Der BGH hat sich aktuell mit der Frage befasst, wann ein zur Erzwingung der Vermögensauskunft erlassener Haftbefehl wieder aufzuheben ist, wenn es zu Teilleistungen, nicht aber zum vollständigen Ausgleich der titulierten Forderung kommt (Beschl. v. 17.7.2018 – I ZB 54/17).

Die Ausgangslage

Auf Antrag des Gläubigers erlässt das Amtsgericht nach § 802g ZPO gegen den Schuldner zur Erzwingung der Abgabe der Vermögensauskunft einen Haftbefehl, wenn

der Schuldner dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibt oder
er die Abgabe der Vermögensauskunft gem. § 802c ZPO ohne Grund verweigert.
 

Hinweis

Die Alternative ist ein Vorgehen nach § 802l ZPO. Kommt der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nach, so darf der Gerichtsvollzieher auf Antrag des Gläubigers

bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung den Namen, die Vornamen oder die Firma sowie die Anschriften der derzeitigen Arbeitgeber eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Schuldners erheben. Diese Auskunft kann Grundlage einer Lohnpfändung sein, §§ 828, 829 ff. ZPO.
das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Abs. 1 der Abgabenordnung bezeichneten Daten abzurufen (§ 93 Abs. 8 Abgabenordnung), d.h. die Konten, deren Inhaber der Schuldner ist oder wo ihm eine Verfügungsbefugnis eingeräumt wurde. Die Information kann dann Grundlage einer Kontopfändung sein, §§ 828, 829 ff. ZPO.
beim Kraftfahrt-Bundesamt die Fahrzeug- und Halterdaten nach § 33 Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes zu einem Fahrzeug, als dessen Halter der Schuldner eingetragen ist, erheben. Hier kommt eine Sachpfändung mit einem gezielten Zugriff auf den Pkw in Betracht, wobei sich zur Vermeidung eines hohen Kostenvorschusses nach § 4 GvKostG i.V.m. Nr. 707 KVGvKostG die Abgabe einer Belassenserklärung nach § 107 GVGA empfiehlt.

Der Fall des BGH

Die Gläubigerin betrieb gegen die Schuldnerin, deren persönlich haftender Gesellschafter der Beschwerdeführer ist, die Zwangsvollstreckung wegen einer Teilforderung in Höhe von 50.000 EUR. Grundlage der Zwangsvollstreckung war die vollstreckbare Ausfertigung eines Vergleichs mit einer Hauptforderung in Höhe von 8 Mio. EUR zuzüglich Zinsen und zweier Kostenfestsetzungsbeschlüsse über 7.733,90 EUR und 17.426,55 EUR.

GF verweigert Abnahme der VA

Nachdem der Beschwerdeführer in dem zur Abgabe der Vermögensauskunft bestimmten Termin die Abgabe der Vermögensauskunft verweigert hatte, hat das Amtsgericht gegen ihn Haftbefehl erlassen. Nach diesem Beschluss erfolgte der Erlass des Haftbefehls gegen den Beschwerdeführer, um die Abgabe einer Vermögensauskunft gem. § 802c ZPO wegen einer Teilforderung in Höhe von 50.000,00 EUR aus dem Vollstreckungstitel zu erzwingen.

Auf den Haftbefehl erfolgt Teilzahlung

Gegen diese Entscheidung hat der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er die Aufhebung des Haftbefehls erstrebt. Er hat geltend gemacht, es sei am 21.4.2017 ein die zum Gegenstand der Zwangsvollstreckung gemachte Teilforderung von 50.000 EUR übersteigender Betrag von 1.810.453 EUR an die Gläubigerin gezahlt worden. Das Vollstreckungsgericht hat zunächst die Vollziehung des Haftbefehls gem. § 570 Abs. 2 ZPO ausgesetzt, worauf das LG die sofortige Beschwerde allein mit der Maßgabe zurückgewiesen hat, dass die vollstreckbaren Ausfertigungen der Kostenfestsetzungsbeschlüsse aus dem Tenor des Haftbefehls zu streichen seien, weil die darin titulierten Beträge zwischenzeitlich beglichen worden seien.

Vor dem BGH nur noch Streit um die Kosten

Mit der im Übrigen vom LG zugelassenen Rechtsbeschwerde hat der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls weiterverfolgt. Während des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat die Gläubigerin den Antrag auf Erlass des Haftbefehls zurückgenommen, worauf der Beschwerdeführer "den Rechtsstreit in der Hauptsache" für erledigt erklärte und beantragte, die Kosten des Verfahrens der Gläubigerin aufzuerlegen. Der Gläubigerin ist die Erledigungserklärung nebst Hinweis gem. § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO zugestellt worden, ohne dass nachfolgend eine Äußerung erfolgte.

 

Hinweis

Mit der Rücknahme des Antrages auf Erlass eines Haftbefehls war dem Rechtsstreit die Grundlage entzogen. Es blieb deshalb nur noch die Frage, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Erledigt sich auf diese Weise die Hauptsache (Aufhebung des Haftbefehls), so entscheidet das Gericht nach § 91a ZPO "über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen."

Gläubiger musste sich nicht äußern

Grundsätzlich muss der Verfahrensbetreibende – hier also der Schuldner – die Hauptsache für erledigt erklären. Der Gegner – hier der Gläubiger – kann sich dann anschließen oder sich auf den Hinweis, dass sein Schweigen nach Ablauf einer zweiwöchigen Frist als Zustimmung gewertet wird, nicht erklären. Nur wenn er ausdrücklich widerspricht, wird die Sache als Feststellungsbegehren fortgesetzt, dass die Beschwerde zu...

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