Wird das Arbeitseinkommen des Schuldners gepfändet, so bestimmt sich das pfändbare Arbeitseinkommen nach dem Nettolohn. Die Bestimmung des Nettolohnes richtet sich dabei nach § 850e Nr. 1 ZPO. Für den Gläubiger ist es lohnend, aufgrund der ihm vom Drittschuldner zu übersendenden Lohnabrechnung (BGH FoVo 2013, 56) die Berechnung des Nettolohns zu kontrollieren. Nicht selten ist in der Praxis festzustellen, dass der Drittschuldner lediglich das Grundgehalt ansetzt oder aber vom Auszahlungsbetrag ausgehend die pfändbaren Beträge berechnet, obwohl das Netto viel höher ist.

 

Beispiel

Der unverheiratete und kinderlose Schuldner hat einen Nettolohn von 1.400 EUR. Tatsächlich werden ihm aber nur 1.100 EUR ausgezahlt, weil 300 EUR bereits als Vorschuss gezahlt wurden. Hier würde der Arbeitgeber ausgehend vom Auszahlungsbetrag kein pfändbares Arbeitseinkommen überweisen, während ausgehend vom zutreffenden Nettolohn 186,34 EUR abzuführen wären (Tabelle ab dem 1.7.2017 zu § 850c ZPO). Nichts anderes würde sich ergeben, wenn der Schuldner von seinem Arbeitslohn von 1.400 EUR unmittelbar 80 EUR auf einen Bausparvertrag zahlen lässt, so dass der Auszahlungsbetrag nur 1.320 EUR beträgt. Statt der tatsächlich pfändbaren 186,34 EUR würde der Arbeitgeber dann nur 130,34 EUR überweisen. 56 EUR fehlen dem Gläubiger so. Monat für Monat.

Die Abweichungen vom Nettolohn können sich für den Gläubiger sehr nachteilig darstellen.

Nur teilweise pfändbare Beträge berücksichtigen

§ 850a ZPO benennt unter der irreführenden Überschrift der unpfändbaren Bezüge einzelne Entgeltbestandteile, die nur teilweise zu berücksichtigen sind. Es ist deshalb zu prüfen, ob die pfändbaren Anteile bei der Berechnung des Nettolohns hinreichende Beachtung gefunden haben. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass im Anwendungsbereich des § 850a ZPO die Möglichkeit von Manipulationen besonders groß ist. So kann etwa die regelmäßige Arbeitszeit (vermeintlich) reduziert werden, um dann mit vermeintlichen Mehrarbeitsstunden eine identische Arbeitsleistung zu erbringen, deren Ertrag jedoch nur teilweise in die Nettolohnberechnung eingebracht wird.

 

Beispiel

Der verheiratete und kinderlose Schuldner bezieht bei einer wöchentlichen Arbeitsleistung von 40 Stunden ein Nettoeinkommen von 1.600 EUR. Hieraus errechnet sich ein pfändbarer Betrag von 19,75 EUR. Nunmehr vereinbart er mit dem Arbeitgeber arbeitsvertraglich eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden. Weitere 10 Stunden wöchentlich leistet er jedoch als Mehrarbeitsstunden, so dass er weiterhin einen Nettoverdienst von 1.600 EUR erzielt. Da die regelmäßige Arbeitszeit um 25 % und damit auch das regelmäßige Nettoeinkommen um den gleichen Anteil auf 1.200 EUR vermindert wurden, wird der Verdienst für die Mehrarbeitsstunden von 400 EUR (1.600 EUR x 25 %) nur zur Hälfte in das Nettoeinkommen eingerechnet. Hieraus ergibt sich dann ein zu berücksichtigendes Nettoeinkommen von 1.400 EUR, was bei einer unterhaltsberechtigten Person nicht mehr zu einem pfändbaren Betrag führt.

Berechnung im Einzelfall

Vor dem Hintergrund des Beispiels bedarf es also der Kontrolle, ob die Ermittlung des Nettoeinkommens zutreffend erfolgt ist. Hierbei hilft die nachfolgende Tabelle:

 
Bruttoeinkommen … EUR  
+ Sachleistungen … EUR
./. die Hälfte der Mehrarbeitsvergütung … EUR
./. übliches Urlaubsgeld … EUR
./. übliche Treue- und Jubiläumszuwendungen … EUR
./. übliche Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder oder sonstige Zulagen für auswärtige Beschäftigungen … EUR
./. übliche Entgelte für selbstgestelltes Arbeitsmaterial … EUR
./. übliche Gefahren-, Schmutz- und Erschwerniszulagen … EUR
./. Weihnachtsgeld bis zur Hälfte des Arbeitseinkommens, höchstens 500 EUR … EUR
./. Heirats- und Geburtshilfen, sofern nicht wegen Ansprüchen aus Anlass der Heirat oder der Geburt vollstreckt wird … EUR
./. Erziehungsgelder, Studienbeihilfen und ähnliche Bezüge … EUR
./. Sterbe- und Gnadenbezüge … EUR
./. Blindenzulagen … EUR
./. Lohnsteuer … EUR
./. Solidaritätszuschlag … EUR
./. Kirchensteuer … EUR
./. Sozialversicherungsbeiträge … EUR
./. sonstige steuerrechtliche Abgaben … EUR
./. sonstige sozial(versicherungs-)rechtliche Abgaben … EUR
./. übliche private Krankenversicherungskosten … EUR
Nettoeinkommen … EUR  

Informationen zu Naturalleistungen und zur Üblichkeit

Hinsichtlich der Naturalleistungen ist einerseits auf den Nachweis in der Lohnabrechnung, andererseits auf die Auskünfte des Schuldners, etwa im Rahmen der Vermögensauskunft, aber auch durch die Aktivierung seiner Auskunftspflicht nach § 836 Abs. 3 ZPO, zurückzugreifen. Wegen der Bewertung solcher Naturalleistungen kann ebenso wie zur Bestimmung der Frage, ob die genannten Abzugsbeträge üblich sind, auf steuerrechtliche Verwaltungsvorschriften zurückgegriffen werden. Die maßgeblichen Positionen werden nämlich auch steuer- und sozialversicherungsfrei gestellt, sofern sie bestimmte Freibeträge – nämlich den Rahmen des Üblichen – nicht übersteigen. Auch können Erkundig...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge