Erster Zugriff gilt der Sicherheit

Da der Schuldner seine Lebensversicherung an die Bank abgetreten hat, ist davon auszugehen, dass er einen Rückgewähranspruch für den Fall hat, dass er seinen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag nachkommt. Insoweit stehen ihm also ein Rückübertragungsanspruch und ein diesbezügliches Anwartschaftsrecht zu. Dieses Recht wird schon dann werthaltig, wenn er auch nur Teile des Darlehens zurückgezahlt hat. Diese Rechte sollten unmittelbar gepfändet werden, bevor der Schuldner aufgrund der erneuten Abgabe der eidesstattlichen Versicherung oder einer entsprechenden Nachbesserung von dem weiteren Vorgehen des Gläubigers Kenntnis erhält und die Ansprüche gegebenenfalls an einen Dritten abtritt, um so einen Zugriff im Wege der Zwangsvollstreckung zu vereiteln.

 

Hinweis

Kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Wert der Lebensversicherung (Rückkaufwert oder Wert einer anderweitigen Verwertung) höher ist als das Darlehen und insoweit auch nur eine Abtretung der Lebensversicherung in Höhe der valutierten Darlehensverpflichtung besteht, muss auch in Betracht gezogen werden, die Lebensversicherung als solche zu finden.

Geldforderungen sind pfändbar

Nach § 829 ZPO unterliegen Geldforderungen der Pfändung nach den §§ 828 ff. ZPO. Soweit der Schuldner also den gewonnenen Strom in das allgemeine Stromnetz einspeist und für diese Leistung eine Vergütung erhält, ist sie als Geldforderung nach den allgemeinen Bestimmungen pfändbar.

 

Hinweis

Je nach Umfang der Stromeinspeisung kann die Vergütung erheblich sein, im Laufe eines Jahres durchaus mehrere tausend EUR betragen. Für Solarstromanlagen, die ab dem 1.1.2011 in Betrieb gegangen sind, ergibt sich je nach Leistungsumfang und Größe für 20 Jahre eine Vergütung zwischen 21,11 und 28,74 Cent je gelieferter Kilowattstunde.

Drittschuldner und Pfändungsgegenstand

Wie im eingangs geschilderten Fall dargestellt muss der Schuldner der Einspeisungsvergütung durch den Gläubiger ermittelt werden, weil es der Verpflichtung des Gläubigers entspricht, den Drittschuldner präzise im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu bezeichnen. Anderenfalls geht die Pfändung ins Leere. Zur Ermittlung des Drittschuldners bedarf es allerdings regelmäßig keines erneuten Vermögensverzeichnisses oder einer Nachbesserung eines vorliegenden Vermögensverzeichnisses. Drittschuldner ist nach §§ 5, 8 EEG (Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien – Erneuerbare-Energien-Gesetz) nämlich der örtliche Stromnetzbetreiber. Dieser lässt sich über das Internet für den Wohnort des Schuldners regelmäßig unmittelbar ermitteln.

 

Hinweis

Nach § 5 EEG ist der Netzbetreiber verpflichtet, die Anlage des Schuldners unverzüglich und vorrangig an sein Netz anzuschließen und nach § 8 EEG auch vorrangig abzunehmen. Die Abnahme ist sodann nach § 16 EEG in Verbindung mit den §§ 18 bis 33 EEG zu vergüten. Hierüber ist jeweils Abrechnung zu erteilen.

Pfändungsschutz kann der Schuldner insoweit nicht in Anspruch nehmen. Insbesondere ist § 850c ZPO nicht zur Anwendung zu bringen, da es sich bei der Stromeinspeisungsvergütung nicht um Arbeitseinkommen im Sinne von § 850 ZPO handelt.

 

Hinweis

Soweit die Herstellung und Montage der Photovoltaikanlage durch ein Kreditinstitut finanziert wurde, muss der Gläubiger aber immer in Rechnung stellen, dass nicht ausgeschlossen ist, dass (auch) die Stromeinspeisungsvergütung an das Kreditinstitut abgetreten ist. Hierüber müsste der Drittschuldner nach § 840 Abs. 1 ZPO Auskunft erteilen.

Musterformulierung

Als zu pfändende Forderung ist im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss die "Vergütung für die Einspeisung von Energie, insbesondere Strom, nach dem Gesetz über den Vorrang erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG)" zu bezeichnen. Im Übrigen bleibt es bei den Bestimmungen und Formulierungen aus den allgemeinen Mustern für Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse.

Pfändung der Anlage

Im Hinblick auf die mitgeteilte Fallgestaltung muss auch geprüft werden, ob nicht die Photovoltaikanlage selbst gepfändet werden kann. In Betracht kommt sowohl ein Zugriff im Wege der Mobiliarzwangsvollstreckung nach § 865 Abs. 2 ZPO als auch ein Zugriff durch den Gerichtsvollzieher nach § 808 ZPO. Dies hängt von der rechtlichen Einordnung der Solaranlage im Einzelfall als bewegliche Sache und/oder Zubehör ab. Der Immobiliarzwangsvollstreckung unterliegen die vom Haftungsverband der Hypothek nach § 1120 BGB umfassten Bestandteile. Gleichfalls der Immobiliarzwangsvollstreckung unterfallen bewegliche Gegenstände, die als Zubehör des Grundstücks anzusehen sind, § 97 BGB. Nur wenn dies nicht der Fall ist, ist der Gerichtsvollzieher aufgerufen, die Sache zu pfänden.

 

Hinweis

Für eine mobile Kleinkläranlage hat das LG Traunstein bereits entschieden, dass es sich um Zubehör eines Grundstückes handelt (LG Traunstein DGVZ 2009, 44; ebenso Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl. 2011, § 865 Rn 4). Für den Zugriff bedarf es mithin der Einleitung der Mobiliarzwangsvollstrec...

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