pfändbares Vermögen vorhanden ist. Diese Prüfung ist somit Teil des Pfändungsverfahrens und nicht der Disposition des Gläubigers unterworfen (s. a. Schleswig-Holsteinisches OLG DGVZ 2015, 228, Rn 14). Andernfalls hat der Gläubiger, soweit er Kosten vermeiden will, auch die Möglichkeit, seinen Vollstreckungsauftrag ausschließlich mit dem Auftrag der Abnahme der Vermögensauskunft zu erteilen und das Ergebnis einer eigenen Prüfung zu unterziehen sowie ggfs. weitergehende Vollstreckungsaufträge zu erteilen.

2 Der Praxistipp

AG setzt sich mit der Gegenansicht nicht auseinander

Gegen die Auffassung des OLG Schleswig und des AG Berlin-Lichtenberg streiten die Ansichten des OLG Sachsen-Anhalt (DGVZ 2019, 189), des OLG Köln (MDR 2019, 1153), des OLG Hamm (DGVZ 2018, 21), des OLG Düsseldorf (DGVZ 2018, 121 f.) und des OLG Stuttgart (DGVZ 2017, 42) und auch eine Reihe landgerichtlicher Entscheidungen (beispielsweise LG Krefeld, 27.5.2020 – 7 T 59/20; LG Koblenz DGVZ 2013, 175). Zusammengefasst kann man also sagen, dass die herrschende Meinung anderer Auffassung ist.

Keine Prüfung oder Prüfung aus anderen Gründen im Nichterfolgsfall

Kein Zweifel kann daran bestehen, dass die Bedingung nicht eingetreten ist, wenn der Schuldner die Vermögensauskunft nicht abgegeben hat oder tatsächlich bei der Abnahme durch den GV und insoweit als deren Teil kein pfändbares Vermögen angegeben hat. Zu Recht weist die herrschende Meinung auch darauf hin, dass der GV die Vermögensauskunft schon vor dem Hintergrund der notwendigen Eintragungsanordnung von Amts wegen prüfen muss. Es ist nämlich zwischen den Eintragungsgründen nach § 882c Abs. 1 Nr. 1–3 ZPO zu differenzieren, d.h. nach der Frage, ob zugriffsfähiges Vermögen vorhanden ist oder nicht. Auch diese Prüfung ist Teil des Verfahrens über die Abnahme der Vermögensauskunft und nicht der bedingt beauftragten Sachpfändung.

FoVo 10/2020, S. 200

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