Vollstreckungsfähigkeit scheitert an der Bestimmtheit

Die Rechtsbeschwerde des Gläubigers ist zulässig, aber nicht begründet. Das LAG hat die sofortige Beschwerde des Gläubigers zu Recht zurückgewiesen. Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass Ziff. 4 des Vergleichs, wonach die Schuldnerin zur Erteilung eines Zeugnisses mit einer sehr guten Führungs- und Leistungsbeurteilung verpflichtet ist, mangels Bestimmtheit einer Zwangsvollstreckung nicht zugänglich ist.

Voraussetzung der ZwV ist vollstreckungsfähiger Inhalt

Nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO findet die Zwangsvollstreckung aus Vergleichen statt, die zwischen den Parteien zur Beilegung eines Rechtsstreits geschlossen worden sind. Ein Prozessvergleich ist jedoch nur dann Vollstreckungstitel, wenn er einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 794 Rn 14). Fehlt es an einer hinreichenden Konkretisierung der den Schuldner treffenden Leistungspflicht, scheidet eine Vollstreckung aus (BGH NJW 1993, 1801). Die Vollstreckung aus einem Titel kann daher nur in den Fällen erfolgen, in denen hinreichend klar ist, welche konkrete Leistung von dem Schuldner gefordert wird (vgl. BGH, 26.11.2004 – V ZR 83/04 – zu II. 2. a) der Gründe). Ob der zur Vollstreckung anstehende Titel hinreichend bestimmt ist, ist unter Rückgriff auf die für das Erkenntnisverfahren maßgebliche Regelung des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu bestimmen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 1.4.2009 – 3 Ta 40/09 – zu II. 3. a) der Gründe; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl., Grundz. § 704 Rn 19 m.w.N.).

Vollstreckung klärt Erfüllung, aber nicht den Inhalt der Leistungspflicht

Verlangt ein Arbeitnehmer nicht nur ein einfaches oder qualifiziertes Zeugnis, sondern außerdem auch einen bestimmten Zeugnisinhalt, so hat er im Klageantrag genau zu bezeichnen, was das Zeugnis in welcher Form enthalten soll (BAG NZA 2005, 318 Rn 13 – zitiert nach juris). Denn nur wenn der Entscheidungsausspruch bereits eine hinreichend klare Zeugnisformulierung enthält, wird verhindert, dass sich der Streit über den Inhalt des Zeugnisses vom Erkenntnis- in das Vollstreckungsverfahren verlagert (in diesem Sinne BAG, 14.3.2000 – 9 AZR 246/99). Aufgabe des Vollstreckungsgerichts ist es zu klären, ob der Vollstreckungsschuldner seiner festgelegten Verpflichtung nachgekommen ist, nicht aber, worin diese besteht (BAG NZA 2012, 1244 Rn 13). Diese Erwägungen fußen letztlich auf dem Rechtsstaatsprinzip. Dieses verlangt, dass für den Schuldner erkennbar sein muss, in welchen Fällen er mit einem Zwangsmittel zu rechnen hat.

Angabe der Notenstufe genügt Bestimmtheit nicht

In Anwendung dieser Grundsätze geht die herrschende Meinung sowohl in der Rechtsprechung (vgl. LAG Nürnberg, 3.5.2016 – 2 Ta 50/16, zu II. 2.a); Hessisches LAG, 19.2.2004 – 16 Ta 515/03, zu II.) als auch im arbeitsrechtlichen Schrifttum (vgl. HWK/Gäntgen, 7. Aufl., § 109 GewO Rn 54; ErfK/Müller-Glöge, 17. Aufl., § 109 GewO Rn 76a; s. ferner Weuster/Scheer, Arbeitszeugnisse in Textbausteinen, 13. Aufl., S. 190; in diese Richtung auch Schaub/Linck, ArbR-HdB, 16. Aufl., § 147 Rn 34) zu Recht davon aus, dass ein Vollstreckungstitel, der den Arbeitgeber zur Erteilung eines Zeugnisses verpflichtet, dessen Inhalt einer bestimmten Notenstufe entspricht, nicht den zwangsvollstreckungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen genügt.

Spielraum des Arbeitgebers bleibt

Es bleibt Sache des Arbeitgebers, das Zeugnis im Einzelnen abzufassen, wobei die Formulierung in seinem pflichtgemäßen Ermessen steht (BAG MDR 2012, 657, Rn 11; BAGE 140, 15). Anders als bei der Verpflichtung, ein Zeugnis gemäß einem Entwurf des Arbeitnehmers zu erteilen (LAG Hamm, 14.11.2016 – 12 Ta 475/16 – zu II. 2. b) bb), lässt die Vereinbarung einer bestimmten Notenstufe dem Arbeitgeber einen derart weiten Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Auswahl und Gewichtung einzelner Gesichtspunkte, des Umfangs des Zeugnistextes sowie der Formulierung der Leistungs- und Führungsbeurteilung, dass von einem konkreten Leistungsbefehl, der die Grundlage einer mit staatlichen Zwangsmitteln zu vollziehenden Vollstreckung bildet, nicht die Rede sein kann. Wollte man anders entscheiden, hätte es der Arbeitnehmer in der Hand, durch die ungenaue Formulierung seines Leistungsbegehrens den Streit in das Vollstreckungsverfahren zu verlagern, in dem sich der Arbeitgeber unter der Androhung von Zwangsmaßnahmen seitens des Vollstreckungsgerichts unklaren Handlungspflichten ausgesetzt sähe.

Formulierung des Leistungsbegehrens ist Aufgabe des Gläubigers

Der Hinweis des Gläubigers auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes, dem zufolge es möglich sein muss, materiell-rechtliche Ansprüche – auch in der Zwangsvollstreckung – effektiv durchzusetzen (BAGE 130, 195), verhilft dem Gläubiger nicht zum Erfolg. Es obliegt der klagenden Partei eines Rechtsstreits, ihr Leistungsbegehren sprachlich so zu fassen, dass der das Verfahren abschließende Vollstreckungstitel den gesetzlichen Bestimmtheitsanforderungen entspricht. Kommt sie dieser...

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