Leitsatz

Eine Darlehnsforderung besteht fort, wenn ein zur Darlehnstilgung verwendeter Betrag zurückerstattet werden muss. Ein Hindernis für die Vollstreckung aus der zur Sicherung der Darlehnsforderung bestellten Grundschuld ergibt sich daraus nicht.

OLG Nürnberg, 30.3.2009 – 14 U 1058/08

1 I. Der Fall

"ZwV aus zwei Grundschuldurkunden"

Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus zwei Grundschulden, die ein Darlehn sicherten. Nach der Zweckerklärung wurden "alle bestehenden und künftigen Ansprüche" der Gläubigerin gegen den Schuldner gesichert. Zur Ablösung des Darlehns wurde von der Gläubigerin in Absprache mit dem Schuldner eine Versicherungsleistung verwandt. Dem Schuldner wurde mitgeteilt, dass das Darlehn damit getilgt sei.

Begünstigte war hier allerdings die Ehefrau des Schuldners. Diese widersprach nun der Verrechnung, worauf der Betrag an die Ehefrau zurückgezahlt wurde. Das Darlehnskonto des Schuldners wurde mit neuer Nummer fortgeführt. Nachdem der Schuldner hierauf keine Tilgungsleistungen mehr erbrachte, betrieb die Gläubigerin nun die Zwangsvollstreckung aus den Grundschulden.

Auf die Vollstreckungsgegenklage des Schuldners hat das LG die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt. Die ursprüngliche Forderung sei getilgt worden. Die Regressforderung sei eine neue Forderung, die durch die Grundschulden nicht gesichert sei. Hiergegen richtete sich die Berufung der Gläubigerin.

2 II. Die Entscheidung

Zweckerklärung ist AGB

Das OLG Nürnberg hat das Urteil des LG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Gegenstand der Sicherungszweckerklärung sind alle bestehenden und künftigen Ansprüche der Gläubigerin gegen den Schuldner. Diese formularmäßig vereinbarte weite Zweckerklärung unterliegt als Allgemeine Geschäftsbedingung der Gläubigerin der Inhaltskontrolle.

Maßstab der AGB-Kontrolle

Eine formularmäßige weite Zweckerklärung wird nach der "Anlass-Rechtsprechung" des BGH nur dann als überraschend und damit unwirksam erachtet, wenn sie den Sicherungszweck in einem für den Sicherungsgeber nicht zu erwartenden Ausmaß erweitert und dieser ein unkalkulierbares Risiko eingeht, indem er für erst nachträglich entstehende Verbindlichkeiten haften soll, auf deren Begründung er keinen Einfluss hat.

Konkreter Fall: Wirksam!

Die Unwirksamkeit der formularmäßigen Erstreckung der Haftung auf künftige Forderungen erfasst die vorliegende Darlehnsverbindlichkeit des Schuldners aus dem neuen Darlehnskonto nicht, da es sich insoweit um eine "gegenwärtige" Forderung handelt, nämlich die nicht erloschene ursprüngliche Forderung (s.u.), die Anlass der Zweckerklärung war (vgl. hierzu BGH NJW 1995, 2553).

Keine Erfüllung eingetreten

Die durch die Sicherungszweckerklärung gesicherte Forderung der Beklagten gegen den Schuldner ist auch nicht durch Erfüllung gemäß § 362 BGB erloschen. Zwar hat die Beklagte auf Veranlassung des Schuldners dessen Darlehnskonto die Versicherungsleistung gutgeschrieben mit der Folge, dass sich der Kontostand auf 0,00 EUR verminderte. Die Gutschrift hat gleichwohl nicht zum Erlöschen der Forderung der Beklagten geführt, da der Schuldner hierdurch nicht den geschuldeten Leistungserfolg herbeigeführt hat. Bei einer Geldschuld wird dieser Erfolg mangels anderer Vereinbarung nur dann erzielt, wenn der Gläubiger den Geldbetrag, den er beanspruchen kann, endgültig zur freien Verfügung übereignet oder überwiesen erhält. Darf er ihn nicht behalten, ist der Leistungserfolg nicht eingetreten (BGH NJW 1996, 1207; BGH v. 27.6.2008, V ZR 83/07).

Falschleistung begründet nur Beweislastumkehr

Die Gläubigerin musste den an sie zur Darlehnstilgung gezahlten Betrag zurückerstatten. Die Gutschrift auf dem Darlehnskonto führte nur zur vorläufigen Befriedigung. Dass die Gläubigerin die Zahlung zunächst als Erfüllung angenommen hat und als Folge das Darlehnskonto geschlossen hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Annahme einer unzureichenden Leistung als Erfüllung führt nach § 363 BGB nur zur Umkehr der Beweislast, nicht jedoch zum Erlöschen des Schuldverhältnisses nach § 362 Abs. 1 BGB (BGH NJW 1996, 1207). Daran ändert auch die Schließung des Kontos nichts.

Unwiderrufliche Überweisung reicht nicht

Der Auffassung, aus der Formulierung des BGH in seiner Entscheidung vom 23.1.1996 (NJW 1996, 1207) "Bei einer Geldschuld wird dieser Erfolg … nur dann erzielt, wenn der Gläubiger den Geldbetrag … endgültig zur freien Verfügung übereignet oder überwiesen erhält" sei zu folgern, dass der BGH davon ausgehe, die Erfüllungswirkung einer Banküberweisung trete immer dann ein, wenn die Überweisung unwiderruflich ist, vermag der Senat nicht zu folgen. Eine solche Einschränkung nimmt der BGH gerade nicht vor. Vielmehr stellt er sowohl für den Fall der Übereignung als auch für den Fall der Überweisung des Geldbetrages für die Erfüllungswirkung darauf ab, ob der Gläubiger den Betrag behalten darf. Die Frage der Unwiderruflichkeit einer Banküberweisung spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.

3 III. Der Praxistipp

Grundsatz: Erfüllung durch Gutschrift

Zahlt der Schuldner auf eine Verbindlichkei...

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