AG setzt den pfandfreien Betrag niedriger fest

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Gläubiger begehrt eine Begrenzung des pfandfreien Betrages nach oben auf der Basis des Mindestunterhalts. Dieses Anliegen ist begründet.

Bei der privilegierten Pfändung von Unterhalt nach § 850d ZPO ist dem Schuldner so viel zu belassen, wie er für seinen eigenen notwendigen Unterhalt benötigt, sowie dasjenige, was er zur Befriedigung gleichrangiger Unterhaltsansprüche weiterer Berechtigter benötigt. Das sind hier nach Angaben des Gläubigers zwei weitere minderjährige Kinder, für die die Schuldnerin Unterhalt erbringt, und ein minderjähriges Kind, für das sie nach Angaben des Gläubigers keinen Unterhalt leistet.

Darlegungs- und Beweislast liegt beim Schuldner

Zu Recht verweist der Gläubiger unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH, VII ZB 21/13, vom 17.9.2014 (veröffentlicht in juris bzw. NJW 2015, 157 ff.), darauf, dass nicht der Gläubiger darlegungs- und beweispflichtig dafür ist, wie vielen Berechtigten der Schuldner zu Unterhaltszahlungen verpflichtet ist und ob sowie in welcher Höhe er der Pflicht nachkommt.

Soweit das Vollstreckungsgericht von Unterhaltszahlungen Kenntnis hat, sind jedoch die Zahlungen zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob der volle Unterhaltsbetrag pfandfrei zu stellen ist, auch wenn der Schuldner nur teilweise zahlt. Für die Kinder, denen die Schuldnerin nach Angaben des Gläubigers Naturalunterhalt gewährt, ist mangels anderer Angaben der Mindestunterhalt anzusetzen. Es gilt das oben ausgeführte. Der Gläubiger ist für die Durchführung der Vollstreckung nicht verpflichtet, die finanziellen Verhältnisse des Schuldners exakt zu ermitteln, damit die genaue Unterhaltspflicht bestimmt werden kann, BGH a.a.O. Das Vollstreckungsgericht hat insoweit auch keine Amtsermittlungspflicht. Damit kann nur der Mindestunterhalt angesetzt werden. Es ist dann Sache des weiteren Unterhaltsberechtigten oder des Schuldners, im Rahmen der möglichen Rechtsmittel bzw. Anträge eine Änderung der Freibeträge zu erwirken.

Freibetrag trotz fehlender Unterhaltsgewährung?

Auch die höchstgerichtlich noch nicht abschließend geklärte Frage, ob für einen Berechtigten, dem kein Unterhalt gezahlt wird, dennoch ein pfandfreier Betrag einzustellen ist, kann hier dahinstehen. Im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurden nur zwei Kinder berücksichtigt. Hier ist allein der Gläubiger wegen der fehlenden Festsetzung einer Obergrenze in Beschwerde gegangen. Damit steht die Einbeziehung des dritten Kindes in den pfandfreien Betrag in der Beschwerde nicht zur Prüfung an. Auch hier wäre es Sache der Schuldnerin bzw. des dritten Kindes, unter entsprechendem Vortrag Rechtsmittel einzulegen bzw. Änderungsanträge zu stellen.

Bemessungsfaktor: Mindestunterhalt

Der Gläubiger hat sich hinsichtlich des begrenzenden Betrages an dem Mindestunterhalt orientiert. Nach der aktualisierten Thüringer Unterhaltstabelle beträgt der Mindestunterhalt derzeit für ein Kind der 1. Altersstufe 257,00 EUR, für ein Kind der 3. Altersstufe 379,00 EUR, insgesamt mithin 636,00 EUR. Soweit der Gläubiger 640,00 EUR errechnet hat, war der Betrag zu korrigieren, da der Bezug zum Mindestunterhalt eindeutig ist und entsprechend die Festsetzung begehrt wurde.

Starrer Betrag ist abzulehnen

Die Beschwerde hat sich auch nicht mit der teilweisen Abhilfe durch das Amtsgericht erledigt. Das Amtsgericht hat im Rahmen einer einstweiligen Anordnung angeordnet, dass der Drittschuldner 1.340,00 EUR einbehält, und der Beschwerde mit Beschl. v. 4.4.2019 soweit abgeholfen, wie mit der einstweiligen Anordnung gefasst. Ein starrer pfandfreier Betrag entspricht aber weder dem berechtigten Beschwerdebegehren noch der gesetzlichen Regelung des § 850d ZPO, da dann bei einem Einkommen von unter 1.340,00 EUR, aber über 700,00 EUR für den neben den weiteren Unterhaltsberechtigten gleichrangigen Gläubiger kein pfändbarer Betrag verbliebe.

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